«Die Deutschen brauchen halt hier und da etwas länger»

BMW-Vorstand Peter Schwarzenbauer

«Die Deutschen brauchen halt hier und da etwas länger»
BMW-Vorstand Peter Schwarzenbauer. © BMW

BMW hält nichts von Verboten für Verbrennungsmotoren. Im Interview mit der Autogazette spricht Vorstand Peter Schwarzenbauer über Mobilitätsdienstleistungen, die Erwartungen an die Elektromobilität und steigende Auftragseingänge durch die Kaufprämie.

Der Autobauer BMW lehnt ein von den Grünen in die Diskussion gebrachtes Verbot für Verbrennungsmotoren ab dem Jahr 2030 ab. «Ich bin kein Freund von Verboten. Man braucht vielmehr Anreize, um die Menschen davon zu überzeugen, auf ein emissionsfreies Fahrzeug umzusteigen», sagte BMW-Vorstand Peter Schwarzenbauer im Interview mit der Autogazette. Wie Schwarzenbauer hinzufügte, halte BMW «ein Verbot der Zulassung von Verbrennungsmotoren» für nicht realistisch und «sehe das auch politisch als nur schwer durchsetzbar» an.

Kaufprämie etwas Zeit geben

Dass der Anteil der Elektromobilität durch die richtigen Anreize steigen könne, sehe man am Beispiel Kalifornien. «Hier hat der Elektroanteil aufgrund einer Steuerbefreiung von 7500 US-Dollar deutlich zugenommen. Man sieht: Mit den richtigen Anreizen fliegen auch solche Dinge.»

Dass die in Deutschland ausgesetzte Kaufprämie aufgrund der bisher geringen Nachfrage ein Misserfolg sei, sieht Schwarzenbauer anders. «Das können wir überhaupt nicht bestätigen. Der Auftragseingang für unseren BMW i3 ist deutlich nach oben gegangen. Man sollte diesem Programm auch etwas Zeit geben und es nicht bereits nach einigen Wochen verurteilen», sagte der Manager, der bei den Münchnern die Bereiche Mini, Motorrad, Rolls-Royce und Aftersales verantwortet.

Wie Schwarzenbauer sagte, rechne BMW zudem mit einer weiteren Absatzsteigerung bei der E-Mobilität durch die Reichweitensteigerung beim i3 um 50 Prozent auf 300 Kilometer im Normzyklus. «Damit bieten wir dem Kunden eine Reichweite, die dieser nicht mehr als kritisch erachtet. Entsprechend gehen wir davon aus, dass die Elektromobilität bei uns mit diesem Fahrzeug einen weiteren großen Schritt nach vorne macht.» Nachdem BMW 2013 sein erstes elektrifiziertes Fahrzeug auf den Markt gebracht hatte, werde man «in diesen Jahr erstmals die 100.000er-Marke knacken».

«Eben diese Reichweite verlangen die Kunden von uns»

Der Mini Countryman kommt 2017 als Plug-in-Hybrid
Mini kommt 2017 mit einem Plug-in-Hybriden BMW

Autogazette: Herr Schwarzenbauer, Smart hat auf dem Autosalon Paris von allen seinen drei Modellen eine Elektroversion präsentiert. Ist es nicht peinlich für eine Marke wie Mini, seinen Kunden bis heute keine Elektroversion anbieten zu können?

Peter Schwarzenbauer: Wir kommen im nächsten Jahr mit einem Plugin-Hybriden bei Mini, 2019 folgt dann der erste rein elektrische Mini.

Autogazette: Mini hat bereits seit 2009 eine Elektroversion im Testeinsatz. Ist es der fehlende Glaube an die Elektromobilität, weshalb Sie ihren Kunden noch keinen Elektro-Mini anbieten können?

Schwarzenbauer: Nein, es hängt schlicht mit dem Fortschritt bei der Batterietechnologie zusammen. In ein kleines Auto wie den Mini bringt man bis dato keine Batterie mit großer Reichweite unter. Doch eben diese Reichweite verlangen die Kunden von uns. Deshalb haben wir gewartet, bis die Batterietechnologie den nächsten großen Sprung macht. Das wird bis 2019 der Fall sein. Wir wollten ein Auto bringen, das sich auch wie ein Mini anfühlt. Wenn wir einen Elektro-Mini bringen, muss er auch über die Mini-Gene verfügen.

