Dieselpower: Etwas weniger kann mehr sein

Wieviel Zylinder braucht ein Top-Diesel? Ob das Aggregat über sechs oder acht Brennkammern verfügen sollte, ist weit mehr als eine reine Prestigefrage.

Von Stefan Grundhoff und Stefan Zaumseil

Wenn auf der Autobahn Luxus-SUVs oder Oberklasselimousinen an einem vorbeiziehen, grollt unter der Haube immer öfter ein Dieselaggregat. Je größer das Auto, desto größer auch die Erwartungen an sportliche Fahrleistungen. Bereits seit einigen Jahren kommt man mit Sechszylinder-Dieseln kaum noch aus. Mercedes, BMW oder Audi kreierten mit großem Aufwand eine frühe Generation Achtzylinder-Selbstzünder. Zwar war die Nachfrage nicht groß, doch der Markt schrie nach mehr Leistungen. Volkswagen stattete Touareg und Phaeton kurzerhand mit einem Zehnzylinder aus und Audi kommt mit einem Q7 mit zwölf Zylindern und Commonrail-Diesel.

Doppelturbo als Lösung

Bleibt die Frage, ob acht Zylinder sein müssen, oder Leistungen von 250 bis 350 Diesel-PS auch mit einem Sechszylinder zu machen sind. Begriffe wie Registeraufladung und Doppelturbo machen seit Jahren die Runde. Denn so lassen sich die die überaus begehrten Volumendiesel der Sechszylinderklasse weiterhin nutzen. Mit einem Doppelturbo werden aus 220 so problemlos 250 oder bis zu 300 PS. Das Investment für einen Achtzylinderdiesel ist nicht zu unterschätzen. Die meisten Topdiesel haben mit den kleineren Brüdern mit zumeist vier oder sechs Brennkammern nicht viel gemeinsam. Anders machte es allein Land Rover. Da der betagte Sechszylinderdiesel des Range Rover aus ehemaliger BMW-Produktion dem mächtigen Range Rover jede Fahrfreude nahm, wurde der im Markt fest etablierte neue Sechszylinderdiesel aus gemeinsamer Entwicklung von Ford und PSA schlicht verlängert. Statt sechs Zylindern mit 2,7 Litern Hubraum hatte man mit vergleichsweise geringem Aufwand acht Zylinder mit 3,6 Litern Hubraum gemacht.

Technische Unterschiede

BMW X3sd und Range Rover Sport TD V8 - die Motoren Foto: Press-Inform

Im Vergleich gegen den omnipotenten Register-Diesel von BMW soll der Achtzylinder-Diesel des Range Rover Sport TD V8 exemplarisch zeigen, wer der bessere ist. Sechs gegen acht heißt der ungewöhnliche Vergleichskampf. Damit keine Missverständnisse aufkommen - auch BMW hat einen Achtzylinderdiesel im Programm und tritt in der Luxusklasse mit dem 745d gegen Audi A8 4.2 TDI und Mercedes S 420 CDI an. Doch technisch sind die neuen Registerdiesel von BMW die bessere Wahl. Noch in diesem Jahr kommt ein Vierzylinderdiesel mit über 200 PS auf den Markt. Schon seit Herbst 2006 zu bekommen ist die Dreiliterversion. Seine Glanzrolle spielt der drei Liter große Commonrail-Diesel mit Registeraufladung im BMW X3 sd. In der SUV-Mittelklasse ist kein Fahrzeug sportlicher als der X3 positioniert. Der 3.0sd leistet 286 PS und schöpft seine unbändige Kraft aus zwei Turboladern.

