Keine Einigung für härtere Strafen für Raser

«Straßenverkehrs-Unordnung»

Keine Einigung für härtere Strafen für Raser
Ein Rotlicht- und Geschwindigkeitsmesser. © dpa

Das Gezerre um härtere Strafen für Raser geht weiter. Der Bundesrat konnte sich nicht auf einen Kompromiss verständigen.

Damit bleiben die künftigen Sanktionen für happige Tempo-Überschreitungen noch weitere Wochen ungewiss. Im Bundesrat fielen am Freitag gleich zwei Vorschläge für eine Lösung durch.

Die Länder und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) müssen also neue Wege aus der Sackgasse suchen. Der Knackpunkt: Sollen erst kürzlich vom Bundesrat beschlossene schärfere Strafen mit Fahrverboten für Raser abgemildert werden? Und was müsste dafür vielleicht noch in ein neues Sicherheitspaket hinein?

Neuerliche Änderung der StVO nicht absehbar

In der Länderkammer wurde schon vor der Abstimmung klar, dass eine erneute Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) nun nicht klappt. Die Fronten blieben hart, auch wenn es Kompromiss-Appelle gab. Man müsse aktuell doch eher von einer «Straßenverkehrs-Unordnung» reden, sagte die Vorsitzende der Länder-Verkehrsminister, die saarländische Ressortchefin Anke Rehlinger (SPD).

Da wäre es gut gewesen, nicht noch in die nächste Runde zu gehen. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann, der für die Grünen in den Ländern sprach, hielt dagegen, man wolle «keinen Rabatt für Raserei».

Die Lage ist vertrackt: Im Februar hatte der Bundesrat selbst die Raser-Regelungen in eine umfassende StVO-Novelle hineingebracht, mit der es Scheuer um mehr Sicherheit für Radfahrer ging. Der Minister setzte die Reform um, inklusive des nun heiß umkämpften Punktes: Es droht ein Monat Führerscheinentzug, wenn man innerorts 21 Kilometer pro Stunde (km/h) zu schnell fährt oder außerorts 26 km/h. Vorher waren diese Schwellen höher. Das trat Ende April auch so in Kraft.

Formfehler in Verordnung

Illegales Autorennen Berlin. Foto: dpa
Bei einem illegalen Autorennen zweier Raser 2018 in Berlin verlor ein Mensch das Leben. Foto: dpa

Doch plötzlich fiel auf, dass die Verordnung einen Formfehler hat, den Scheuer inzwischen auf seine Kappe genommen hat. Die Neuerungen im Bußgeldkatalog mussten deshalb erst mal außer Vollzug gesetzt werden, Autofahrer bekamen schon einkassierte Führerscheine zurück. Auch neu eingeführte Bußgelder für Autofahrer, die Radfahrer etwa durch zu enges Überholen gefährden, sind damit vorerst außer Kraft.

Strittig ist, ob nun nur der Fehler behoben werden soll – das wollen die Grünen, die in elf der 16 Länder mitregieren. Oder ob man auch die «unverhältnismäßigen» Sanktionen abmildert – das wollen Union und SPD in den Ländern gemeinsam mit Scheuer. Sie legten einen Vorschlag vor, dass die Fahrverbote nicht generell drohen sollen – sondern nur an sensiblen Stellen an Kitas oder Schulen und in Autobahnbaustellen.

Keine Mehrheit für Kompromiss

Doch zwei Anträge, die jeweils diese beiden Positionen abbildeten, fanden in der Sitzung keine ausreichende Mehrheit. «Schade, sehr schade», kommentierte Scheuer. Ein guter Kompromiss habe doch auf dem Tisch gelegen. Die Grünen hätten sich aber für das Scheitern entschieden, fügte der CSU-Mann hinzu und betonte: «Unsere Hand bleibt aber ausgestreckt.» Auch die FDP nahm die Grünen ins Visier: «Weil eine politische Partei ihre Maximalforderung durchsetzen wollte, haben nun alle zusammen gar nichts – das ist bitter», sagte der Kieler Ressortchef Bernd Buchholz (FDP).

Die Grünen rechtfertigten sich – und glauben, dass ein Kompromiss jetzt eher zustande komme, nachdem sie Härte bewiesen haben. Die andere Seite habe bis zuletzt geglaubt, dass die Grünen «beispringen» und den Vorschlag mittragen würden, sagte Hermann nach der Sitzung. Der vorgeschlagene Kompromiss sei «viel zu wenig». Sein Parteifreund, Hessens Vize-Ministerpräsident und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir sagte, der Rechtsfehler hätte einfach «geheilt» werden können. «Das war von den Verkehrsministern von CDU, CSU und SPD nicht gewollt, also müssen wir weiter verhandeln.»

Experten warnen vor falschen Signalen

Wie rasch die Ungewissheit endet, muss sich zeigen. Um die Frage in diesem Jahr abzuhaken, gibt es noch vier Sitzungen des Bundesrats, die nächste am 9. Oktober. Kompromiss-Spielraum dürfte es geben: bei Bußgeld-Höhen, weiteren sensiblen Straßenstellen oder der Frage, wie lange Fahrverbote auch «auf Bewährung» bis zum Wiederholungsfall ausgesetzt werden könnten.

Experten warnen vor falschen Signalen an Raser. Die strittigen Tempo-Verstöße seien keine Lappalie, sondern grobe Verstöße, mahnte der Verkehrssicherheitsrat. Und da seien auch die Bremswege: Wer sich an ein Tempo-30-Schild halte, komme nach 18 Metern zum Stehen, bei 21 km/h zu schnell nach mehr als 40 Metern.(dpa)

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