Merkel sucht mit Ländern Opel-Lösung

Brüderle gegen Hilfe

Opel wird zur Chefsache: Die Kanzlerin will auf der Zielgeraden mit den Ländern über den angeschlagenen Autobauer beraten. Kann Opel wieder hoffen? Wirtschaftsminister Brüderle ist gegen Staatshilfen.

Von Tim Braune und Harald Schmidt

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schaltet sich in der Endphase der Verhandlungen über Staatshilfen für den Autobauer Opel persönlich ein. Am Donnerstag will sie mit den Regierungschefs der vier Bundesländer mit Opel-Standorten - Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Nordrhein-Westfalen - über den Autobauer beraten.

Alternativen gesucht

Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa soll bei dem Treffen über Alternativen zu direkten Staatshilfen beraten werden. Noch am Mittwoch wurde erwartet, dass Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) Bürgschaften aus dem Deutschlandfonds ablehnt. Zunächst tagte noch der mit Spitzenbeamten besetzte Lenkungsausschuss des Fonds.

Bei einem Nein des Bundes fürchten Länder, Gewerkschaften und Betriebsräte, dass der Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) womöglich drei der vier deutschen Werke schließen könnte. Opel will von Bund und Ländern eine Bürgschaft von 1,1 Milliarden Euro.

Vorleistung durch Opel

Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Koalitionskreisen erfuhr, sind derzeit Hilfen der Europäischen Investitionsbank (EIB) für Opel im Gespräch. Aber auch hier müsste der Staat bürgen. EIB-Hilfen könnte Opel zudem nur eingeschränkt nutzen, weil sie mit Auflagen verbunden sind.

Das Unternehmen müsste zunächst mit eigenem Geld in Vorleistung gehen. Später könnten EIB-Mittel zweckgebunden für bestimmte Entwicklungsprojekte wie Elektroautos eingesetzt werden.

Brüderle gegen Hilfen

In dem eineinhalbjährigen Opel-Drama war bereits Ende 2008 spekuliert worden, die Europäische Investitionsbank zu nutzen. Damals hieß es, Opel könnte einen zinsgünstigen Milliardenkredit für die Entwicklung sparsamer Fahrzeuge bekommen.

Brüderle macht seit Monaten keinen Hehl daraus, dass er Staatshilfe für falsch hält. «Die Sorgen der Arbeitnehmer muss man beachten. Umgekehrt müssen wir aber auch sehen, dass Opel behandelt wird wie andere Unternehmen auch», sagte Brüderle in der ARD.

Entscheidung am 28. Juni?

Der Minister betonte, den Bundesländern mit Opel-Standorten stehe es frei, eigene Entscheidungen zu treffen. Der US-Mutterkonzern GM sei aber in der Lage, sich aus eigener Kraft zu modernisieren. GM verfüge «über zehn Milliarden liquide Mittel». Insofern liege die «primäre Verantwortung» in den USA.

Der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Hendrik Hering (SPD) forderte eine Führungsrolle von Merkel. «Eine Entscheidung solcher Tragweite kann nicht auf Beamte in einem Lenkungsausschuss abgeschoben werden», sagte er im Südwestrundfunk (SWR). Am 28. Juni wird die Kanzlerin zu einem Besuch im Opel-Stammwerk Rüsselsheim erwartet.

Banken scheuen Risiko

Opel findet derzeit keine Banken für neue Kredite. Die Banken, die eine Staatshilfe für den Autobauer flankieren sollen, seien nicht bereit, das übliche Ausfallrisiko von zehn Prozent zu übernehmen, berichtete die «Financial Times Deutschland» (Mittwoch). Die Institute hätten darauf bestanden, dass General Motors das Restrisiko von zehn Prozent abdecke.

Die Opel-Belegschaft kämpfte bis zuletzt für eine Bürgschaft. Die Betriebsräte fürchten bei einem Nein des Bundes, dass GM noch mehr Stellen abbaut sowie die Werke Bochum, Eisenach und Kaiserslautern schließen könnte. Europaweit will GM rund 8000 der 48 000 Jobs streichen, davon rund 4000 in Deutschland. (dpa)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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