Mit mehr Sicht zu mehr Sicherheit

Zulieferer ZF unterwegs zur Vision Zero

Mit mehr Sicht zu mehr Sicherheit
ZF arbeitet an neuen Generationen von Kamerasystemen

Auf dem Weg zum unfallfreien Fahren nehmen Kameras eine wichtige Funktion ein. Der Zulieferer ZF bereitet sich mit neuen Kamerasystemen auf das autonome Fahren vor.

Von Thomas Flehmer

Die Zeit drängt - langsam. Fahrerlose Autos sollen nach Berechnungen des Zulieferers ZF in den kommenden vier bis sechs Jahren auf den Markt kommen. “Wir werden neue Kundengruppen erschließen bis hin zu einem komplett neuen Businessmodell”, sagt Christophe Minster.

Auf dem Weg zum fahrerlosen Fahren steckt der Portfolio-Direktor der Fahrsicherheitssysteme bei ZF die Etappen bis 2025 ab. Bis 2021 erfolgen Tests und Feldversuche, zwischen 2019 und 2025 werden Robotaxis in bestimmten Zonen “in großen Städten wie London, Paris oder Berlin unterwegs sein”, wie Minster weiter ausführte.

Robotaxis bald auf den Straßen

Wie schnell diese Robotaxis unterwegs sind, konnte Minster noch nicht sagen, doch seien 60 km/h kein Problem. “Und mit den wachsenden Zielen werden auch die Geschwindigkeiten ansteigen.” Hauptziel sei aber ein Verkehr ohne Unfälle sowie ohne Emissionen.

Um die unfallfreie Fahrt zu gewähren nehmen Radar-, Lidar- oder Kamerasysteme einen großen Platz ein. Sie tasten die nahe und entferntere Umgebung ab und senden die Informationen über den jeweiligen Straßenzustand an die Steuergeräte. “Wir brauchen alle drei Systeme für das autonome Fahren, um fixe oder bewegliche Personen oder Gegenstände erkennen zu können”, sagt Minster.

Tricam mit verschiedenen Reichweiten

Die Kamera besteht aus 420 Einzelteilen
Die Kamera besteht aus 420 Einzelteilen ZF

Um die Kameratechnik in die Moderne zu überführen, entwickelt ZF die neuste Generation der unternehmenseigenen S-Cam sowie eine TriCam, also drei eigenständige Kameras in einem Gehäuse, die mit verschiedenen Reichweiten bis zu 300 Metern Entfernung eigenständig arbeiten und die Informationen dann bündeln.

“Kameras für Fahrzeuge sind keine gewöhnlichen Kameras”, sagt Robin Finley, “sie müssen hohe Anforderungen an die funktionale Sicherheit erfüllen und unter allen Bedingungen funktionieren. Finley ist Leiter des englischen ZF-Werkes in Peterlee nahe Sunderland, dass als eines von weltweit drei ZF-Werken auf die Produktion dieser Kameras spezialisiert ist.

904 Mitarbeiter fertigen im Nordosten von England rund 33.000 Einheiten der aktuellen Kamerageneration S-Cam 3, die aus rund 420 Einzelteilen besteht und den Fahrer vor Kollisionen warnte sowie den Abstand zu vorausfahrenden Fahrzeugen ebenso einhält wie die Fahrt in der Spurmitte.

ZF investiert 34 Millionen Euro in das Werk Peterlee

Das ZF-Werk in Peterlee
Das ZF-Werk in Peterlee ZF

Doch wie im konventionellen Fahrzeugbau stehen immerwährend Weiterentwicklungen an. 2018 soll die S-Cam 4,6, ein Jahr später die S-Cam 4,7 folgen. Und 2020 folgt dann schon die fünfte Generation des Systems, wie Minster sagte.

Um den Fortschritt zu gewährleisten hat ZF nicht nur rund 34 Millionen Euro in das existierende Werk, das 1988 von TRW eröffnet wurde. Der amerikanische Zulieferer wurde 2015 von ZF übernommen, das Know How der Mitarbeiter blieb. Doch ZF holt sich weitere Hilfe von außerhalb und hat Partnerschaften mit Startups und Firmen wie Mobileye gebildet. Der Elektronikriese steuert für die S-Cam 4 den so genannten EyeQ4-Prozessor bei, der die Rechenleistung des Systems verachtfacht und so eine leistungsstärkere Objekterfassung ermöglicht.

100-prozentige Sicherheit gewährleistet

Noch steht aber in Peterlee die Halle für das neue System lediglich im Rohbau da. Die Mitarbeiter produzieren noch die Einheiten für die aktuelle Generation. Neben der Zusammensetzung der einzelnen Kamerateile per Hand werden die Platinen PCB (Printed Circuit Board) maschinell verlötet und gefertigt. Ob die jeweiligen Komponenten dann die jeweils nächste Produktionsstufe erreichen, zeigt sich sich immer wieder bei verschiedenen Tests. So wird zum Beispiel die Schärfe der Linsen vor und nach der Zusammensetzung getestet.

Auch die PCB werden auf ihrer etwa neunminütigen Produktionsfahrt durch diverse Fertigungsmaschinen immer wieder getestet. Beim Rundgang durch das Werk erreichten die Platinen eine Quote von über 99,9 Prozent. Von den in diesem Zeitraum 2231 gefertigten Einheiten wurden ganze zwei aussortiert - zwei. "Jedes Teil muss 100-prozentig funktionieren, sonst verlässt es nicht die Fabrik”, sagt der leitende Ingenieur Aidan Barber während des Rundgangs durch das Werk. Denn auch wenn die Zeit drängt, nimmt die Sicherheit, die nur bei 100 Prozent gewährleistet ist, die höchste Priorität ein auf dem Weg zur Vision Zero.

ZF auf der IAA 2017

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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