Deutsche Autobauer fertigen in den Staaten

«Made in USA»

Die Zeiten, als deutsche Autos nur aus Deutschland kamen, sind lange vorbei. Zu einem der beliebtesten Produktionsstandorte haben sich ausgerechnet die USA gemausert. Einige Modelle werden nur noch dort gebaut.

Von Daniel Schnettler

Es ist eine Ironie der Geschichte: Während die US-Autoindustrie in den vergangenen Jahrzehnten ihren Niedergang erlebt hat, zog es ausländische Hersteller massenhaft ins Land. Die Japaner haben vorgemacht, wie sich in den Vereinigten Staaten gut und günstig Autos bauen lassen, die Deutschen haben nachgezogen. BMW, Mercedes und bald auch Volkswagen haben hier eigene Werke.

«Zweites Zuhause»

«Wir glauben an Amerika als einen Produktionsstandort», sagte BMW-Chef Norbert Reithofer am Mittwoch zur Eröffnung einer 750 Millionen Dollar teuren Erweiterung des Werkes Spartanburg in South Carolina. «Die USA und besonders Spartanburg sind zu unserem zweiten Zuhause geworden.» Nirgendwo anders auf der Welt verkaufen die Bayern mehr ihrer noblen Autos; die Fangemeinde besonders an der Ost- und Westküste ist riesig.

Fast alle Geländewagen, die BMW im Programm hat, stammen künftig aus Spartanburg. Mit ihren 7600 Mitarbeitern kommt die Fabrik schon nahe an das Münchner Stammwerk heran. Reithofer lobte die gute Ausbildung und Motivation der Mitarbeiter, die Unterstützung der staatlichen Stellen sowie die Infrastruktur. In der Nähe liegt beispielsweise der internationale Flughafen Charlotte mit Direktverbindungen nach München oder Frankfurt.

Mercedes gleich nebenan

Vor allem aber dürfte es Reithofer schätzen, dass die Gewerkschaften im Südosten der USA kein Bein an die Erde kriegen. Viele Experten machen die starre Haltung der Arbeitnehmervertreter etwa bei den galoppierenden Pensionskosten mitverantwortlich für den Niedergang der «Big Three», die US-Autobauer General Motors, Ford und Chrysler. Ohne die mächtige Autogewerkschaft UAW läuft auch heute noch nichts in der traditionellen US-Autoregion Detroit.

Die deutschen Konkurrenten von BMW hat es ebenfalls in den Südosten verschlagen. Drumherum haben sich Dutzende Zulieferer angesiedelt. Für US-Verhältnisse gleich nebenan in Tuscaloosa im Bundesstaat Alabama sitzt Mercedes. Die Schwaben stellen hier mit rund 3000 Beschäftigten die in den USA beliebten Geländewagen- Baureihen M und GL her sowie die riesige R-Klasse. Ab 2014 wird hier überdies die nächste Generation der wichtigen C-Klasse gebaut.

Niedrige Lohnkosten

In Chattanooga im benachbarten Tennessee zieht Volkswagen gerade die erste US-Fabrik hoch. Vom kommenden Frühjahr an werden hier 2000 Mitarbeiter eine neue große Limousine extra für den nordamerikanischen Markt bauen - ein Prestigeobjekt des Konzerns auf dem Weg zur globalen Nummer eins. Bislang ist der Verkaufsschlager der Wolfsburger in den Staaten der mittelgroße Jetta, der günstig im mexikanischen Puebla gefertigt wird.

Auch in den USA sind die Lohnkosten im Vergleich zu Deutschland niedrig, was nicht zuletzt an geringeren Sozialbeiträgen liegt. Wenn die Wagen im Land bleiben, fällt für die Hersteller zudem das Wechselkursrisiko weg. Vielleicht am wichtigsten aber: Die Amerikaner schätzen es, wenn ein Unternehmen bei ihnen vor der Haustür produziert.

Weiter Weg

Auf diese Weise hatten bereits die Japaner und später die Südkoreaner die Herzen der US-Autofahrer gewonnen. Heute verkaufen Toyota, Honda und Co. schon fast so viele Wagen im Land wie die drei großen US-Hersteller. Bis die deutschen Autobauer bei der Stückzahl in Millionenregionen kommen, ist es aber noch ein weiter Weg. (dpa)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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