Autobranche will Kaufanreize statt Staatskredit

Nach Merkels Angebot

Die deutsche Autobranche freut sich, dass die Bundesregierung sich ihrer Probleme annehmen will. Doch mit einer Ankurbelung der Nachfrage – etwa einer Reform der Kfz-Steuer – wäre ihr mehr gedient als mit direkten Beihilfen.

In der Krise steckten die «Big Three» der US-Automobilindustrie ohnehin schon seit langem - vor allem, weil die Amerikaner wegen steigender Spritpreise immer weniger Interesse an den großen Limousinen und Geländewagen hatten und kleinere Wagen wollten, die ihnen eher die Konkurrenz aus Asien und Europa anbot. Doch angesichts der drohenden Rezession führen die drei großen US-Autobauer General Motors (GM), Ford und Chrysler inzwischen einen Kampf ums Überleben.

Angesichts der existenzbedrohenden Lage hat die US-Regierung reagiert und vor kurzem einen zinsgünstigen Hilfskredit in Höhe von 25 Milliarden Dollar gewährt. Mit dem Geld sollen die Hersteller offiziell neue, sparsamere Antriebstechniken entwickeln, um den Benzinverbrauch zu senken. Doch Experten gehen davon aus, dass die «Big Three» den Kredit vor allem für ihre Liquidität brauchen, da sie Milliardenverluste schreiben. Laut «Financial Times Deutschland» verbrennen GM und Ford pro Monat jeweils rund eine Milliarde Dollar.

In Europa - und speziell im Autobauer-Land Deutschland - schaut man kritisch auf die US-Hilfen und will da nicht zurückstehen. Da im Angesicht der Krise die Bundesregierung ihre Schatulle sowieso schon geöffnet hat, stellt sie nun auch den deutschen Autoherstellern Hilfen in Aussicht. Konkrete Summen hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zwar nicht genannt, aber die angedeutete Maßnahme mit der «massiven Stützung» der US-Konkurrenz durch Washington begründet.

Nun hatte die Regierungschefin vermutlich mit tosendem Applaus aus Wolfsburg, München, Ingolstadt und den beiden Stuttgarter Stadtteilen Untertürkheim und Zuffenhausen gerechnet. Doch die Reaktion ist eher verhalten. Zwar hatten Hersteller wie etwa Volkswagen beunruhigt auf den US-Staatskredit reagiert, weil sie fürchten, dadurch benachteiligt zu werden. Doch zugleich gibt sich die deutsche Branche stabil: Die deutschen Autobauer seien stark genug, um die Absatzkrise in den USA aus eigener Kraft zu überstehen, betonte der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann.

Besser Kaufreize anbieten

Nun schlägt auch der VDA-Chef Hilfe nicht aus und begrüßt durchaus Merkels Vorstoß - allerdings denkt Wissmann eher an indirekte Hilfe. Denn im Gegensatz zu den US-Herstellern haben ihre deutschen Pendants nicht mit einer verfehlten Produktpalette zu kämpfen, die nun mühsam auf den Marktbedarf umstrukturiert werden muss. Hierzulande macht eher die schleppende Nachfrage an sich zu schaffen - in Deutschland beträgt das Durchschnittsalter der Autos mehr als acht Jahre - Tendenz weiter steigend.

Deshalb plädiert Wissmann vielmehr dafür, die Nachfrage von staatlicher Seite anzukurbeln. Er spricht sich etwa dafür aus, zinsverbilligte Kredite beim Kauf neuer schadstoffärmerer Fahrzeuge zu gewähren oder Umweltprämien zur Verschrottung von Altautos zu zahlen. Ähnlich äußert sich auch der Branchenfachmann Ferdinand Dudenhöffer. Er lehnt Subventionen direkt an die Hersteller ab: «Unser Steuergeld ist zu schade, um es derart zu verpulvern», sagte er der «Frankfurter Rundschau».

Stattdessen müsse die Regierung endlich in Brüssel verbindliche CO2-Obergrenzen durchsetzen und zudem die geplante Reform der Kfz-Steuer voranzubringen, fordert Dudenhöffer - der Entwurf sei in Berlin offenbar klammheimlich in einer Behördenschublade verschwunden. Dabei geht es darum, Autos künftig nicht mehr nach Hubraum sondern nach dem Ausstoß von Kohlendioxid zu besteuern. Das könnte den Neuwagen-Absatz anheizen.

Frankreich prescht vor

Auch Wissmann fordert die rasche Umstellung der Kfz-Steuer auf eine CO2-Basis. Das sei «unverzichtbar und allen anderen Instrumenten vorzuziehen», sagte der VDA-Chef. Allerdings stehen Merkel und die deutsche Autobranche in Zugzwang. Schließlich ist man in anderen europäischen Ländern weniger zögerlich, wenn es um Staatsbeihilfen geht.

Frankreich hat seinen Autobauern schon Hilfen versprochen, und Fiat-Chef Sergio Marchionne hatte schon vorige Woche ein EU-Hilfsprogramm in Höhe von 40 Milliarden Euro für die Entwicklung spritsparender Fahrzeuge nach US-Vorbild verlangt - um Chancengleichheit herzustellen. Diese Forderung hatte der europäische Verband ACEA sogleich aufgegriffen.

Die EU-Kommission wies das Ansinnen aber zurück: Die Gewährung niedrig verzinster Kredite sei Sache der Mitgliedstaaten. Die deutschen Autohersteller geben sich zunächst zurückhaltend, wie eine Umfrage des «Handelsblatts» ergab: Erst müsse abgewartet werden, ob und unter welchen Konditionen ein solches Hilfspaket aufgelegt werde. Ein BMW-Sprecher sagte der Wirtschaftszeitung, wichtig sei derzeit vor allem, dass die Branche in Europa klare Rahmenbedingungen bekomme.

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