Zetsche stellt sich Kritikern und bekennt sich zu Klimazielen

Bundesparteitag der Grünen

Zetsche stellt sich Kritikern und bekennt sich zu Klimazielen
Daimler-Chef Dieter Zetsche bei seiner Rede bei den Grünen. © dpa

Der Auftritt von Dieter Zetsche auf dem Grünen-Parteitag war umstritten. Doch letztlich trat der Daimler-Chef in Münster auf – und musste sich bereits im Vorfeld einige Kritik von Parteichefin Simone Peter anhören.

Daimler-Chef Dieter Zetsche hat schon vor seinem mit Spannung erwarteten Auftritt auf dem Grünen-Parteitag kräftigen Gegenwind bekommen. Parteichefin Simone Peter vom linken Flügel hielt ihm am Sonntag in Münster das militärische Engagement des Autobauers vor: «Eine halbe Milliarde Umsatz mit Militärfahrzeugen ist immer noch 500 Millionen zu viel», sagte sie zum Auftakt der Debatte über Verkehr und Klimaschutz. Mit zögerlichen Investitionen in Elektroautos und Tricks bei den Schadstoffwerten riskierten die Automobilkonzerne «radikale Brüche und Arbeitsplätze».

Zuvor hatte es Protest gegen die Einladung Zetsches gegeben. Parteitagsanträge, ihn doch nicht sprechen zu lassen, fanden aber keine Mehrheit. Der Gastauftritt von Zetsche hat Parteichef Cem Özdemir den emotionalsten Auftritt des Parteitags beschert. «Wovor haben wir Angst?», rief Özdemir am Sonntag in Münster den Delegierten zu, von denen viele den Autoboss am liebsten wieder ausgeladen hätten. «Wir haben doch die Argumente.» Es sei ein Kompliment für die Grünen, wenn einer der wichtigsten Konzernlenker zu ihnen komme, um über die Zukunft zu reden, sagte er vor dessen Auftritt. Klimaschutz sei nicht verhandelbar. Die leidenschaftliche Rede erntete begeisterten Applaus, viele Grüne klatschten im Stehen. Özdemir will Spitzenkandidat für die Bundestagswahl werden, darüber stimmt die Grünen-Basis ab.

Protest der Grünen Jugend

Zetsche erschien bei den Grünen ohne Krawatte, in Jeans und Sneaker. Für seine Rede bekam er freundlichem Applaus und am Ende nur vereinzelte Buhrufe. Die Grüne Jugend hatte Zetsche zum Start seiner Rede im Saal mit einem Aufmarsch empfangen. Der Parteinachwuchs hielt Protestplakate in die Höhe und trug aufgeklebt den berühmten Zetsche-Schnäuzer. «Einigen von Ihnen steht das richtig gut», sagte der Manager und wartete ab, bis der Nachwuchs von der Parteitagsregie freundlich wieder zur Seite gebeten wurde.

Zetsche bekannte sich in seiner Rede zu den vereinbarten Klimaschutzzielen und betonte Übereinstimmungen mit den Forderungen des Grünen-Vorstands. «Die Grünen sagen, dass die Automobilindustrie nur überleben wird, wenn sie ein emissionsfreies Fahrzeug entwickelt. Das sehe ich genauso», sagte Zetsche zu den Delegierten. Applaus im Saal. Zu dem Umstand, dass sein Auftritt im Vorfeld umstritten war, er aber trotzdem erschien, sagte der Daimler-Chef. "Wenn heftig gestritten wird, ob man miteinander sprechen darf, ist das vielleicht der beste Beleg, dass man miteinander sprechen sollte.

Grüne Protest Zetsche neu Aufmacher dpa
Protest von Teilen der Grünen Jugend dpa

Das im vergangenen Jahr abgeschlossene Pariser Klimaschutzabkommen bezeichnete Zetsche als wichtigen Erfolg der Staatengemeinschaft. "Die Welt hat sich damit auf den richtigen Weg gemacht. Denn die Dekarbonisierung der Industriestaaten ist notwendig. Und ja, auch die Autoindustrie wird weiterhin ihren Beitrag leisten." Dabei sagte Zetsche indes auch, dass der Autobestand aufgrund der weltweiten Nachfrage weiter steigen werde. "Deshalb ist genauso klar, dass wir die Emissionen jedes einzelnen Fahrzeugs weiter senken müssen. Wir stellen uns unserer klimapolitischen Verantwortung."

Zu der Kritik, dass die deutsche Autoindustrie zu wenig für die nachhaltige Mobilität tue, entgegnete Zetsche: "Wer die hiesige Automobilindustrie grundsätzlich für Schnarchnasen hält, der hat vielleicht übersehen, dass in Westeuropa bereits gut jeder zweite Elektro-Pkw aus deutscher Produktion stammt. Aber damit kann ich umgehen. Ich bin seit 40 Jahren im Geschäft, und ich habe in dieser Zeit kein Jahr erlebt, in dem es nicht hieß: Die deutsche Autoindustrie hat alles verschlafen."

Verbot von fossilen Verbrennungsmotoren

Cem Özdemir und Dieter Zetsche
Cem Özedemir und Dieter Zetsche (r.) dpa

Der Chef der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, begrüßte grundsätzlich die Forderung der Grünen nach einem Verbot für Neuzulassungen von Autos mit Verbrennungsmotoren ab 2030. Man müsse aber differenzieren - es gebe Motoren, die schneller von der Straße müssten. Gasmotoren könnten dagegen für eine Übergangszeit hilfreich sein. So fordern die Grünen auch kein generelles Verbot des Verbrennungsmotors, sondern sie sprechen sich für ein Verbot des fossilen Verbrenners aus, wie Grünen-Fraktionschef Toni Hofreiter zuletzt bei einer Veranstaltung seiner Partei in Berlin sagte.

Das die Grünen mit ihrer Forderung nach einem Stopp für Verbrennungsmotoren einen Crash der Autoindustrie provozieren, wurde von Hofreiter zu Wochenbeginn in einem Interview mit der Autogazette verneint. „Nein, die Autoindustrie provoziert den Crash, wenn sie an der alten Technologie festhält“, sagte Hofreiter, der hinzufügte. „Wenn die deutsche Autoindustrie nicht bis 2030 auf Null-Emissionsfahrzeuge umstellt, läuft sie Gefahr, danach keine Autos mehr zu verkaufen, weil sie in ökonomischen Schwierigkeiten steckt. Denn dann werden die Menschen in Deutschland Fahrzeuge aus den USA, Frankreich oder Asien kaufen. Leider müssen wir feststellen, dass sowohl die Regierung als auch die Industrie Chancen verpasst, die durch technische Innovationen möglich wären.“ (AG/FM/dpa)

Hier können Sie die Rede von Daimler-Chef Zetsche nachlesen.

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