BMW 750i: «Das war damals ein Paukenschlag»

25 Jahre Zwölfzylinder

Der Zwölfzylinder-Motor bei BMW feiert Jubiläum: Vor 25 Jahren gab er seine Premiere im 750i. Doch ist ein V12 noch zeitgemäß? Was für eine Frage: Selbstverständlich, sagen die Münchner und das nicht nur wegen seiner satten Leistung.

Von Frank Mertens

Die Frage, ob ein V12 überhaupt noch in unsere Zeit passt, sollte man einen Motorenentwickler lieber nicht stellen. Vor allem keinen von BMW. Dass eine derart ungehörige Frage irritierende Blicke hervorruft, kann man angesichts der Historie dieses Aggregats verstehen.

Schließlich waren es die Ingenieure aus München, die vor 25 Jahr als erster deutscher Hersteller einen Zwölfzylinder im BMW 750i – intern E32 genannt - auf den Markt brachten. Eine Luxuslimousine mit einem V12-Motor hatte es bis dahin seit einem halben Jahrhundert nicht mehr gegeben, zumindest nicht aus Deutschland. Das war damals ein Paukenschlag, wie Karlheinz Lange sagt, der von 1976 bis 1989 die Antriebsentwicklung bei BMW verantwortete.

Schockstarre bei Mercedes

„Die Konkurrenz glaubte, dass sich BMW einen V12 nicht traut. Doch wir haben uns getraut.“ Damit verblüfften die Münchner insbesondere den damaligen Erzfeind Mercedes mit seiner S-Klasse und versetzten ihn in eine Schockstarre. So dauert es bis 1991, bis die Schwaben mit einem eigenen V12 nachziehen konnten. Doch bis dahin sah sich Mercedes vor vollendete Tatsachen gestellt – und die hatten es in sich, kann man mit Blick auf die Leistungsdaten des damaligen Zwölfenders nur hinzufügen: Der E32 mit seinen zwei im Winkel von 60 Grad zueinander stehenden Zylinderbänken brachte es auf eine Leistung von 300 PS aus fünf Litern Hubraum und auf beachtliche Fahrleistungen: in gerade einmal 7,4 Sekunden beschleunigte er auf Tempo 100. Das Ende der Glückseligkeit war bei 250 km/h erreicht.

Der V12 im BMW 750i leistete 300 PS und hatte fünf Liter Hubraum.
Der V12 leistete 300 PS bei fünf Liter Hubraum BMW

Dabei war es keineswegs so, dass der E32 nicht noch schneller gekonnt hätte – 270 km/h wären möglich gewesen - doch die Hersteller hatten sich mit Blick auf eine Spitzengeschwindigkeit von 250 km/h verständigt, auch wegen dem damaligen Stand der Reifentechnik. Vergleicht man die damaligen Leistungsdaten mit dem aktuellen BMW 760i, dann liegen dazwischen ohne Fragen Welten: der 2009 auf den Markt gekommene Zwölfzylinder bringt es mit seinem TwinPower Turbo auf 544 PS – das jedoch aus sechs Litern Hubraum und braucht bis Tempo 100 auch nur 4,6 Sekunden. Doch was heißt das schon? Zwischen beiden Autos liegen schließlich 25 Jahre.

Das Beste vom Besten

Doch damals wie heute gilt die gleiche Devise: Im Flaggschiff von BMW findet sich nur das Beste vor, was die aktuelle Motorentechnik zu bieten hat. Was das bedeutet, kann man erleben, wenn man heute mit dem E32 unterwegs ist. Wer meint, dass man sich im 750i auf eine Zeitreise begibt, irrt, zumindest was das Fahrerlebnis betrifft.

Im Innenraum findet sich zwar ein Bordcomputer wieder, der einem mit seinem Display an die Anfänge der Computerei erinnert - und auch das Monstrum von einem C-Netz-Telefon in der Mittelkonsole wecken Erinnerungen an die Anfänge des Mobilfunks - doch wenn man mit dem E32 unterwegs ist, vermisst man beim Fahren nicht wirklich etwas: Das sonore Brummen des Zwölfzylinders vermittelt einem bereits beim Anlassen das Gefühl, dass man hier mit einem Auto unterwegs ist, auf dessen Leistung man vertrauen kann. Seine Beschleunigung lässt keine Wünsche offen, sein Motorgeräusch ist sonor, aber nicht zu laut, auch nicht jenseits der 140 km/h. Doch ein dezentes Innenraum-Geräusch darf von einem Auto erwartet werden, das damals 119.000 Euro in der Preisliste stand.

