«Die Abwrackprämie ist abgewrackt»

Presseschau zu Betrug mit Autoförderung

Was die illegale Verschiebung von vermeintlich verschrotteten Wagen anbelangt, sind sich die Kommentatoren einig: Die Regierung billigt die Praxis. Sie müsste schärfer kontrollieren lassen.

Den «General-Anzeiger» in Bonn überrascht es nicht, dass mit Autos, die eigentlich verschrottet werden müssten, noch gehandelt wird:

Man verschrotte das Altauto, wenn auch nur auf dem Papier, kassiere 2500 Euro Abwrackprämie vom allzu großzügigen Staat und verkaufe den Altbestand schließlich Gewinn bringend unter der Hand. Ein wunderbares Geschäft. Merke: Es gibt kaum ein Förderprogramm, bei dem sich der Förderer nicht austricksen ließe.

Über Moral muss man dabei ohnehin nicht reden. Wozu gibt es Regeln, wenn man sie umgehen kann. Die Abwrackprämie ist abgewrackt. Eine kriminelle Seilschaft hat sich daran bereichert. Völlig überraschend kommt auch das nicht.

Die Förderung von Kriminalität werde staatlich gebilligt, meint die «Berliner Zeitung»:

Das Gerede von der Umweltprämie war schon immer Etikettenschwindel, denn nicht zum Schutz der Umwelt werden die Autofahrer geködert, von ihrem eventuell nur wenig Sprit verbrauchenden, aber alten Kleinwagen auf einen eventuell sehr viel mehr verbrauchenden, aber bisher unverkäuflichen Neuwagen umzusteigen. Ginge es dem Gesetzgeber um Umweltschutz, dann würde er auch nicht dulden, dass die Altwagen in Afrika unabgewrackt die Luftverschmutzung fortsetzen, sondern das Abwracken kontrollieren. Doch darum ging es nicht und geht es nicht. Es geht um Wirtschaftsförderung. Die Förderung der Kriminalität, die sich damit in diesem Fall verbindet, wird stillschweigend in Kauf genommen: Was der Markt zusammengeführt hat, das soll, das will der Staat nicht scheiden.

Die «Lausitzer Rundschau» erinnert sich an die Mahnungen von Umweltverbänden:

Gewiss, Betrug ist nie auszuschließen. Aber wochenlang hat die Koalition nach der Einführung Anfang des Jahres noch am Kleingedruckten gebastelt und damit nicht nur potenzielle Neuwagen- Käufer verunsichert, sondern auch viele Kriminelle auf den Plan gerufen. Warnungen von Umweltverbänden und Sicherheitsexperten, dass die Bestimmungen über die Abwrackprämie zu massenhaftem Missbrauch einladen und die organisierte Kriminalität erfreuen würden, wurden einfach in den Wind geschlagen. Das rächt sich nun.

Kriminelle hätten freie Wahl, findet die «Westdeutsche Zeitung»

Die Löcher, die zu stopfen sind, sind bekannt und die Schwachstellen im System ebenso. Kriminelle können wählen, ob sie den Oldie über die Ostgrenze nach Polen oder via Hamburg nach Afrika verschieben. Oder erneut in Deutschland zulassen im Zeitalter des Computers gibt es bei deutschen Behörden offenbar keine Verzahnung von Abmeldung, Abwrack-Nachweis und Neuanmeldung von Kraftfahrzeugen.

Das «Mindener Tageblatt» blickt schon in die Zukunft:

Dass das Betrügen mehr als leicht gemacht wurde, zählt ebenso zu den Geburtsfehlern der Abwrackprämie wie die nicht bedachten Spätfolgen, die im Eifer des Gefechts übersehen wurden. An denen leidet jetzt schon das Reparatur- und Ersatzteile-Gewerbe, demnächst werden aber auch die zunächst noch profitierenden Händler und Hersteller kräftig daran zu knabbern haben - vorgezogene Käufe sind eben keine zusätzlichen. Die Abwrackprämie mag in der Absturz- Dramatik der Krise ihre gewünschte Stimulanz-Funktion vorerst erfüllt haben, das dicke Ende dieses wenig durchdachten massiven Markt-Eingriffs allerdings steht erst bevor.

Die «Badische Zeitung» aus Freiburg dagegen wendet sich direkt an den Bund der Kriminalbeamter:

Das Skandälchen ist eines, das die Ermittlungsbehörden betrifft, für die Herr Albishausen selbst spricht. Seine Kollegen und die des Zolls sind zuständig, derlei Betrügereien zu verhindern, was ihnen offensichtlich zu oft nicht gelingt. Sonst führen die totgesagten Wagen von hier ja nicht durch Warschau oder durch die Straßen Kairos, sondern gar nicht mehr. Herr Albishausen, übernehmen Sie! (dpa)

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