«Auftragseingang für i3 ist deutlich nach oben gegangen»

BMW i3
Der i3 verfügt über mehr Reichweite BMW

Autogazette: Lange hatte die Autobranche eine Kaufprämie für E-Autos gefordert. Nun gibt es sie, doch die Nachfrage ist verhalten. Sind die Kunden noch nicht bereit für die E-Mobilität?

Schwarzenbauer: Das können wir überhaupt nicht bestätigen. Der Auftragseingang für unseren BMW i3 ist deutlich nach oben gegangen. Man sollte diesem Programm auch etwas Zeit geben und es nicht bereits nach einigen Wochen verurteilen.

Autogazette: Reden Sie sich die Verkaufszahlen beim i3 nicht etwas schön? Nachdem man im Vorjahr weltweit rund 30.000 i8 und i3 absetzen konnte, sind es per September über 20.000 Einheiten. Stellt Sie das wirklich zufrieden?

Schwarzenbauer: Wir haben gerade den i3 mit einer stärkeren Batterie und einer 50 Prozent größeren Reichweite von 300 Kilometern im Normzyklus auf den Markt gebracht. Damit bieten wir dem Kunden eine Reichweite, die dieser nicht mehr als kritisch erachtet. Entsprechend gehen wir davon aus, dass die Elektromobilität bei uns mit diesem Fahrzeug einen weiteren großen Schritt nach vorne macht.

Autogazette: Auch Sie hatten geglaubt, dass mit einer Kaufprämie ein Schub für die E-Mobilität kommt. Hat die Autobranche den Markt falsch eingeschätzt?

Schwarzenbauer: Wie gesagt: Man sollte die weitere Entwicklung erst einmal abwarten. So dürften gerade Flotten ihre Anträge quartalsweise stellen. Wir können nur auf unsere Auftragseingänge schauen – und die steigen deutlich.

Autogazette: BMW brachte 2013 erstmals ein elektrifiziertes Fahrzeug auf den Markt. Wie viele Fahrzeuge haben Sie seither abgesetzt?

Schwarzenbauer: Wir werden in diesen Jahr erstmals die 100.000er-Marke knacken.

Autogazette: Mercedes will bis zum Jahr 2025 auf einen Anteil von 15 bis 25 Prozent an elektrifizierten Fahrzeugen am Gesamtabsatz kommen. Peilen Sie Ähnliches an?

Schwarzenbauer: Wie die Spannbreite dieser Zahl zeigt: Niemand von uns weiß genau, wie sich der Markt bis dahin entwickeln wird und wie viele elektrifizierte Fahrzeuge man bis dahin absetzen kann. Wir gehen derzeit von einem ähnlichen Anteil aus.

«Ich bin kein Freund von Verboten»

BMW 740Le xDrive iPerformance
BMW 740Le xDrive iPerformance BMW

Autogazette: Nachdem Norwegen für das Jahr 2025 angekündigt hat, keine Benziner und Diesel mehr neu zuzulassen, könnte das für Deutschland im Jahr 2030 der Fall sein. Was halten Sie von einer solchen Idee?

Schwarzenbauer: Die große Frage ist doch: Wie reagiert der Kunde, dessen Auto mit Verbrennungsmotor entwertet wird?

Autogazette: Braucht es nicht solcher Vorgaben seitens der Politik, um der nachhaltigen Mobilität einen Schub zu verleihen?

Schwarzenbauer: Ich bin kein Freund von Verboten. Man braucht vielmehr Anreize, um die Menschen davon zu überzeugen, auf ein emissionsfreies Fahrzeug umzusteigen. Man sieht es beispielsweise in Kalifornien: hier hat der Elektroanteil aufgrund einer Steuerbefreiung von 7500 US-Dollar deutlich zugenommen. Man sieht: Mit den richtigen Anreizen fliegen auch solche Dinge.

Autogazette: Warum fliegt es nicht in Deutschland?

Schwarzenbauer: Die Deutschen brauchen halt hier und da etwas länger. In den USA geht so etwas schneller.

