BVG und Mercedes integrieren Ridesharing in ÖPNV

Pilotprojekt in Berlin

BVG und Mercedes integrieren Ridesharing in ÖPNV
Mercedes und die BVG bieten ab Frühjahr 2018 Ridesharing in Berlin an. © Daimler

Die BVG und Mercedes werden ab Frühjahr 2018 einen neuen Mitfahrdienst anbieten. Damit wird Ridesharing in den Öffentlichen-Personen-Nahverkehr integriert.

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Mercedes und ViaVan werden ab dem kommenden Frühjahr in Berlin in einem Pilotprojekt den Öffentlichen-Personen-Nahverkehr (ÖPNV) mit einem flexiblen Mitfahrdienst kombinieren.

Dabei kann der BVG-Kunde sich vor oder nach der Fahrt mit Bus oder U-Bahn per App einen Shuttle bestellen, um sich zu seinem Zielort bringen zu lassen. Die App berechnet dabei nicht nur die nächstmögliche Verfügbarkbeit eines Vans und den Preis, sondern auch den Start- und Zielpunkt. Anders als beim Taxi fährt der Shuttle dabei nicht direkt vor, sondern zu einem festdefinierten Haltepunkt. Dabei nimmt die BVG den Großteil ihrer Haltestellen und weitere virtuelle Zusteigemöglichkeiten ins Angebot auf. Gestartet wird das auf zwei Jahre festgelegte Pilotprojekt zunächst im östlichen Berliner Innenstadtring. Dazu gehören Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte und Prenzlauer Berg. Der Preis soll sich dabei zwischen dem Preis eines BVG-Tickets und dem eines Taxis bewegen.

BVG geht mit Ridesharing neue Wege

„Die BVG geht mit diesem Ridesharing-Angebot neue Wege. Das ist richtig, denn auch die Mobilität geht neue Wege“, sagte Berlins Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos) am Mittwoch in Berlin. Dieses Angebot solle dazu beitragen, den Verkehr in der Stadt zu entlasten. Es soll neben ÖPNV-Nutzern insbesondere Autofahrer ansprechen, die statt mit dem eigenen Auto unterwegs zu sein auf einen Rufbus umsteigen, fügte die Senatorin hinzu.

Zum Start des Pilotprojketes werden insgesamt 50 Mercedes-Benz-Vans zum Einsatz kommen, die bis zu sieben Passsagiere mitnehmen können. Dabei kommen zunächst Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zum Einsatz, ab Mitte des Jahres werden sie durch Fahrzeuge mit Elektroantrieb und einer elektrischen Reichweite von bis zu 150 Kilometern ergänzt, wie Mercedes-Van-Chef Volker Mornhinweg sagte. Innerhalb der Projektlaufzeit soll die Fahrzeugflotte auf 300 Fahrzeuge aufgestockt werden. Mercedes wird ab dem Sommer seinen Kunden mit dem Van Vito einen Elektro-Transporter anbieten. Für den Autobauer ist der Einsatz im Rahmen des Ridesharing-Projektes zugleich ein guter Test, wie sich der Van unter Alltagsbelastungen im Stadtverkehr schlägt.

Kritik von Popp an Autoindustrie

Sigrid Nikutta, Ramona Popp und Regine Günther (v.l.) Foto: dpa
BVG-Chefin Sigrid Nikutta, Wirtschaftssenatorin Ramona Popp und Verkehrssenatorin Regine Günther (v.l.). Foto: dpa

Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Popp (Grüne), zugleich Aufsichtsratsvorsitzende der BVG, begrüßte das Pilotprojekt. „Wir wollen die Mobilität für die Zukunft umweltfreundlicher, effizienter und smarter gestalten“, sagte die Politikerin. Dazu gehören neben innovativen Mobilitätskonzepten auch die Elektrifizierung der BVG-Flotten. In diesem Zusammenhang kritisierte Popp auch die Autoindustrie, die mit Blick auf Elektrobusse längst noch nicht das erforderliche Angebot mache.

Ähnlich äußerte sich BVG-Chefin Sigrid Nikutta. Wenn es nach ihr und der Nachhaltigkeitsstrategie der BVG ginge, würde sie gerne bereits im kommenden Jahr 30 Elektrobusse in Betrieb nehmen. So der Wunsch. Doch in den Gesprächen mit der Branche könne man den Eindruck gewinnen, dass der „Kunde mit einem Auftrag drohe“, so die BVG-Chefin.

Hohe Anforderungen an Elektrobus

Die Anforderungen an einen Bus und seine Leistungsfähigkeit sind dabei hoch. Pro Tag legt er rund 450 Kilometer zurück. Pro Jahr legt die gesamte Bus-Flotte der BVG mit ihren 1400 Wagen übrigens zwischen 90 und 100 Millionen Kilometer zurück und befördert täglich 1,2 Millionen Passagiere. Angesichts der derzeitigen Reichweiten und zudem mangelnden Infrastruktur (so müssten auch die Betriebshöfe entsprechend mit Ladestationen umgerüstet werden) erfüllen Elektrobusse momentan nicht das Anforderungsprofil

Nichtsdestotrotz setzt die BVG derzeit auf der Linie 204 (Südkreuz – Bahnhof Zoo) bereits vier Elektrobusse des polnischen Herstellers Solaris ein. Sie legen dabei eine Distanz pro Strecke von knapp über sechs Kilometern zurück – und kommen je nach Fahrzyklus auf eine elektrische Reichweite von 70 Kilometern. Der Preis eines Elektrobusses liegt zwei bis dreimal höher als der eines Dieselbusses. Mit Blick auf Reichweite und Preis kann man die Kritik von Popp und Nikkuta an der Autobranche nachvollziehen. Der Industrie entgeht damit aufgrund des fehlenden Angebots ein lukrativer Auftrag. Für die Umrüstung der Busflotte inklusive Infrastruktur kalkuliert Nikutta mit einem Betrag von einer Milliarde Euro.

Doch nun geht es für die Verkehrsbetriebe und Mercedes erst einmal um die Erprobung dieses Ridesharing-Projektes. „Das Teilen einer Fahrt ist Teil unserer DNA“, sagte BVG-Finanzvorstand Henrik Haenecke, der auch die Digitalisierung im Unternehmen verantwortet. „Wir wollen zeigen, dass ein öffentliches ÖPNV-Unternehmen gemeinsam mit einem Start-Up (gemeint ist ViaVan, Anm. d. Red.) neue Mobilitätsdienstleistungen entwickeln kann.“

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