Japaner gehen beim Heimspiel in die Vollen

Die Tokio Motor Show feiert in diesem Jahr ihr 40. Jubiläum. Da wollten sich die japanischen Hersteller nicht lumpen lassen und übertrumpfen sich gegenseitig mit spektakulären Studien.

Von Susanne Kilimann und Stefan Grundhoff

Die Tokio Motorshow ist eine der wichtigsten Automessen weltweit. In diesem Jahr findet sie zum 40. Mal statt. Bei der ersten Veranstaltung im Jahre 1954 sah die Automobilwelt auch in Asien noch anders aus. Trotzdem gab es bereits bei der ersten Auflage 547.000 Besucher, die auf einer überschaubaren Ausstellungsfläche von 4400 Quadratmetern 229 Autos von 254 Ausstellern besichtigten. Die Zeiten haben sich geändert. Vor zwei Jahren, bei der letzten Tokio Motorshow, gab es eine Ausstellungsfläche von über 40.000 Quadratmetern. Die 240 Aussteller zeigten 1,5 Millionen interessierten Besuchern 571 Fahrzeuge aus dem In- und Ausland.

Schaulaufen der japanischen Hersteller

Auch wenn europäische und amerikanische Hersteller die Asienmesse zunehmend für sich entdecken, so gehört die Tokio Motor Show in erster Linie doch den heimischen Marken - allen voran Mazda, Toyota, Nissan und Honda. Doch auch Subaru und Suzuki zeigen ein paar Wochen nach der IAA ihre neuesten Modelle und spektakuläre Studien. Wie sich Asiens Automobilkonzerne die Zukunft vorstellen, zeigt die 40. Motorshow so deutlich, wie keine andere der großen internationalen Automobilmessen. Auf dieser Bühne stellen die experimentierfreudigen Japaner ihre neuesten Designerbabys vor - und beobachten mit scharfem Blick, was die Welt von ihnen hält.

Mazda präsentiert die bereits bekannten Studien Nagare und Hakaze - hat aber auch ein neues Konzeptfahrzeug im Gepäck: Taiki - ein futuristisch gestylter Sportwagen mit Glasdach, der die Concept-Car-Reihe Nagare, Ryuga und Hakaze weiterführt. Die Front des jüngsten Konzeptbabys ist dabei noch vergleichsweise konventionell konzipiert. Zukunftsmusik dröhnt dagegen im hinteren Teil. Hier werden die Räder fast vollständig von einem Blechmantel bedeckt und die übermütige Heckpartie gleicht einer Welle. Bewegt wird das futuristische Geschoss, das mit aerodynamischen Bestwerten punkten will, von einem neu entwickelten Wankelmotor. Zu Leistung und Verbrauch hat Mazda noch keine Angaben gemacht. Auch über die Taikis Serienchancen wurde noch nichts bekannt.

Rundumschlag von Toyota

Gewöhnungsbedürftige Würfelform: Toyota Hi-CT Foto: Toyota

Toyota nutzt die Bühne in diesem Jahr, um sechs Konzeptfahrzeuge ins Rampenlicht zu setzen. Dabei dürfte Hi-CT mit seinen ungewöhnlichen Proportionen wohl die größte Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Wie ein Würfel auf Rädern kommt das kompakte Ladewunder daher: gerade mal 3,33 Meter lang, 1,70 Meter breit, aber beachtliche 1,78 Meter hoch. Die platte Nase, die Räder, die an den äußersten Karossen-Ecken sitzen, die extrem knappen Überhänge betonen die gewöhnungsbedürftige Würfelform. Ein Plug-In-Hybridantrieb bringt den ulkigen Kubus auf Trab. An ein luxuriöses Shuttle für Golfspieler erinnert die kastenförmige Studie namens RiN. RiN will mit Wohlfühl-Ambiente punkten. Schiebetüren und großflächige Fester aus grünem Glas, beheizbare Sitze und ein System, das den Sauerstoff- und Feuchtigkeitsgehalt im Innenraum regelt, sollen den Viersitzer zur mobilen Wellness-Insel machen. Wie sich die Toyota-Ingenieure den Antrieb des 3,25 Meter langen und 1,69 Meter breiten Concept Car vorstellen, wird noch nicht verraten.

