50 Jahre rote Fahne

Chinesische Luxusmarke Hongqi

Chinesen lieben europäische Autos – besonders Luxuslimousinen. Doch wer wirklich etwas auf sich hält, lässt sich mit einem Hongqi durch die Straßen von Peking chauffieren.

Von Stefan Grundhoff

Die Volksrepublik China gilt in Europa als Land der Massen, automobilen Plagiate und VW-Anhänger. Kein anderer Hersteller drückt dem chinesischen Automobilmarkt derart den Stempel auf, wie die Wolfsburger. Doch China hat eine langjährige, eigene Autotradition. Vor einem halben Jahrhundert lief in Changchun bei „First Automotive Works“ das erste chinesische Auto namens Rote Fahne vom Band. Die Marke ist bis heute das höchste der chinesischen Volksgefühle. Parteiobere, Geschäftsleute und Politiker lassen sich nach wie vor in einem Modell Marke „Rote Fahne“ chauffieren. Stolz tragen die zumeist schwarzen Luxuslimousinen eine rote Kunststofffinne auf der Motorhaube - die wird im Dunkeln illuminiert und gibt dem Publikum offenkundig zu verstehen: hier kommt jemand wirklich wichtiges.

Luxus aus eigener Produktion

Obwohl die Volksrepublik China sich zunehmend zu einer der bedeutendsten Wirtschaftsregionen der Welt aufschwingt, ist es mit der Massenmobilität noch nicht weit her. Während sich reiche Chinesen seit Jahr und Tag in Luxuslimousinen aus zumeist ausländischer Produktion chauffieren lassen, bewegen sich viele Chinesen noch per Fahrrad, zu Fuß oder gar mit Eselskarren fort. Auch im Land der allgegenwärtigen Gleichheit sind einige etwas gleicher und tragen ihren Wohlstand selbstbewusst zur Schau. Gerne auch in einer Luxuslimousine namens Hongqi aus heimatlicher Produktion.

Komplette Ausstattung

Durchaus Luxus -der Hongqi Foto: press inform

Zumindest was Design und Ausstattung betrifft, müssen die aktuellen Topmodelle HQ 430 und HQ 300 den Vergleich mit der übermächtigen Luxuskonkurrenz aus Japan, Europa oder den USA nicht scheuen. Die aktuelle HQ-Baureihe basiert auf dem Toyota Crown Majesta. Elektrische und vollklimatisierte Ledersitze genießen die Insassen ebenso wie Xenonlicht, Nachtsichtassistent, Navigation, DVD-Entertainment und eine komplette Sicherheitsausstattung mit ESP, ABS und zahlreichen Airbags. Das 4,97 Meter lange Topmodell HQ präsentiert sich eleganter denn je und hat jeden Retrocharme abgelegt. Jahrzehntelang präsentierten sich die Luxuslimousinen aus chinesischer Entwicklung als wenig ansehnliche Designmischung aus den Autoländern UdSSR, USA und Europa. Mittlerweile würde ein Hongqi auch auf deutschen oder japanischen Straßen eine gute Figur machen und selbst in Italien oder den Vereinigten Staaten gäbe es für die stimmige Luxuskomposition aus gefälligen Formen und einem gesunden Designselbstbewusstsein Szenenapplaus. Doch nach wie vor wird die chinesische Luxusmarke allein innerhalb der eigenen Landesgrenzen verkauft.

In der Spitze 235 km/h

235-km/h schnell - der Hongqi Foto: press inform

Dabei dürfte selbst die Motorisierung Kunden in Markt- und Planwirtschaft gleichermaßen zufriedenstellen. Denn auch wenn das Tempolimit in China bei gerade einmal 100 km/h liegt, so genießen Politiker den Freifahrtschein. Andere können sich die Tempoüberschreitungen jederzeit leisten. Ein Punktesystem fehlt und bei Tempo 200 auf der Autobahn sind umgerechnet gerade einmal 20 Euro fällig - wenn man erwischt wird. Da trifft es sich gut, dass bereits der HQ 300 mit einem drei Liter großen V6-Motor mit 170 kW / 231 PS und 300 Nm ausgestattet ist. Das reicht locker für 235 km/h und einen Spurt 0 auf 100 km/h in 8,7 Sekunden. Sein Preis: rund 50.000 Euro. Die meisten Hongqi werden jedoch mit dem größeren Achtzylinder befeuert. Der 4,3 Liter große Achtzylinder des HQ 430 mit Toyota-Genen stellt dem Fahrer für 70.000 Euro eine Leistung von 206 kW / 280 PS und eine Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h zur Verfügung. Der Durchschnittsverbrauch von 11,3 Litern Super auf 100 km/h ist nicht einmal von nebensächlicher Bedeutung.

Rote Fahne im Gelände

Luxuslimousinen für Geschäftsleute und Politiker gibt es bereits seit einem halben Jahrhundert. Ab Herbst können chinesische Patrioten jedoch auch mit einer Roten Fahne ins Gelände verschwinden. Der Hongqi-Geländewagen wandelt auf den Spuren von Cadillac Escalade oder Porsche Cayenne. Fünf Meter lang und betont kraftvoll gestylt wird er sogar von einem Zwölfzylinder mit über 400 PS und 500 Nm maximalem Drehmoment angetrieben. Obligatorisch ist auch der Nobel-SUV mit der roten Kunststofffinne auf der Motorhaube ausgestattet. Ist wohl nur eine Frage der Zeit, wenn die Luxusmarke Hongqi auch auf anderen Weltmärkten zum Angriff auf Audi, Mercedes, Lexus oder Cadillac bläst.

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