Effiziente Sprünge mit Daimler

Mercedes auf dem Pariser Automobil-Salon

In der Elektromobilität läuft Mercedes gerade ein bisschen hinterher. Auf dem Pariser Salon ziehen die Stuttgarter den 125. Jahrestag des ersten Daimler deshalb schon mal vor. Dafür wird auf anderen Sektoren kräftig an der Verbrauchsschraube gedreht.

Von Thomas Flehmer

Der Pariser Autosalon steht an der Schwelle zur elektrischen Zukunft des Automobils. Vielleicht werden Verbrennungsmotoren ein letztes Mal die Hauptrolle auf einer Automesse übernehmen - vielleicht. Insofern schwanken die Ankündigungen von Daimler-Chef am Vorabend der Messe zwischen antiquiert und zukunftsgerichtet. "Wir erleben gerade die Erfindung des zweiten Automobils. Wir machen derzeit Sprünge in der Effizienz wie noch nie zuvor in der Geschichte des Automobils. Als Erfinder des Automobils übernehmen wir besondere Verantwortung für dessen Zukunft", so Zetsche traditionsreichen Premierenkino UGC Normandie auf der Prachtstraße Champs Elysees.

Nacholbedarf beim Elektroauto

Mit der neuen elektrifizierten A-Klasse mit dem Namenszusatz "E-Cell" enthüllen die Stuttgarter ein Elektroauto mit einer Reichweite von bis zu 200 Kilometern. Doch die Serienproduktion des 70 kW/95 PS starken "zweiten" Automobils lässt noch auf sich warten, zuvor wird noch die zweite Generation des Smart Fortwo Electric Drive in zwei Jahren in Serienproduktion an den Start gehen. Die französischen Mitbewerber, unter anderem auch der erst kürzlich dazugewonnene Kooperationspartner Renault, bringen bereits Ende diesen Jahres die ersten Großserien mit Elektrofahrzeugen auf den Markt.

Kein Wunder, dass die Macher in den Vorstandsetagen angesichts des etwas verschlafenen Elektrohypes den im kommenden Jahr zu feiernden 125. Geburtstag des Automobils in den Vordergrund stellten. Am 29. Januar 1886 wurde die Patenturkunde des fahrbaren Untersatzes auf den Gründervater Carl Benz ausgestellt, dessen Erbe die Urgroß-Enkel nun weiterführen möchten und weiterführen. Mit der bereits vorgestellten B-Klasse F-Cell mit Brennstoffzelle fährt das Auto vor, das von der Effizienz und Umweltverträglichkeit her noch höher bewertet werden muss als das reine Elektroauto - soweit es ungefährlichere Quellen der Wasserstoffgewinnung gibt als es die Kernkraftwerke heute noch darstellen.

Vier Zylinder für die S-Klasse

Die S-Klasse fährt demnächst auch nur mit vier Zylindern Foto: Daimler

Das Wasserstofffahrzeug bleibt also noch ein Zukunftstraum, greifbarer sind da die Stellschrauben, an denen Daimler derzeit dreht. Die neue CLS-Baureihe, wunderbar gestaltet, soll als CLS 350 BlueEfficiency gleich 25 Prozent weniger als der Vorgänger verbrauchen. Zetsche gibt den CO2- Ausstoß mit gerade mal 134 Gramm pro Kilometer an. Rund 5,1 Liter soll der 195 kW/265 PS starke Sechszylinder verbrauchen, wenn er im Januar 2011 auf den Markt kommt. Leichtbau Aerodynamik und serienmäßige Start-Stopp-Systeme sowie weitere Faktoren tragen jeweils ihr Teilchen zur Verbrauchsminderung bei.

Mit einem Tabu bricht Daimler bei der S-Klasse. Kein Zwölf-, Acht- oder Sechszylinder bedeuten demnächst den Einstieg in das Luxussegment, sondern lediglich ein Vierzylinder, der aber seine Kraft von einem bärenstarken Drehmoment von 500 Newtonmetern her zieht. Gerade mal 5,7 Liter stehen unterm Strich beim S 250 CDI und die Fahrleistungen bei der 150 kW / 204 PS starken Limousine sollen keinen Deut schlechter sein.

Verbrauchssenkung unter Druck

Die Frage ist nur, ob die finanziell potenten Kunden in diesem Segment das Modell annehmen oder wie vor Jahren bei Audi oder VW in kleineren Segmenten den Sparmodellen den Rücken zukehren. Zetsche baut vor: "Das Auto ist nicht immer ein Status-Symbol ist, aber immer ein Statement."

Ein klares Statement zur automobilen Zukunft gibt Zetsche auch noch ab: "Bis 2012 soll die gesamte Flotte weniger als 140 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Das sind 40 Prozent weniger als 1995." Immerhin 15 Jahre sind seitdem vergangenen und die freiwillige Selbstbeschränkung der Autohersteller, schon bis 2008 den Ausstoß gravierend zu senken, grandios gescheitert. Was die Selbstverpflichtung nicht schaffte, erledigt nun die veränderte Haltung der Autofahrer. Der in den letzten Monaten stark angestiegene Druck der Öffentlichkeit macht selbst dem fast 125 Jahren Alten Beine.

Gut funktionierendes Mobilitätskonzept

Smart Fortwo Electric Drive
Der Elektro-Smart kommt 2013 Foto: Smart

Nicht von ungefähr kommt deshalb die Ausweitung des Projektes Car2Go. Das Mobilitätskonzept hat in den Projektstädten Ulm und Austin in Texas eingeschlagen. "Über 30.000 Car2Go-Kunden gab es in Ulm" frohlockt der Unternehmens-Chef. Hier wurden mehrere Smart eingesetzt, die per Chipkarte am Straßenrand gemietet und danach wieder abgestellt werden konnten. Der Erfolg vereleitete die Macher dazu, nun ein eigenes Smart-Modell als Car2Go-Edition herauszugeben. Zudem soll das Projekt auf andere Städte ausgeweitet werden. Außerdem sollen elektrische Scooter und Fahrräder in ein Mobilitätskonzept eingebunden werden, wie es Peugeot seit Jahresbeginn schon anbietet.

Wenn Daimler jetzt auch noch bei der Elektromobilität die Schrauben ansetzt, kann der 125. Jahrestag wirklich würdig begangenen und die "zweite Erfindung des Automobils" auch wirklich zelebriert werden.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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