Hybrid ein großes Thema

Fiat-500-Verschnitt Toyota iQ Foto: Toyota

Mit der Studie 1/X, die optisch vergleichsweise konventionell antritt und im Innenraum dem Prius ähnelt, ist die Antriebsfrage klar beantwortet: Für Triebkraft sorgt ein Plug-In Hybrid-Antrieb, der seine Speicher an jeder gewöhnlichen Haushaltssteckdose aufladen kann. Neben dem Elektromotor kommt ein 500 Kubikzentimeter-Benziner zum Einsatz. In Sachen Verbrauch könnte er wohl Traumnoten erzielen. Denn der Viersitzer ist dank seinem ultraleichten Rahmen und den Kohlefaserlaminat-Verstärkungen der Karosserie ein Leichtgewicht. Gerade mal 420 Kilogramm bringt 1/X auf die Waage. Fraglich ist, ob das für baldige die Serienreife taugt.

Mit der ultrakompakten Konzeptstudie iQ wollen die Japaner eine intelligente Lösung zum Thema „Cityflitzer“ vorstellen. Das knapp drei Meter kurze Auto bietet Platz für vier Passagiere und eine ganze Menge Gepäck. Es sieht fast so aus, als hätten sich die Japaner vom flotten Look des neuen Fiat Cinquecento inspirieren lassen. Immerhin wurde der niedliche Kleine in geografischer Nähe - vom Toyota Designstudio in Südfrankreich - entwickelt. Geht iQ in Serie, soll vor allem das junge Publikum in Europas Metropolen erobern.

Bordkino gehört zum Standard

Das Konzeptfahrzeug FT-MV zeigt, wie man sich beim japanischen Automobilbauer die Zukunft des Minivans vorstellt: Kantig, eckig, dynamisch, sportlich. Und innen richtig luxuriös - mit elektronisch verstellbaren Einzelsitzen, komfortablen Armlehnen und Fußstützen, farbigen Beleuchtungsleisten an der Decke. Ohne Bordkino muss die Familie auch nicht mehr auf Reisen gehen: Die großen, in den Sitzlehnen montierten Monitore, sorgen für Unterhaltung der Fond-Passagiere.

Zudem rollen die Japaner auf der Leistungsschau noch für eine Edel-Limousine namens Crown HV Concept den roten Teppich aus. Dass Toyotas Entwickler in den nächsten Jahren auf optimierte Hybrid-Antriebe setzten, macht auch diese Studie deutlich. Innovativ ist das «THS II System», das für reibungslose Beschleunigung bei geringem Verbrauch und entsprechend vorzeigbare CO2-Werten sorgen soll und dabei den Geräuschpegel reduziert. Experten rechnen damit, dass Crown HV bereits in der zweiten Hälfte 2008 Jahr in Serie geht.

Elektroantrieb als Alternative

Lexus LF-Xh - coupeartige SUV-Studie Foto: Lexus

Toyotas Edel-Marke Lexus stellt die coupéartige SUV-Studie LF-Xh vor. Der Hybridantrieb soll beweisen, dass SUV und Umweltverträglichkeit keine unvereinbaren Gegensätze sein müssen. Zum Umwelt-Star wird die Studie dennoch nicht avancieren: Denn unterm Blechkleid des Allradlers teilt sich der Elektromotor die Arbeit immerhin mit einem üppigen V6-Benziner. Auch die Maße der Konzept-Karosse zeigen, dass man sich hier nicht in Verzicht üben will: 4,80 Meter Länge -1,90 Meter Breite -1,65 Meter Höhe, und mit einem Radstand von 2,85 Metern wird LF-Xh wohl auch langbeinigen Geschöpfen den nötigen Reisekomfort bieten.

Nissan hat bereits 2005 mit der Studie Pivo Aufsehen erregt. Zur 40. Tokyo Motor Show bringt der experimentierfreudige Hersteller jetzt den Nachfolger Pivo II mit - einen putzigen Dreisitzer mit Elektroantrieb. Futuristisch wie die rundliche, drehbare Kabine mutet auch die «2Drive-by-wire-Technologie» an, die bei Lenkung, Bremsen und Getriebe mechanische Elemente wie Antriebswellen oder Hydraulikzylinder durch elektrische Leitungen ersetzt.

Designer dürfen sich austoben

Beim Nissan Intima ist der Innenraum zu beachten Foto: Nissan

Entschieden «normaler« zeigt sich die Konzeptstudie des Intima - hier haben sich die Nissan-Entwickler in erster Linie der Innenraumgestaltung verschrieben. Mit exklusiven Details, schmeichelnden Materialien, gefälligen Formen und raffinierten Beleuchtungskonzepten soll das Auto dem Wohnzimmer ernsthafte Konkurrenz machen. Dank der Vierzonen-Klimaautomatik mit Infrarot-Sensoren lässt sich für jeden Sitzplatz die gewünschte Temperatur einstellen. Ein »antiallergener« Luftfilter soll für bestes Raumklima sorgen - und arbeitet dafür mit aus Weintraubensamen gewonnenen Aromaverbindungen. Welche Wohnung kann da noch mithalten? Angetrieben wird die heimelige Reiselimousine von einem V6-Clean-Diesel-Aggregat.

