Wo PS nicht alles ist

Zukunftspläne bei Mercedes AMG

Wo PS nicht alles ist
Der S63 AMG von Mercedes © Daimler

Eine PS-Schmiede speckt ab: Nicht nur mit dem elektrischen SLS will AMG in die Zukunft starten. Ein neuer V8-Motor folgt dem Downsizing-Trend, und auch ein kompaktes AMG-Modell ist in der Pipeline.

Von Sebastian Viehmann

Wenn der SLS AMG als Safety Car bei der Formel 1 dem Feld voran fährt, schaut man in Affalterbach stolz auf den Fernseher. Der SLS, den AMG-Chef Volker Mornhinweg gern als „Hero Car“ seines Unternehmens bezeichnet, ist das Aushängeschild der schwäbischen Hochleistungsschmiede. Doch im selben Atemzug spricht Mornhinweg über die Elektroversion des Supersportlers, die bereits getestet wird. „Mit dem gewaltigen Startdrehmoment der E-Maschine reißt der Elektro-SLS beim Kickdown an wie ein Düsenjet mit Nachbrenner“, beschreibt der AMG-Chef seine erste Fahrt im Prototypen.

Eine Branche im Umbruch

Die Hochleistungsbranche befindet sich im Umbruch. „Hubraum ist durch nichts zu ersetzen, außer durch mehr Hubraum“ - dieses Credo aus der goldenen Zeit amerikanischer Straßenkreuzer trieb eine ganze Generation von Motorenbauern an, doch es hat längst seine Gültigkeit verloren. Downsizing ist – wieder einmal – angesagt, und das nicht nur in Nordamerika: Weniger Hubraum, dafür Turboaufladung, Direkteinspritzung und andere Techniken, die trotz Mehrleistung den Verbrauch drücken sollen. Porsche und sogar Ferrari haben kürzlich ihre neuen Hybrid-Sportwagen präsentiert, auch wenn serienreife Modelle freilich noch nicht in Sicht sind. Auch die Hochleistungsschmiede AMG speckt ab. Zum altbekannten 6,3 Liter großen V8-Saugmotor gesellt sich nun ein nur 5,5 Liter großer V8 mit Benzin-Direkteinspritzung und doppelter Turboaufladung. Das Aggregat wird in zwei Leistungsstufen mit 544 oder 571 PS angeboten.

V8-Biturbo von AMG Daimler

Das erste Einsatzgebiet des neuen Motors ist die von AMG veredelte S-Klasse. Weniger Hubraum bedeutet nicht mehr Leistung – das Gegenteil ist der Fall: Die Leistung steigt im Vergleich zum 6.3 um 46 PS, das maximale Drehmoment klettert gar um 270 Zähler auf 900 Newtonmeter und steht schon ab 2500 Touren zur Verfügung. Damit sei man „eindeutig best in class“, meint AMG-Chef Volker Mornhinweg. Der Verbrauch sinke im Vergleich zum normalen „Sechs-Dreier“ um 25 Prozent. Im Namen will man den Kunden das Downsizing allerdings nicht zumuten: Auch mit dem neuen Motor wird der Wagen weiterhin S 63 AMG heißen.

Volker Mornhinweg Daimler

Bei vielen AMG-Kunden dürfte der Verbrauch ohnehin keine Rolle spielen, denn in zahlreichen Märkten für PS-starke Fahrzeuge wie den USA, den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Russland ist der Sprit immer noch billig. Doch um neue Emissionsvorgaben zu erfüllen, bleibt AMG und anderen Herstellern nur der Schritt zu deutlich mehr Effizienz. So ist der neue S 63 AMG in den USA auch von der „Gas Guzzler Tax“ befreit, der Sondersteuer für Autos mit besonders hohem Spritdurst. Die sinkende Nachfrage nach PS-starken Autos hat AMG in den USA bereits zu spüren bekommen

Mercedes AMG Safety Car
Safety-Car von AMG Daimler

Die strahlgeführte Benzin-Direkteinspritzung sorgt durch den höheren Wirkungsgrad des Motors für eine bessere Kraftstoffausnutzung und geringere Emissionen. Der maximale Ladedruck des Biturbo liegt je nach Leistungsstufe bei 1,0 oder 1,3 bar. Der S 63 AMG beschleunigt in 4,4 Sekunden von 0 auf 100 Km/h und wird erst bei einem Tempo von 300 Km/h elektronisch abgeregelt. Ein automatisches Siebengang-Sportgetriebe sorgt für die Kraftübertragung und verfügt über ein spezielles Fahrprogramm namens „Controlled Efficiency“. Damit fährt der Wagen im zweiten Gang, und das Getriebe schaltet besonders früh in die höheren Gänge. Und was Porsche schon beim Panamera einsetzt, gibt es nun auch bei AMG: Eine Start-Stopp-Automatik schaltet den Motor an der Ampel ab.

Der SLS AMG von Mercedes Daimler

Bei kleineren Motoren soll es aber nicht bleiben. AMG plant im Rahmen einer langfristigen Strategie auch die Ausweitung der Modellpalette nach unten. Die Basis dafür werde die neue MFA-Plattform von Mercedes bieten, sagt Volker Mornhinweg. Auf dieser Plattform entstehen auch die Nachfolge-Modelle der A- und B-Klasse. Das kompakte AMG-Modell werde „ein Highlight in Sachen Performance und Effizienz sein“, so Mornhinweg. Die Zielgruppe für den neuen Wagen sieht er vor allem in Ländern wie Deutschland, Italien oder Japan.

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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