Kommentar: Die Show geht weiter

Nach Skandal um Autopreis "Gelber Engel"

Kommentar: Die Show geht weiter
Auszeichnung des Lieblingsauto der Deutschen © dpa

Beim Autopreis „Gelber Engel“ wurde gelogen und betrogen. Doch bislang hat kein Hersteller seine Auszeichnung zurückgegeben. Man wolle erst die Untersuchungsergebnisse abwarten. Die Branche täte gut daran, ihre Autopreise zu hinterfragen. Ein Kommentar.

Von Thomas Flehmer

Naivität sollte man den deutschen Autoherstellern nicht vorwerfen. Die Unternehmen sind dank guter Lobbyarbeit nah dran an der Politik – und beeinflussen sie nicht selten im Sinne ihrer ureigenen Interessen. Das zeigen beispielsweise die von der EU abgemilderten CO2-Grenzwerte für das Jahr 2020. Bei diesem Punkt haben sich die deutschen Premiumhersteller mächtig ins Zeug gelegt.

Das kann man in der Manipulationsaffäre um den Autopreis "Gelber Engel" des ADAC leider nicht behaupten. Obwohl mittlerweile klar ist, dass die Stimmenzahl geschönt wurde und wohl auch die Rangfolge, hat keiner der Hersteller bislang seinen Preis zurückgegeben. Man wolle erst die Ergebnisse der vom Automobilclub eingesetzten Wirtschaftsprüfer abwarten. Da kann man sich nur verwundert die Augen reiben. Was erhoffen sich die Manager von VW und Co. denn für einen Erkenntnisgewinn von den ausstehenden Ergebnissen? Es ist längst bewiesen: Beim "Gelben Engel" wurde gelogen und betrogen. Ob letztlich nur bei der Stimmenzahl oder auch bei der Rangfolge manipuliert wurde, ist dabei egal.

Sinn oder Unsinn der Autopreise hinterfragen

Für die Hersteller scheinbar nicht. Für sie ist der der "Gelbe Engel" offenkundig immer noch ein wichtiges Marketinginstrument. Anders lässt sich das (bisherige) Festhalten daran nicht deuten. Doch was ist von einem Preis wie dem "Lieblingsauto der Deutschen" zu halten, bei dem von den 19 Millionen ADAC-Mitgliedern gerade einmal rund 3500 Stimmen auf den siegreichen VW Golf entfielen? Stimmt, eine rhetorische Frage: nichts!

Und was haben die Hersteller und die Medien, die ähnliche Preise ausloben, von dem ADAC-Skandal gelernt? Offensichtlich ebenfalls wenig. Der Preismarathon in der Branche geht weiter als wäre nichts gewesen. Es stände der Branche gut an, diese Preise zu hinterfragen, bei denen es fünf- vielleicht sechsstellige Teilnehmerzahlen gibt. In diesem Zusammenhang kann man nur dem Auto Club Europa (ACE) beipflichten, der sich gegen Auszeichnungen in der Automobilbranche ausgesprochen hat. Wer wissen wolle, welches Auto am beliebtesten sei, der müsse sich nur die Zulassungszahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes anschauen, ließ der ACE gleich nach Bekanntwerden des Skandals um den „Gelben Engel“ wissen. Der Blick in die Zulassungsstatistik ist zwar nicht so sexy wie eine pompöse Preisverleihung, aber irgendwie logisch und aussagekräftiger ist er schon.

Bald steht übrigens auch wieder die Wahl zum „Auto des Jahres“ an, deren Ergebnisse jeweils am Vorabend des Automobilsalons in Genf bekannt gegeben werden. Dort werden dann zwar nicht Leser abstimmen, sondern Journalisten, doch gerade sie sind aufgefordert, sich Gedanken über Sinn oder Unsinn solcher Preise zu machen.

Bereits in der vergangenen Woche wurden die "Autos der Vernunft" sowie die "Wertmeister" gekürt. Die Unternehmen haben die Preise gefeiert als wäre nichts gewesen. Die Show muss halt weitergehen.

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