BMW arbeitet am gläsernen Auto

Die Fahrerassistenzsysteme von BMW werden immer ausgereifter. Die neueste Technik kann dem Autofahrer aber nicht die Entscheidung über den nächsten Schritt abnehmen.

Von Marc Leimann

In 99 Prozent aller Fälle kracht es auf Deutschlands Straßen, weil wenigstens ein Autofahrer nicht aufgepasst hat. Die Zahl der möglichen Fehlerquellen weiter zu verringern, das haben sich die Entwicklungs-Ingenieure von BMW zum Ziel gesetzt. Sie wollen dem Fahrer künftig noch weitere entscheidende Sicherheitsinstrumente an die Hand geben. Die «BMW Forschung und Technik GmbH», wie die zuständige Abteilung beim Münchner Autobauer offiziell heißt, sucht nach Lösungen und Systemen, die den Fahrer vorzeitig informieren und warnen und dazu beitragen, dass Unfälle komplett vermieden werden können bzw. die Unfallfolgen mindern. Dadurch soll dem Fahrer ermöglicht werden, seine physiologischen Grenzen zu kompensieren. Aber grundsätzlich gilt: die Entscheidung für ein Brems- oder Ausweichmanöver bleibt prinzipiell beim Fahrer.

Kommunikation zwischen den Fahrzeugen

Um einem klassischen Unfall im Innenstadtbereich vorzubeugen, hat BMW hier die sogenannte aktive Gefahrenbremsung entwickelt. Das System erfasst mit unterschiedlichen Sensortechnologien wie Infrarotkamera, Radar und Laserscanner die Fahrzeugumgebung. Dabei kann das System eindeutig zwischen Fußgängern, Fahrzeugen und sonstigen Objekten unterscheiden. In Sekundenbruchteilen klassifiziert das System die Objekte und entscheidet über die Sensormesswerte, ob diese relevant oder unerheblich für die Sicherheit der aktuellen Situation einzustufen sind. So können dem Fahrer Warnmeldungen mitgeteilt werden oder eine automatische, lebensrettende Gefahrenbremsung vom System veranlasst werden.

Querverkehrsassistent klärt Kreuzungssituationen

Für alle möglichen Unfalltypen hat BMW ein Warnsystem in Arbeit Foto: BMW

Einer weiteren Hauptgefahrenquelle, dem Kreuzungsunfall, wollen die BMW-Ingenieure mit dem Querverkehrs- und Ampelassistenten Herr werden. Ein Drittel aller Unfälle mit Personenschäden geschehen an Kreuzungen, weil Verkehrsteilnehmer zu spät oder gar nicht erkannt werden. Fährt ein Autofahrer in Richtung Kreuzung und wird dessen Blick versperrt, setzt der Querverkehrsassistent ein. Er erfasst die Daten anderer Verkehrsteilnehmer im Kreuzungsbereich und kann mögliche Gefahrensituationen über eine Auto-zu-Auto-Kommunikation einschätzen und entschärfen. Daten wie Geschwindigkeit, Bewegungsrichtung und Kreuzungsentfernung werden so gesammelt, verarbeitet und bei Gefahr per optischem oder auch akustischem Signal an den Fahrer weitergegeben oder in ein sanftes Verzögern umgewandelt.

Weitere Systeme in Forschung

Das Bordnetz der Zukunft Foto: BMW

Aber auch zu anderen Unfalltypen entwickeln die BMW-Ingenieure relevante Systeme. Die Kurveninfo zur Einschätzung und Warnung des Fahrers für gefährliche Kurven auf der aktuellen Routen, die Geisterfahrerinfo zur rechtzeitigen Warnung vor Falschfahrern auf dem Streckenabschnitt oder die Ampelsignalinfo zur optimalen Ausnutzung von Grünphasen sollen den Verkehr national wie international sicherer machen. Die Systeme sind heute jedoch noch nicht verfügbar, aktuell werden sie intensiv erprobt. Und möglicherweise könnten sie sich in vier bis fünf Jahren in einem Serienfahrzeug befinden.

Gleiches gilt für die Bordnetztechnologie der Zukunft. Im aktuellen 7er BMW finden sich 60 bis 70 Steuergeräte wieder. Eine Komplexität, die Mensch und Maschine an die Grenzen bringt. Die Vision von BMW ist es, das Fahrzeug gläsern zu machen und die Steuergeräte miteinander als auch das Auto mit seiner Umwelt kommunizieren zu lassen. Basis hierfür soll das Internet Protocol bilden. Dessen hoher Entwicklungsgrad und Standardisierung soll das Auto zum integrativen Bestandteil der digitalen Datenkommunikation werden lassen. Die Technologie kommt bereits beim Airbus A380 erfolgreich zum Einsatz.

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