«Werden CO2-Grenzwerte nicht ohne Diesel erreichen »

Autogazette: Aufgrund der Feinstaubbelastung in den Innenstädten werden Fahrverbote für Diesel immer wahrscheinlicher. Müssen Sie mit Blick auf einen weltweiten Dieselanteil von 38 Prozent an den Verkäufen umdenken?

Schwarzenbauer: Hier muss man genau hinschauen: Wenn wir von der Feinstaubbelastung sprechen, sprechen wir vor allem über ältere Diesel. Wenn Sie auf einen EU6-Diesel schauen, dann geht es nicht viel sauberer. Wir werden die CO2-Grenzwerte im Jahr 2021 von 95 g/km nicht ohne Diesel erreichen.

Autogazette: Müssen Sie Ihre Modellpolitik angesichts drohender Fahrverbote und einem möglichen Zulassungsstopp für Verbrennungsmotoren nicht darauf einstellen?

Schwarzenbauer: Wir haben uns sehr früh breit aufgestellt und gehen in den nächsten Jahren von einem steigenden Anteil bei der Elektromobilität aus. Ein Verbot der Zulassung von Verbrennungsmotoren halten wir aber nicht für realistisch und sehen das auch politisch als nur schwer durchsetzbar.

«Wollen lernen, was Kunde an Serviceangeboten annimmt»

BMW i3 bei ReachNow
BMW i3 bei ReachNow in Seattle im Einsatz BMW

Autogazette: Daimler drückt bei den Mobilitätsdienstleistungen zunehmend aufs Tempo. Als Pilotprojekt kann man sich in seinen Smart auch Pakete in den Kofferraum liefern lassen oder ihn sich auch mit anderen teilen. Von Ihnen hört man da derzeit wenig.

Schwarzenbauer: Wir bauen das, was wir bislang betreiben, konsequent aus. So haben wir in den USA in Seattle mit ReachNow ein neues attraktives Mobilitätsangebot gestartet, das bereits über 30.000 Kunden regelmäßig nutzen. Dabei werden wir hier in Zukunft deutlich mehr Dienste anbieten als in unserem DriveNow Carsharing in Europa. Wir wollen lernen, was der Kunde an Serviceangeboten annimmt. So werden wir in Seattle beispielsweise einen Hol- und Bringservice anbieten. Das Auto kommt also zu Ihnen nach Hause, sie müssen nicht mehr den Weg zum Auto antreten. Zudem werden wir Ridesharing pilotieren - sie können das Auto auch mit Fahrer ordern. Und auch die längere Miete des Autos, etwa übers Wochenende oder für mehrere Tage werden wir möglich machen. Schon bald sollen Kunden ihren privaten Mini auch an ReachNow vermieten können. Damit lassen sich dann die Unterhaltskosten des eigenen Autos senken, wenn es während eines Urlaubs nicht benötigt wird.

Autogazette: Wie geht es denn mit ReachNow weiter?

Schwarzenbauer: Wir sind neben Seattle bereits seit Mitte September auch in Portland gestartet und werden ReachNow in weiteren Städten in den USA ausrollen sowie das Service Portfolio weiterentwickeln.

«Peilen für die USA insgesamt zehn Städte für ReachNow an»

Autogazette: In wieviele Städte gehen Sie?

Schwarzenbauer: Wir peilen für die USA insgesamt zehn Städte für ReachNow an. Schon in den nächsten Wochen werden wir in einer dritten Stadt an den Start gehen.

Autogazette: Und welches Angebot werden Sie dort anbieten?

Schwarzenbauer: Das wird man sehen: Seattle ist und bleibt unser primäres Testfeld. Wir werden in Zukunft Stadt für Stadt entscheiden, welchen Service wir wo anbieten. Es wird Städte geben, in denen wir uns strickt auf Carsharing fokussieren, in anderen werden wir nur ausgewählte Services anbieten, bis hin zum gesamten Portfolio in einer Stadt.

Autogazette: Wann werden Sie die Angebote, die Sie derzeit den Kunden in Seattle bieten, auch nach Europa bringen?

Schwarzenbauer: Das hängt von regulatorischen Fragestellungen ab. So ist Ridesharing in vielen europäischen Städten aufgrund strenger Auflagen de facto fast unmöglich. Deshalb wird es in Deutschland zunächst beim klassischen Carsharing bleiben.

Das Interview mit Peter Schwarzenbauer führte Frank Mertens

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