Technische Highlights an Bord

Innenraum im BMW 750i, untern E32 genannt.
Das Cockpit im BMW 750i BMW

Dafür bekam man neben dem potenten V12 beispielsweise technische Highlights wie eine serienmäßige Viergangautomatik (heutzutage werkelt im aktuellen 7er ein souveräner Achtgang-Automat), eine Servotronic und eine Niveauregulierung an der Hinterachse, die für eine gleichbleibende Bodenfreiheit sorgte. Dass bereits damals auf die Wertigkeit der Materialien wert gelegt wurde, versteht sich von selbst: So war der Innenraum mit Nappaleder ausgestattet und an der Mittelkonsole finden sich Holzbeschläge.

Das Thema Zwölfzylinder beschäftigte die Entwickler bei BMW übrigens nicht erst in den Jahren vor dem Marktstart des 750i im Jahr 1988, sondern bereits viel, viel früher, wie Lange erzählt. Bereits nach der Entwicklung des Sechszylinders im Jahr 1971 wurde ein Jahr später beschlossen, unter dem damaligen Projektnamen M33 einen Zwölfzylinder auf den Weg zu bringen. Und so wurde zunächst versucht, zwei Sechszylinder zusammen zu bringen, doch mit einem Gewicht von 315 Kilogramm und einer Leistung von 300 PS geriet er schlicht zu schwer.

Energiekrise stoppte Marktstart

Im weiteren Entwicklungsschritt auf dem Weg zu einem serienreifen V12 griff man auf einen kleineren Sechszylinder zurück. Zwar konnte der 1977 auf dem Prüfstand getestete M66 mit einer Leistung von 300 PS um 40 Kilogramm leichter gemacht werden, doch in Serie ging auch er nicht – die Energiekrise machte einen Strich durch die Rechnung.

Doch 1982 hatte sich die Lage geändert und man entschied sich in der Entwicklungsabteilung dafür, statt zwei Sechszylindermotoren ein komplett neues Aggregat zu entwickeln. Dass Resultat war der V12-Leichtmetallmotor, der es auf ein Gewicht von 240 Kilogramm und auf eine Leistung von 60 PS pro Liter Hubraum brachte. Das Drehmoment von 450 Newtonmeter übertraf alle damals auf dem Markt befindlichen Aggregate.

Und der Verbrauch? Im damaligen Drittelmix waren es 13,1 Liter, nach dem heutigen Messverfahren entspricht das in etwa einem Verbrauch von 14,1 Liter. Der heutige 760i bringt es auf einen Durchschnittsverbrauch von 12,8 Liter. Das entspricht einem CO2-Ausstoß von 299 g/km. Damit wären wir wieder bei der Eingangsfrage, ob ein V12 noch in unsere Zeit passt? Ja, tut er, sagen die BMWler. „Der Kunde, der einen 7er fahren will, will nur das Beste vom Besten – und das ist nun einmal ein V12. Der 7er-Kunde will den erlebbaren Unterschied“, sagt Birgit Wildgruber, die für das Produktmanagement des 7er zuständig ist.

Chinesen stehen auf V12 und die Langversion

Der BMW 750i war 1988 das Maß der Dinge bei den Luxuslimousinen.
Der 750i war 1988 mit dem V12 das Maß der Dinge BMW

Doch wer mit dem Flaggschiff der Münchner unterwegs ist, dem geht es schließlich auch um Status – und ein V12 ist nun einmal etwas Besonderes. „Der V12 ist und bleibt nun einmal der König des Antriebs“, fügt Johann Schopp hinzu, der für die Konstruktion der V-Motoren verantwortlich zeichnet. Vor allem in China, wie könnte es anders sein, steht man auf den V12. Dort werden nicht nur 50 Prozent aller 7er verkauft, sondern es entfallen ebenfalls die Hälfte der Verkäufe auf diesen Motor. Zugleich entscheiden sich 77 Prozent der 7er-Kunden in China zudem für den 760Li, also die Langversion. Big ist beautiful, in jedweder Beziehung.

Doch Status allein ist nicht der Grund, weshalb Kunden lieber einen Zwölf- statt eines Achtzylinders fahren, sagt Schopp. „Man spürt einfach den Unterschied bei der Beschleunigung, er ist geschmeidiger, schlicht souveräner.“

Da BMW schließlich ein Wirtschaftsunternehmen und keine karitative Einrichtung ist, geht es beim BMW 7er natürlich auch ums Geld verdienen – und der Deckungsbeitrag ist hier besonders hoch. So geben die Kunden neben den 138.100 Euro für den 760i beziehungsweise die 147.900 Euro für den 760Li durchschnittlich noch 60.000 Euro für Dinge aus, die das Reisen in so einem Auto noch angenehmer machen. Die Frage also, ob ein V12 noch zeitgemäß ist, stellte sich aus Sicht des Unternehmens damit nicht.

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