«New Opel könnte schon bald alt aussehen»

Presseschau zum Verkauf an Magna

Ist der Autobauer nach der Übernahme gerettet? Nein, glauben viele Kommentatoren, denn die hausgemachten Probleme bei Opel bleiben. Zudem könnte ein Streit zwischen neuem und altem Eigentümer den Konzern blockieren.

«Abendzeitung» (München): Gewinner sind die Amerikaner

Selbst wenn ein Verkauf ohne Werksschließungen über die Bühne gehen sollte: um Jobabbau wird Opel nicht herumkommen. Im Vergleich mit der Konkurrenz ist Opel einfach zu teuer. Daran ändert auch eine Übernahme durch Magna und die Russen nichts zumal es den Käufern derzeit alles andere als gut geht.

Gewinner in dem Poker sind so oder so die Amerikaner. Klappt der Verkauf, wird sich General Motors auf jeden Fall seinen Einfluss auf die Opel-Technologie sichern. Scheitert Magna irgendwann, hat GM ein Vorkaufsrecht für Opel und nimmt alle Staatshilfen mit. Platzt der Verkauf doch noch, werden die Amerikaner mit Werksschließungen in Europa drohen. Selbst nach einer Wahl wird sich keine Regierung trauen, staatliche Hilfen zu verweigern.

«Frankfurter Rundschau»: Schlimm oder schlimmer?

Jetzt doch wieder Magna. Damit ist für die Regierung erst einmal über den Wahltag hinaus der schlimmstmögliche Fall abgewendet. Nämlich, dass der Versuch, Opel zu retten, in einem offensichtlichen Desaster endet, in der Schließung von mindestens zwei der vier hiesigen Werke.

Doch damit sind die Jobs bei dem traditionsreichen Autobauer noch längst nicht auf Dauer gerettet. Die Sanierung wird schmerzhaft. Wetten, dass die Amerikaner die Kanzlerin oder den Kanzler, den Wirtschafts- und den Finanzminister irgendwann nach der Wahl vor die Wahl stellen: Wollt ihr es schlimm oder schlimmer haben?

Das kann man eiskalt oder zynisch oder Erpressung nennen. Nur, wer sich mit General Motors einlässt, muss dies bedenken. Die Bundesregierung bleibt in der Defensive, weil es ihr an einem industriepolitischen Konzept fehlt.

«Kölnische Rundschau»: Die teuerste Lösung

Der Steuerzahler muss die Lösung mit gemischten Gefühlen sehen: Fest steht, dass diese die teuerste ist. Magna fordert über den Überbrückungskredit von 1,5 Milliarden hinaus noch 4,5 Milliarden Euro in Form von Staatsgarantien. Im Gegenzug will Magna den Bestand aller deutschen Standorte garantieren. Wohl gemerkt: Der Standorte, nicht der Arbeitsplätze.

Der belgische Bieter wäre mit weniger Steuergeld ausgekommen. Es gibt erhebliche Zweifel, ob Magna gerade nach der Krise so viel Eigenkapital hat, um die fällige Sanierung von Opel zu stemmen. Dies sollte in der Euphorie über den Durchbruch nicht vergessen werden.

«Frankfurter Allgemeine Zeitung»: Erleichterung fehl am Platz

Von Klarheit kann auch jetzt keine Rede sein. Erleichterung ist deshalb fehl am Platz, jedenfalls aus Sicht der deutschen Steuerzahler, die nun für eine Finanzierung in Höhe von 4,5 Milliarden Euro geradestehen müssen. Mittelfristig gilt das auch aus der Perspektive der Opel-Beschäftigten: Denn die Zusammenarbeit von Magna, Opel und GM ist nach wie vor mit der Schwierigkeit riesiger Überkapazitäten in der Autoindustrie konfrontiert.

Der russische Automarkt, angeblich die große Hoffnung für die Zukunft, liegt am Boden. Der europäische Markt wurde von Abwrackprämien hochgepäppelt; einen Hersteller von Klein- und Mittelklasseautos wie Opel wird der Bumerang des Auslaufens der Prämie besonders treffen. Opel steht vor harten Jahren

«Stuttgarter Nachrichten»: Zoff der Eigentümer

Die Rechung, durch den Einstieg von Magna den ungeliebten, weit entfernten Eigentümer GM loszuwerden, ist nicht aufgegangen. GM wird weiter ein Großaktionär bleiben, der vehement eigene Interessen bei Opel verfolgt. Künftig werden mit Magna, der russischen Sberbank und den Mitarbeitern aber noch weitere Großaktionäre an Bord sein.

Die Amerikaner werden eifersüchtig darüber wachen, dass ihre Technologie nicht an die Russen geht, die aber genau deshalb eingestiegen sind. Zoff der Eigentümer ist aber das Letzte, was Opel gebrauchen kann. Schon der Porsche-Piech-Streit hat gezeigt, dass Zoff unter den Eigentümern zwar für Unterhaltung in der Branche sorgt, das Unternehmen aber nicht wirklich weiterbringt.

«Landeszeitung» (Lüneburg): Bald alt aussehen

Das Aufatmen reichte vom Kanzleramt bis zum Opel-Werk in Eisenach. Doch für Erleichterung ist es zu früh. Zwar hat mit Magna der Wunschpartner der Bundesregierung und der meisten Opelaner den Zuschlag erhalten. Damit bleiben die deutschen Werke vorerst von einer Schließung verschont. Doch hier endet die kurze Liste guter Nachrichten. «New Opel» könnte schon bald alt aussehen.

3000 Opel-Mitarbeiter werden in Deutschland ihren Job verlieren. Opel, bisher einer der Profiteure der Abwrackprämie, wird es schwer haben, den Absatz in Deutschland zu halten. Noch schwerer dürfte die Aufteilung der Macht in der Praxis werden. GM behält 35 Prozent der Anteile. So soll gesichert werden, dass deutsches Know-how aus dem Hause Opel weiter über den Atlantik fließt und nicht zum Magna-Partner Gaz auf dem russischen Markt.

«Süddeutsche Zeitung» (München): Causa Opel

Politisch also haben die Kanzlerin und ihr Herausforderer aus der SPD einen Sieg errungen. Der Verkauf an Magna und die Russen war zunächst eine Idee von Steinmeier und seinen Genossen, erst später machte Merkel sich diese zueigen.

Ökonomisch allerdings kann die Causa Opel immer noch schief gehen - in den nächsten Monaten, aber auch noch später, in zwei, drei Jahren. Was ist, wenn die neuen Eigentümer tatsächlich Know-how aus Rüsselsheim absaugen und dieses nach Russland fließt? Und was ist, wenn die Autokrise sich in den nächsten Monaten weiter verschärft?

«Neue Osnabrücker Zeitung»: Mit Misstrauen betrachtet

Das große Zittern ist vorbei, General Motors hat schneller als gedacht eine Entscheidung gefällt. Die Opel-Mitarbeiter können erst einmal aufatmen. Mit Magna am Steuer bekommen sie einen in der Branche erprobten Chauffeur, der schon so manchem Hindernis ausgewichen ist.

Auf den anderen Plätzen sitzen allerdings Beifahrer, die viele Beteiligte lieber am Straßenrand hätten stehen lassen. Es sind die russischen Passagiere, die mancherorts mit Misstrauen betrachtet werden. Vor allem in den USA wird die Mitfahrt der einstigen Erzfeinde mit Argwohn gesehen. Sie würden gefragtes westliches Know-how abschöpfen, hieß es im GM-Verwaltungsrat. (dpa)

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