PS – die wöchentliche Abgasnachbehandlung

Kolumne

Über die Cabrio-Liebe im Dauerregenland, den Benzschen Technologie-Klau-Verdacht, deutsche Blinkmuffel und den Vorteil eines ehrlichen Blechschadens.

Von Jochen Knoblach

Endlich: In einigen Supermärkten waren Eiskratzer und Defroster-Spray zum halben Preis im Sonderangebot zu bekommen. Ja, so viel Optimismus sei gestattet, es wird Frühling. Das ließ prompt auch die Kauflaune sprießen. Beispielsweise wurden in Deutschland zehn funkelnagelneue Mercedes McLaren SLR Roadster zugelassen. Fünf Millionen Euro waren dafür insgesamt fällig. Aber, okay, wer in einem Land lebt, in dem es statistisch an 170 Tagen im Jahr regnet und die Jahresmitteltemperatur unterhalb der Zehn-Grad-Marke liegt, will man schließlich auf den Moment vorbereitet sein, in dem alles anders kommt und die Sonne durch die Wolken bricht.

Verkaufsstrategien

Natürlich geht das auch etwas billiger. Mit einem Einser-Cabrio zum Bespiel, das seit dieser Woche nun endlich bei den Händlern steht. Denn ursprünglich sollte die große Show zum Verkaufsstart bereits am 22. März stattfinden, doch dann fiel jemandem bei BMW auf, dass dieser Tag in zwölf Bundesländern mitten in den Osterferien liegt. Also wurde der Start verschoben. So viel zu Verkaufsstrategien.

Ganz andere Sorgen hatte man indes bei Mercedes. Die Schwaben, die sich nach der beschämenden Ignoranz deutscher Automobilhersteller gegenüber dem Rußpartikelfilter nun als Vorkämpfer für den porentief reinen Dieselantrieb sehen, witterten in dieser Woche Technologie-Klau durch Audi. Denn die Ingolstädter wollen zur Jahresmitte extrem saubere Diesel-Versionen des A4 und Q7 auf den Markt bringen, in denen Mercedes-Ingenieure den Einsatz der Benzschen Abgasreinigungstechnik Bluetec vermuten. «Das werden wir uns genau ansehen. Wenn dabei geistiges Eigentum verletzt wird, werden wir dagegen vorgehen», ließ ein Mercedes-Sprecher wissen.

Eigener Erfindergeist

Derweil feierte Bosch seinen eigenen Erfindergeist. Rund 77.000 Erfindungen gehen mittlerweile auf das Konto des Automobilzulieferers, dem der elektrisch betriebene Scheibenwischer ebenso zu verdanken ist wie ESP und ABS. Allein im vergangenen Jahr kamen insgesamt 3 281 neue Patente hinzu - 14 an jedem Arbeitstag. Darauf kann und sollte man stolz sein, doch wir denken mal wieder gar nicht daran, sondern üben uns in Skepsis.

Jedenfalls zweifeln laut einer Umfrage des TÜV Süd 60 Prozent deutschen Autofahrer an der korrekten und zuverlässigen Funktion neuester elektronischer Sicherheitssysteme wie Abstandsregeltempomat, Spurwechsel- oder Nachtsichtassistent. Und es kommt noch viel schlimmer. Denn der Rest, der vielleicht an die Technik glauben könnte, nutzt sie offenbar nicht.

Davon muss man ausgehen, wenn der deutsche Fahrzeugführer selbst den Gebrauch einfachster Hilfssysteme wie des Fahrtrichtungsanzeigers ablehnt. Es sind nicht die meisten Autofahrer, aber offenbar genug, um den Automobilclub ACE zu veranlassen, das letzte bisschen Frieden auf deutschen Straßen mit der Aktion „Dem Blinkmuffel keine Chance“ zu retten. Ehrenamtliche Helfer sollen eine bundesweite Zählung von Nicht-Blinkern durchführen und Klarheit bringen, während schon jetzt in Studien davon ausgegangen wird, dass rund ein Drittel der Autofahrer regelmäßig auf das Betätigen des Blinkers verzichtet und damit freilich das Unfallrisiko erhöht.

Insofern ist die Aktion selbstverständlich zu begrüßen. Allerdings sollte man die Sache nicht zu eng sehen und Zusammenhänge beachten. Denn bekanntermaßen haben vor allem kleine Reparatur-Werkstätten schwer unter dem enorm gestiegenen Elektronikanteil unserer Autos zu leiden, der sie überfordert. Wie es heißt, werden deshalb allein in den nächsten zwei Jahren rund 2500 kleine Werkstätten schließen müssen. Mit ein paar handfesten Blechschäden sähe ihre Zukunft schon etwas besser aus. Denken Sie daran, wenn Sie das nächste Mal vor einem Spurwechsel zum Blinkhebel greifen wollen.

Auf ein gute Woche.

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