Audi S8: Auf Nachfrage nur vier Zylinder

"Bedarfsgerechtes Downsizing"

Audi S8: Auf Nachfrage nur vier Zylinder
Beim neuen Audi S8 werden bei Bedarf Zylinder abgeschaltet © Audi

Es ist keine neue Erkenntnis. Bei „Cylinder on demand“ sorgen aber zwei Innovationen bei Audi für ein komfortables Vorankommen während der Zylinderabschaltung.

Von Thomas Flehmer

Es ist wie mit der Mode: Nach längeren Jahren Pause kommen Trends wieder ganz aktuell hervor, die unsere Eltern bereits getragen haben. Nachdem in den späten Siebzigern, Anfang der achtziger Jahre in den USA eine Zylinderabschaltung en vogue war und auch ein paar deutsche Hersteller sich an dem Projekt versuchten, wurde die Technik in die Mottenkiste gepackt. Gut 30 Jahre später, in denen Verbrauchssenkungen und Flottenverbräuche auf der Tagesordnung stehen, hat nun Audi den Griff - abseits von Elektroauto und Hybridisierungen - in die Mottenkiste gewagt und mit technischen Neuerungen gepaart. "Wir können nicht von heute auf morgen auf Elektroautos umsteigen", sagt Michael Dick, Vorstand Technische Entwicklung bei Audi, "'Cylinder on demand' ist aber ein Schritt in die Richtung."

Andere Liga als Zehnzylinder

"Cylinder on demand" – "Zylinder auf Nachfrage" – heißt bei Audi die neue Zylinderabschaltung, die mit dem ebenfalls neuen 4.0 TFSI V8-Benzinmotor zunächst im S6, S7 und S8 eingesetzt wird. Der Achtzylinder-Turbo ersetzt den Zehnzylinder-Saugmotor und verbraucht bis zu 23 Prozent weniger als das Vorgängeraggregat. Dafür stehen dem Motor im S8 mit 382/520 PS und einem zwischen 1700 und 5500 Umdrehungen anliegenden Drehmoment von 650 Newtonmetern mehr Leistung zur Verfügung. S6 und S7 müssen sich bei identischer Hubraumzahl mit 309 kW/420 PS und 550 Newtonmetern zwischen 1400 und 5200 Umdrehungen begnügen. "Der V8 spielt in einer anderen Liga als der Zehnzylinder", nimmt Motorenentwickler Christian Brinkmann allen denjenigen den Wind aus den Segeln, die größeren Hubraum bevorzugen.

Drei Stufen gibt es beim Programm. Bei der Beschleunigung arbeiten alle acht Töpfe, im konstanten Vortrieb werden vier Zylinder deaktiviert, an der Ampel setzt das Stopp-Start-System alle Zylinder matt. Unmerklich geht dabei der Wechsel von acht auf vier Zylinder oder von vier auf acht Zylinder vonstatten. Lediglich im Kombiinstrument wird angezeigt, dass der Fahrer verbrauchsgünstig unterwegs ist. Michael Dick nennt diesen Vorgang "bedarfsgerechtes Downsizing".

Zwei Komponenten sorgen beim Audi S8 für Komfort

Die aktiven Motorlager verhindern unkomfortable Schwingungen im Audi S8 Audi

Zwei Komponenten sorgen dabei dafür, dass die Umschaltung unmerklich vor sich geht. Die Active Noise Control (ANC) reguliert den Geräuschpegel, die aktiven Motorlager – Active Engine Mounts (AEM) genannt – steuern die durch die Abschaltung veränderten Zündfolge sowie die veränderten Schwingungen. Zwei Lager sind rechts und links am Motor befestigt und senden Informationen an ein zusätzliches Steuergerät, sodass der Motor auch mit nur vier Zylindern rund läuft.

Im Innenraum senden vier über den vier Sitzplätzen angebrachte Mikrofone den Geräuschpegel zu einer Regeleinheit der aktiven Geräusch-Kontrolle, die die Informationen über die Lautsprecher der Multimedia-Anlage so in den Innenraum zurückgibt, sodass die Insassen keinen Unterschied vernehmen. "Die Umschaltphase dauert zwischen 200 und 500 Millisekunde", sagt Brinkmann. Das Drehmoment bleibt während dieser Umschaltphase gleich.

Audi kontert europäischen Fahrzyklus

Doch bestimmte Voraussetzungen müssen dabei erfüllt sein, ehe umgeschaltet werden kann. Der Wagen muss mindestens im dritten Gang fahren, die Kühlwassertemperatur wenigstens 30 Grad haben und die Drehzahl zwischen 960 und 3500 Umdrehungen pro Minute liegen. Kontraproduktiv wären Umschaltphasen, die lediglich zwei bis drei Sekunden dauern. "Dadurch würde der Verbrauch wieder steigen", so Brinkmann.

Um das zu verhindern, werden elektronisch anhand des Fahrverhaltens bestimmte Indikatoren gemessen. Anscheinend mit Erfolg, denn während eine Einsparung im auf Rollen gemessenen europäischen Fahrzyklus (NEFZ) lediglich eine Einsparung von 5,5 Prozent ergab, wurden in ersten Alltagstests gar 8,5 Prozent eingespart. In der Regel ist der Verbrauch beim alltagsuntauglichen NEFZ-Zyklus deutlich niedriger als im normalen Straßenverkehr. "Wir konnten auf einer Strecke von Neckarsulm nach Spanien fast 60 Prozent mit lediglich vier Zylindern zurücklegen", sagt Brinkmann.

Gewöhnungsbedürftiges Herantasten an die Zylinderabschaltung

Der 4.0 TFSI-Turbobenziner, der den Audi S8 antreibt Audi

Eine so große Prozentzahl konnte auf der Teststrecke rund um Ingolstadt mit vielen Ampeln und Verkehrsteilnehmern nicht erreicht werden. Sicher, dass Stopp-Start-System funktionierte reibungslos. Und hinter einem LKW auf der Landstraße leuchtete dann auch der Verbrauchsanzeiger im grünen Bereich und zeigte zugleich an, dass nun vier Zylinder abgeschaltet sind. Doch schon beim kleinsten Gasbefehl erlosch die Anzeige sofort.

Anders soll es auf den langen Autobahnstrecken sein, wenn der Tempomat eingestellt ist. "Dann", so Brinkmann, "schaut der Fahrer auch nicht so häufig danach, ob vier lediglich Zylinder arbeiten. Dann stellt sich das Gefühl von ganz alleine ein." Erfahrung ist also gefragt, die dann diejenigen machen können, die demnächst einen S8 ordern.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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