Polizei startet erneuten Blitzmarathon

ADAC fordert Transparenz

Polizei startet erneuten Blitzmarathon
Nicht immer wird zu schnelles Fahren bestraft © dpa

Mit dem zweiten Blitzmarathon am Donnerstag sollen die Autofahrer zu dauerhaftem vorsichtigen Fahren aufgefordert werden. Der ADAC fordert dabei Transparenz. Und nicht jeder Bußgeldbescheid muss bezahlt werden.

Die Radargeräte und Laserpistolen sind justiert - die Polizei bläst erneut zur bundesweiten Jagd auf Temposünder. Mehr als 13.000 Polizisten werden ab Donnerstagmorgen beim zweiten bundesweiten «Blitz-Marathon» im Einsatz sein, um 24 Stunden lang Millionen Autofahrer in Deutschland zu kontrollieren. An 7500 Stellen im Bundesgebiet wird geblitzt und gelasert.

Bei der ersten bundesweiten Großaktion dieser Art waren im Oktober 2013 trotz umfangreicher Vorwarnungen und Bekanntgabe der Kontrollstellen 83.000 Autofahrer als zu schnell erwischt worden - drei Millionen wurden kontrolliert. Erneut wollen alle 16 Länder und Stadtstaaten mitmachen.

Drastischer Anstieg bei Todesopfern

Mit dem Blitzlicht-Gewitter stemmt sich die Polizei in diesem Jahr gegen die Trendwende, die sich bei der Zahl der Verkehrstoten abzeichnet. Nach jahrzehntelangem Rückgang und historischem Tiefstand im Jahr 2013 war im ersten Halbjahr dieses Jahres erstmals wieder ein Anstieg bei den Todesopfern auf den Straßen registriert worden - und zwar um deutliche 9,5 Prozent.

Mit den flächendeckenden Kontrollen sollen die Autofahrer daher zu dauerhaft vorsichtigerem Fahren aufgefordert werden: «Geschwindigkeit ist bundesweit der Killer Nummer Eins. Jeder dritte Verkehrstote ist Opfer von zu hoher Geschwindigkeit», mahnt NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD), der auch Vorsitzender der Innenministerkonferenz ist.

Regionale Schwerpunkte bei Standorten

Die Anzahl der Todesopfer ist deutlich angestiegen Dekra

In Nordrhein-Westfalen waren diesmal Kinder aufgerufen, die Stellen zu benennen, an denen aus ihrer Sicht kontrolliert werden sollte. In den ostdeutschen Bundesländern soll die Raserei nach Disco-Besuchen Schwerpunktthema sein, kündigte der Präsident der Deutschen Verkehrswacht, Kurt Bodewig, an. Jedes Bundesland setzt seinen eigenen Schwerpunkt.

Die Quote der Tempoverstöße war beim ersten Blitz-Marathon geringer als bei den regulären Kontrollen üblich. Die höchste Quote an Tempoverstößen stellte die Polizei in Schleswig-Holstein fest. 5,8 Prozent waren dort zu schnell. Vergleichsweise rasant unterwegs waren auch viele Autofahrer in Sachsen (4,4 Prozent) und im Saarland (4,3). Wesentlich gemächlicher ging es in Hamburg zu, wo die Polizei nur ein Prozent der kontrollierten Autofahrer zur Kasse bitten musste - das war die niedrigste Quote.

ADAC kontert Abzocke-Vorwurf

Beim ersten Blitz-Marathon waren fast 15.000 Polizisten an mehr als 8600 Stellen an den Straßenrändern postiert. Die Wiederholung fällt also etwas kleiner aus. Damals waren traurige «Gewinner» des «Blitz-Marathons» zwei Autofahrer auf der Autobahn 1 bei Schwelm in NRW: Sie rasten mit jeweils Tempo 250 statt der erlaubten 120 Stundenkilometer in die Kontrolle.

Nicht jeder erkennt den Sinn der Aktion und wirft den Behörden "Abzocke" vor. Doch selbst der ADAC, der zumeist auf Seiten der deutschen Autofahrer steht, sieht in dem Marathon "einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Verkehrssicherheit. Durch die breite öffentliche Ankündigung der Maßnahmen wird der Einfluss der Geschwindigkeit auf den Brems- und Anhalteweg sowie die Folgen von Verkehrsunfällen über einen längeren Zeitraum thematisiert."

Nicht jeder Bußgeldbescheid ist wirksam

Die Polizei misst mit der Laserpistole die Geschwindigkeit
Bei unscharfen "Blitzer-Fotos" einspruch einlegen dpa

Zugleich fordert der Verkehrsclub Transparenz, Information und Aufklärung in der Verkehrsüberwachung, um gerade dem Vorwurf der Abzocke entgegenzutreten, wie der ADAC mitteilte. Die Transparenz ist gegeben: Die Standorte der Blitzgeräte werden regional bekannt gegeben.

Wer dennoch in einer Radarfalle landet, kann laut der Advocard Rechtsschutzversicherung bis auf die Personenangaben Angaben zur Geschwindigkeitsübertretung sowie zu den Gründen verweigern. Zudem kann der Bußgeldbescheid unwirksam sein, wenn er erst drei Monate nach der Geschwindigkeitsübertretung zugestellt wird. Dann ist die Verjährung eingetreten. Auch ein unscharfes "Blitzer-Foto" kann dazu führen, nicht zahlen zu müssen. "In einem solchen Fall können Sie Einspruch bei der zuständigen Behörde einlegen", so Anja-Mareen Decker, Leiterin der Advocard-Rechtsabteilung.

Rechtliche Hürden für Radarwarner und Apps

Zudem können technische Fehler an der Messanlage, ein fehlender Eichschein, falsche Bedienung, oder die Bedienung durch Personen ohne Eignung/Schulung zu einer Ungültigkeit führen. In jedem Fall aber muss der Einspruch innerhalb von zwei Wochen getätigt werden.

Wer sich mit einem Radarwarner vor möglichen Bußgeldern schützen möchte, sollte vorsichtig sein. Zwar ist der Besitz gestattet, doch die Nutzung während der Fahrt verboten. Dann werden 75 Euro sowie ein Punkt in Flensburg fällig – egal, ob man zu schnell unterwegs war oder nicht. In einer rechtlichen Grauzone befinden sich Apps, die vor Blitzern warnen. Diese dürfen vor Fahrtantritt oder während einer Fahrpause benutzt werden, aber nicht während der Fahrt. (AG/dpa)

Vorheriger ArtikelTaxikonkurrent Uber darf wieder Fahrgäste vermitteln
Nächster ArtikelRenault-Studie EOLAB auf den Spuren des VW XL1
Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

Keine Beiträge vorhanden