Erfolg versprechende Abnabelung von der Mutter GM

Nächster Neuanfang bei Cadillac

Erfolg versprechende Abnabelung von der Mutter GM
Cadillac-Vizepräsident Andreas Schaaf © Cadillac

Cadillac hat in den vergangenen Jahren viele Anläufe getätigt, um außerhalb des Heimatmarktes Fuß zu fassen. Bei dem aktuellen Neubeginn sind die Vorzeichen tatsächlich anders – und auch Erfolg versprechender.

Von Thomas Flehmer

Es ist noch keine zwei Jahre her, da wurde der Neuanfang von Cadillac in Europa verkündet. An Jaguar-Land Rover wolle man sich orientieren und auch auf die Stückzahlen kommen, hieß es im März 2014. Kaum 20 Monate später wird ein erneuter Neuanfang apostrophiert. „Der CTS-V und ATS-V sind der Anfang der Wiedergeburt der Marke Cadillac“, sagt Andreas Schaaf, Cadillac-Vizepräsident und verantwortlich für das Europa-Geschäft.

Cadillac sorgt für Premiere bei GM

Natürlich gibt es Gemeinsamkeiten im Vergleich der drei Neuanfänge in den letzten fünf Jahren. Aber diesmal kann Cadillac mit einem enormen Pfund wuchern. „Cadillac ist nun eine Markenorganisation. Das gab es vorher noch nicht bei General Motors“, so der ehemalige Geschäftsführer von DriveNow, dem Carsharing-Unternehmen von BMW und Sixt, im Gespräch mit der Autogazette.

Was abstrakt klingt, hat einen sehr fundamentalen Hintergrund. Cadillac tritt jetzt eigenständig auf. „Früher saßen bei Entscheidungen auch noch Chevrolet oder andere Marken mit am Tisch. Jetzt treffen wir selbstständig die Entscheidungen“, sagt Schaaf. Verantwortlich an höchster Stelle ist seit dem 1. August 2014 der frühere Audi-Manager Johann de Nysschen, der zuvor zwei Jahre an der Spitze von Nissans Edel-Tochter Infiniti stand.

Cadillac als globale Marke aufstellen

Cadillac-Präsident Johan de Nysschen
Cadillac-Präsident Johan de Nysschen Cadillac

Die Abnabelung von der Mutter GM wurde dabei auch örtlich vollzogen. Anstatt im tristen Detroit, residiert Cadillac nun im vornehmen New Yorker Stadtteil SoHo. „Das ist einer der teuersten Standorte in Big Apple“, so Schaaf, „da sieht man sofort, wo die Marke hin will.“

Auch wenn die Zentrale in den USA steht, liegt die höchste Priorität im Aufbau einer neuen Markenidentität. "Cadillac", „so Schaaf, „darf keine rein amerikanische Marke sein, sondern muss global aufgestellt sein – als Alternative zu den drei deutschen Premiummarken.“

Einfluss anderer Vorlieben und Ansprüche stärken

Der CTS-V ist das stärkste Cadillac Serienmodell aller Zeiten.
Mit dem CTS-V greift Cadillac Mercedes-AMG und Co. an Cadillac

Dabei gilt der globale Anspruch nicht nur für das Endprodukt, sondern bereits auf dem Weg dahin. Einfließen sollen nicht nur die amerikanischen Vorlieben, sondern auch aus Europa, dem Vorzeigemarkt für Premium-Produkte, und natürlich auch aus anderen Teilen der Welt sollen die Vorlieben und Ansprüche nicht mehr ignoriert werden.

Auch aus diesem Grund wurde Schaaf als Nachfolger des zuvor für Cadillac und Chevrolet in Europa verantwortlichen Thomas Sedran, der aus dem Unternehmen schied, am 1. Juli 2015 eingesetzt. Denn der Manager, der seit 1996 bei BMW diverse Posten besetzt hatte, verfügt über zahlreiche Erfahrungen in Asien, Afrika und Osteuropa und soll so das Fluidum zwischen der Cadillac-Europazentrale in Zürich und New York anheizen.

Acht neue Cadillac-Modelle bis 2020

Der Cadillac XT5 kommt im Sommer 2016 nach Europa.
Der Cadillac-XT5 kommt 2016. Cadillac

Dafür wird auch in Europa selbst das Geschäft neu aufgestellt. Rund 30 Personen werden für Cadillac von Zürich aus agieren. „Vorher waren es zwei bis drei“, sagt Schaaf. Insgesamt acht neue Modelle bis 2020, davon allein vier im nächsten Jahr, sowie neue Motoren – darunter auch Dieselaggregate und Plugin-Hybride – sollen für mehr Vielfalt sorgen und natürlich die Modelle der Marke außerhalb der Vereinigten Staaten bekannt und attraktiv machen.

Wie seine Vorgänger auf dem europäischen Chefsessel setzt auch Schaaf auf die Zielgruppe, die auf extravagante und exklusive Modelle steht. Dafür soll natürlich auch das bestehende Händlernetz von aktuell 42 Standorten in Europa weiter ausgebaut werden. „Wir müssen an relevanten Punkten vertreten sein.“ Ein Punkt ist dabei auch der traditionell starke Premiummarkt in Großbritannien, auf dem die amerikanische Marke noch überhaupt nicht vertreten ist.

Cadillacs Ziel: Zwei Prozent Marktanteil in Europa

Drei Jahre Zeit gibt sich der neue Europachef, um „die Marke bekannt zu machen und Begehrlichkeiten zu wecken.“ Zahlen, wie viele Autos bis dahin pro Jahr verkauft werden sollen, gibt Schaaf nicht vor. In Deutschland wurden von Januar bis September 2015 insgesamt 130 Cadillac-Modelle verkauft, immerhin fast so viel wie im gesamten Jahr 2014. In Europa wurden 2014 insgesamt 382 Fahrzeuge abgesetzt.

Doch die Ziele liegen natürlich höher. „Um in Europa eine Relevanz zu besitzen, sollte man schon Marktanteile zwischen zwei und vier Prozent auf sich vereinigen“, sagt Schaaf. Wobei vier Prozent schon eine „relativ große Hausnummer“ wären. Auch wenn seine Vorgänger sich nicht so lange an der Spitze hielten, setzt Schaaf auf einen langen Atem. „Wir befinden uns derzeit erst auf der Power-Point-Ebene.“

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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