Rösler will Benzinpreis überwachen

Neuer Gesetzentwurf

Rösler will Benzinpreis überwachen
Benzin ist so günstig wie zuletzt im Jahr 2010. © dpa

Philipp Rösler fordert eine stärkere staatliche Kontrolle der Benzinpreise. Das Modell des Bundeswirtschaftsministers wird von der Branche als „Bürokratiemonster“ bezeichnet.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) will die Preispolitik der Mineralölkonzerne unter stärkere staatliche Kontrolle stellen. Tankstellen sollen einer neu zu schaffenden "Markttransparenzstelle" künftig jede Änderung der Kraftstoffpreise differenziert nach Produkt, Zeitpunkt und Produktmengen übermitteln, heißt es einem Gesetzentwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt und über den auch die "Süddeutsche Zeitung" berichtete. Die Branche sieht keinen Nutzen und spricht von einem Bürokratiemonster.

Transparenz als entscheidendes Instrument

Rösler betonte hingegen am Freitag: "Transparenz und Wettbewerb am Benzinmarkt müssen gestärkt werden." Das sei ein entscheidendes Instrument für Preisstabilität. Die geplante Schaffung der beim Bundeskartellamt angedockten Stelle ist eine Ergänzung zur Überwachung von Gas- und Strompreisen durch das Kartellamt. Der Plan war von Rösler schon vor Ostern im Zuge der Debatte um hohe Benzinpreise bekanntgemacht worden. Das Gesetz könnte Anfang Mai, kurz vor den Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen vom Kabinett beschlossen werden und im Herbst in Kraft treten.

Die FDP kämpft in beiden Ländern um den Wiedereinzug in die Landtage. Rösler hatte sich als weiteres Element im Kampf gegen hohe Spritpreise zuletzt auch für eine höhere Pendlerpauschale ausgesprochen, obwohl Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dagegen ist.

Detaillierte Auskunft der Tankstellenpächter

Die Betreiber der rund 14.700 Tankstellen in Deutschland müssten mit der neuen Regelung künftig detailliert darüber Auskunft geben, wann und in welchem Umfang sie die Preise an den Zapfsäulen erhöhen oder senken. Außerdem müssten sie melden, welche Mengen an Treibstoffen sie wo und wie teuer eingekauft haben.

Die Regelung wäre eine Ergänzung zu dem Regierungsbeschluss, wonach die fünf großen Mineralölkonzerne freien Tankstellen Kraftstoff nicht teurer verkaufen dürfen als an eigene Tankstellen. Die Einrichtung zur staatlichen Überwachung der Benzinpreise würde nach Meinung der Mineralölbranche auf ein "Bürokratie-Monster" hinauslaufen. "Die Erhebung von Preis- und Mengenzahlen von knapp über 14.700 Tankstellen führte jeden Monat zu Millionen von Daten", heißt es in einer Stellungnahme des Mineralölwirtschaftsverbands (MWV) zu dem Gesetzentwurf von Bundeswirtschaftsminister Rösler.

Hohe Kosten für Überwachung notwendig

"Mit der Marktbeobachtungsstelle würde ein Bürokratiemonster geschaffen", betont der MWV. Die Erhebung und Auswertung der Daten sei mit hohen Kosten verbunden. "Die Politik muss diese Kosten gegenüber dem Verbraucher rechtfertigen, denn der muss sie am Ende tragen." In dem Gesetzentwurf fehlen Angaben zu den Kosten und der Zahl der benötigten Mitarbeiter der Behörde. Bei so vielen Daten könnte die Beschäftigtenzahl nach Branchenschätzungen im hohen dreistelligen Bereich liegen.

Es gilt als fraglich, ob dadurch die Benzin- und Dieselpreise sinken könnten. Die Branche betonte, auf die Tankstellenbetreiber kämen durch die Meldepflicht erhebliche Kosten zu, die umgelegt werden müssten. In einer mehrjährigen Marktanalyse habe das Kartellamt zudem keine Beweise für wettbewerbswidriges Verhalten und illegale Preisabsprachen gefunden. Die Wettbewerbshüter selbst stehen in der Kritik, weil sie seit Jahren Maßnahmen für mehr Wettbewerb im Kraftstoffbereich ankündigen, sich aber meist wenig verändert hat.

Umstrittene Modelle in Australien und Österreich

Präsident Andreas Mundt hatte sich zuletzt auch für die Prüfung von im Ausland praktizierten Modellen zur Begrenzung mehrmals täglicher Preiserhöhungen stark gemacht. Auch die Verkehrsminister der Länder dringen auf eine Preisfessel für Tankstellen. Im Gespräch ist das in Westaustralien praktizierte Modell, wo einer Behörde am Vortag ein Festpreis für den Folgetag gemeldet werden muss.

Zudem wird über den in Österreich praktizierten Weg diskutiert, wo nur einmal täglich am Mittag der Benzinpreis an Tankstellen erhöht werden darf. Experten bezweifeln aber, dass die Modelle zu niedrigeren Preisen führen könnten, da viele Tankstellen aus kaufmännischen Gründen die Preise eher zu hoch als zu niedrig einstellen könnten.

Begrüßt wurde der Vorstoß von Rösler unterdessen vom ADAC. "Diese Maßnahme des Bundeswirtschaftsministers war längst überfällig", sagte ADAC Präsident Peter Meyer. „Damit wären die Mineralölkonzerne verpflichtet, der obersten Aufsichtsbehörde umfangreich über Einkaufs- und Verkaufspreise für Kraftstoffe Auskunft zu geben. Denn nur ein umfassend informiertes Bundeskartellamt ist in der Lage, Behinderungen freier Tankstellen aufzudecken oder andere wettbewerbswidrige Vorgehensweisen zu sanktionieren.“ Wie der Automobilclub am Freitag weiter mitteilte, müssten bei der Ausgestaltung der vorgesehenen Regelung die Interessen der freien Tankstellen angemessen berücksichtigt werden. (AG/dpa)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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