Fun-Generation wird nicht vergessen

Nissan Round Box Foto: Nissan

Mit der kompakten Cabrio-Studie »Round Box« wird Nissan ein weiteres Highlight enthüllen. Denn mit dem 2+2 Sitzer wollen die Japaner die jüngste Käufergruppe begeistern. Dementsprechend ist der Look: ein bisschen wild und ziemlich cool - breite Schnauze, bullige Radkästen. Für die Fun-Generation haben sich die Designer neckische Details einfallen lassen. So sind kleine Gucklöcher in der unteren Türkante eingelassen, durch die Fond-Passagiere jederzeit einen Blick auf die Fahrbahn werfen können. Das dreiteilige Dach kann komplett abgenommen und in den Kofferraum gepackt werden - mehr Wind in den Haaren geht nicht. Die Reifen haben die Nissan-Ingenieure an die äußersten vier Ecken der Cabrio-Studie gesetzt. Das soll das Platzangebot maximieren und die Stabilität erhöhen. Zur Sicherheitsausstattung gehören Abstandswarner und Rundum-Kameras. Angetrieben wird die »Round Box« von einem Benzin-Direkteinspritzer mit Turboauflader, zu dem Nissan aber noch keine genaueren Angaben machte.

Ein innovatives leichtes Nutzfahrzeug hat Nissan ebenfalls im Messegepäck: Die Studie NV200. Auf dem Parkplatz lässt sich NV200 schnell mal in ein mobiles Büro verwandeln. Dazu fährt aus dem Laderaum ein innovativer Transportblock mit Schubladen und Fächern aus. Die leere Ladefläche bietet dann genügend Platz für Schreibtischarbeiten. Der schwenkbare Vordersitz wird zum Schreibtischsessel. Ein Computertisch kann aus der Seite des Fahrzeugs geklappt werden. Die Messeversion des NV200 zeigt, wie sich das Auto auf die Bedürfnisse professioneller Unterwasser-Fotografen einstellen kann: So ist der Transportbehälter in Nass- und Trockenbereiche für Tauch- und Kamerazubehör unterteilt. Selbstverständlich lässt sich das futuristische Nutzfahrzeug, wenn es denn eines Tages in Serie geht, auch für viele andere Nutzergruppen möblieren.

Futuristisches Design

Hondas Puyo Foto: Honda

Am Honda-Stand feiern zwei Konzeptmodelle Weltpremiere: CR-Z, ein leichtgewichtiger Sportwagen mit Hybridantrieb. Ein Kühlergrill in Over-Size-Format, schräge, eisblaue LED-Scheinwerfer, die steil ansteigende Gürtellinie, Doppelrohrauspuff und 19-Zoll-Felgen geben der Studie einen aggressiv-sportlichen Touch. Das Glas-Panoramadach bringt Licht und Leichtigkeit in die Fahrgastzelle. Während man sich CR-Z ohne weiteres schon heute im Straßenbild vorstellen kann, ist Puyo schon eher ein Quantensprung in Richtung Zukunft. Wie eine überdimensionierte Pausenbrotbox mit Glasdeckel sieht das Concept Car aus. Ungewöhnlich sind die weiche Karosse und die Steuerung per Joystick. Angetrieben wird Puyo von Brennstoffzelle und Elektromotor.

Bei Subaru stehen zwei Konzept-Weltpremieren ins Haus: Exiga Concept ist ein siebensitziger Großraumkombi mit sportlich-klassischen Formen. Der gläserne Autohimmel gehört inzwischen fast schon zum automobilen Standardrepertoire. Ungewöhnlicher sind da schon die nach hinten ansteigenden Sitzreihen, die allen Passagieren gute Sicht bieten sollen. Für die Fondpassagiere gibt’s kleine Klapptische - ähnlich wie im Flugzeug. Wenn’s draußen dunkel ist, soll indirektes Deckenlicht für behagliche Helligkeit sorgen. Ein 2,0-Liter-Turbo-Boxermotor mit Fünf-Gang-Automatikgetriebe bringt den allradgetriebenen Kombi auf Touren.

Batteriebetrieb bei Subaru

Subaru G4e Foto: Subaru

Dass Elektrofahrzeuge durchaus dynamisch ausschauen können, will Subaru mit seinem keilförmigen «G4e Concept2 zeigen. Das seriennahe Leichtbau-Auto bietet Platz für fünf Passagiere und ist mit modernen Lithium-Ionen-Akkus unterwegs. Die Reichweite pro Batterieladung gibt Subaru mit 200 Kilometern an.


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