Ungleiches Duell

Das ungleiche Duell ist früh entschieden Foto: Press-Inform

Während BMWs Benziner-Twinturbo auf parallele Aufladung setzt arbeitet der sd mit einer Stufen-Aufladung. Ein kleiner Lader spricht schneller an, bringt aber nur begrenzte Mehrleistung. Ein großer Lader kann gewaltige Mengen heißer Abgase verarbeiten, setzt sich aber wegen des größeren Trägheitsmoments langsamer in Bewegung. Mit dem Twinturbo hat BMW die Lösung gefunden: Bei niedrigen Drehzahlen dreht nur die kleine ihre Runden, wird mehr Drehzahl verlangt, kommt der große Bruder dazu. Das maximale Drehmoment des 3.0sd - 580 Newtonmeter - liegt bereits bei 1750 Umdrehungen an. Der Reihensechszylinder schnurrt seidenweich und ist gerade auch bei hohen Drehzahlen extrem leise. Vor allem beim Überholen auf der Landstraße bietet der Twinturbo in Verbindung mit der serienmäßigen Sechsgang-Automatik sportwagenähnliche Fahrleistungen. Beim Überholspurt von 80 auf 120 km/h vergehen weniger als sechs Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 240 km/h. Der Sprint von 0 auf 100 geht in 6,6 Sekunden über die Bühne. Der Verbrauch des 3.0sd ist mit dem des normalen 3.0d Automatik nahezu identisch - 11,3 Liter innerorts, 8,7 Liter im Gesamtdurchschnitt lauten die Werksangaben. Real sind es knapp 9,5 Liter Diesel, die durch die Einspritzdüsen jagen.

Probleme mit dem Range

Der Range Rover Sport im Geländeeinsatz Foto: Werk

Zunächst mag es überraschen, dass der Range Rover TD V8 zwar acht Zylinder, aber nur 3,6 Liter Hubraum und gerade einmal 272 PS bietet. Kein Wunder also, dass der sonor und bullig grollende Achtzylinder im direkten Vergleich gegen den X3 3.0 sd seine liebe Mühe hat. Schließlich wiegt der Brite rund 700 Kilogramm mehr als der Bayer aus Graz. 200 kW / 272 PS und ein maximales Drehmoment von 640 Nm zeigen, dass ein anderer Wind weht, als beim nur drei Liter großen Vorgängeraggregat des Td6, der nicht einmal 180 PS an beide Antriebsachsen brachte. Mit 0 auf 100 km/h in 9,2 Sekunden, 200 km/h Spitze und einem Verbrauch von 11,3 Litern Diesel auf 100 Kilometern liegt der sportliche Range Rover jedoch nur im Mittelfeld. «Der neue Motor bietet 54 Prozent mehr Leistung und eindrucksvolle 64 Prozent mehr Drehmoment», so Land Rover Deutschland Geschäftsführer Jeffrey L. Scott.

Die Fahrleistungen sprechen insoweit klar für den Registerturbo des BMW X3 sd, der sich jedoch auch im Range deutlich schwerer tun dürfte. Nicht zu verachten ist zudem das Image. Handelt sich Land Rovers Achtzylinder gerade noch mit kaum mehr als 270 Pferden durch die Gegend, so arbeitet man ebenso wie beim kleineren 2,7d (Sechszylinder) bereits mit Hochdruck an einer Hubraumerweiterung. Dann dürften Vier-Liter- und 300-PS-Marke fallen und man spielt im Achtzylinderkonzert von Audi, BMW und Mercedes mit. Doch die Technik und der Vorteil des größeren Hubraums sind nicht nur bei schweren Fahrzeugen und beim Anhängerbetrieb wichtig. Bei Luxusfahrzeugen wie diesen geht es nicht zuletzt auch um das Image.

Größere Diesel als Aushängeschilder

Der BMW X3 Foto: Werk

Die Signale der großen Hersteller unterscheiden sich kaum. Bei Luxuskarossen und großen SUVs wird man mittelfristig wohl kaum auf Acht-, Zehn- oder Zwölfzylinder vermissen. Volkswagen bekannte sich mit der jüngsten Touareg-Modellpflege erst deutlich zum Zehnzylinder und Audi hat den Q7 V12 TDI bereits lauffähig auf der Straße. Auch bei BMW, Land Rover und Mercedes-Benz gibt es nur Kopfnicken nach der Frage nach Acht- oder Mehrzylinderdieseln. Einig ist man sich jedoch ebenso, dass das Volumengeschäft langfristig in der Vier- und Sechszylinderklasse angewickelt wird und die größeren Diesel mehr imageträchtige Aushängeschilder sind. Es geht schließlich nicht zuletzt auch um den Preis. Der BMW X3 3.0 sd startet bei 50.300 Euro und liegt damit auf Augenhöhe mit Audi Q7 3.0 TDI Quattro oder Mercedes ML 320 CDI. Mit dem Achtzylinderdiesel startet der Range Rover Sport SE bei 74.900 Euro - knapp 15.000 Euro mehr als der alte Range Rover TdV6.

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