VW-Führungskurs völlig offen

Skoda-Chef gelassen

VW-Führungskurs völlig offen
VW-Chef Martin Winterkorn und Sigmar Gabriel © dpa

Während VW-Chef Martin Winterkorn in Berlin als Sieger des Machtkampfs das neue Drive Forum des Konzerns in der Friedrichstraße eröffnete, gab sich Winfried Vahland zurückhaltend, was die Zukunft im Zwölf-Marken-Konzern an personellen Veränderungen mit sich bringen könnte.

Weltstar Robbie Williams betritt den Roten Teppich bei Volkswagen in Berlin - und gleich die erste Zeile seines ersten Hits hätte besser nicht passen können: «Oh es schien, als sei das für immer heute zum Stillstand gekommen», singt Robbie zu Beginn seines musikalischen Auftaktes mit dem Song «Supreme». Und in der Tat: Bei Europas größtem Autobauer war in jüngster Zeit alles zum Stillstand gekommen. Die Führungskrise rund um den Vertrauensentzug des VW-Patriarchen Ferdinand Piëch gegenüber seinem beruflichen Ziehsohn, Konzernchef Martin Winterkorn, hatte das Unternehmen gut 14 Tage lang gelähmt.

Kein Wort zu VW-Turbulenzen

Schockstarre herrschte bis zu Piëchs Rücktritt vergangenen Samstag. Am Dienstag danach bemüht sich der Konzern krampfhaft, zur Normalität zurückzukehren. Scheinwerfer an, Small Talk auf der Bühne, der Chef strahlt - aber kein Wort zu den Turbulenzen der vergangenen Wochen.

Bei der Eröffnung der umgebauten Hauptstadt-Repräsentanz in Berlin, noch vor Robbies Auftritt, hat Martin Winterkorn ein Heimspiel vor Hunderten Gästen. Der Sieger des Machtkampfes bei VW redet über die Bedeutung des Standortes Deutschland, über autonomes Fahren - neben ihm ein strahlender Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD).

Hauptstadt-Repräsentanz als Erlebnisstandort

Doch einer fehlt: Ex-VW-Patriarch Ferdinand Piëch. Er war am Samstag auf dem Höhepunkt der gut zweiwöchigen VW-Führungskrise von seinem Amt als Aufsichtsratschef zurückgetreten. 15 Tage hatte der Konzern im Ausnahmezustand festgesteckt. Piëch gegen Winterkorn, so lautete das Duell. Doch Dienstagabend in Berlin? Kein Sterbenswörtchen zu der Krise. Winterkorn spricht noch über Fußball. Gabriel outet sich als Audi-Fan. Und dann geht es auch schon ans Buffett. Später kommt Robbie.

Berlin, Unter den Linden, Ecke Friedrichstraße - an dieser Top-Adresse eröffnet VW seine Hauptstadt-Repräsentanz. Das aber soll nicht nur eine Vertretung sein - sondern «Erlebnisstandort eines der modernsten Automobilkonzerne des 21. Jahrhunderts». Das neue Forum heißt «Drive» und zeigt Einblicke in die 12-Marken-Welt von VW.

VW-Werbestar Robbie Williams mit Kurzauftritt

VW-Werbestar Robbie Williams gab ein Kurzkonzert.
VW-Werbestar Robbie Williams gab ein Kurzkonzert. dpa

Beim Umbau der Repräsentanz hat VW nach dem Motto gehandelt «Klotzen, nicht Kleckern»: Rund 450 Tonnen Stahl wurden laut Firmenangaben verbaut, 400 Kubikmeter Beton und 1400 Quadratmeter zusätzliches Mauerwerk. Die Innenarchitektur sei komplett verändert worden. Am Dienstag erstrahlt das «Drive» in den Konzernfarben Schneeweiß und Neonblau. Auf der loft-artigen Empore stehen Musiker und untermalen den Abend für die Gäste im fußballfeldgroßen Foyer. Alles wie immer.

Als Höhepunkt legt als «Special Guest» der britische Superstar Robbie Williams seinen Kurzauftritt hin, exklusiv für die Hunderten internationalen Gäste. Seit Ende des vergangenen Jahres ist der Sänger VW-Werbestar, tritt in Werbespots für den Konzern als dessen «Marketingleiter» auf. Die satten VW-Pensionsansprüche reizten ihn, scherzt der Weltstar bei seinem nur rund 20-minütigen Auftritt.

Der Glanz des Berliner Abends kommt jedoch nach einer zweiwöchigen, erbitterten Schlacht in der Führungsspitze, die für eine Schockstarre bei VW gesorgt hatte - und auch die massiven Probleme des riesigen Konzerns auf die Tagesordnung gesetzt hatte: die gewinnschwache Kernmarke VW rund um Golf und Passat, die im Berliner «Drive»-Forum prächtig ausgestellt werden, das angeschlagene Geschäft auf dem US-Markt oder das fehlende Billig-Modell für Schwellenländer.

Skoda-Chef Vahland gelassen

Ein paar hundert Kilometer südlich wird bei Skoda schon vor dem Auftritt von Winfried Vahland darauf hingewiesen, dass es keine Informationen zu Fragen nach der Personalpolitik geben wird. Der Skoda-Chef selbst gibt sich ganz gelassen im Gespräch nach der Vorstellung des neuen Superb und beantwortet die Fragen mit Charme – aber nur zum neuen Flaggschiff.

Dabei gilt der 58 Jahre alte Westfale, der seit September 2010 die tschechische VW-Tochter anführt und in dieser Zeit beträchtliche Erfolge feiern konnte, als einer der Kronprinzen von Winterkorn. Bereits bei einem Abgang von Winterkorn war Vahland zusammen mit Porsche-Chef Manfred Müller im engsten Kandidatenkreis für die Nachfolge genannt worden. Sollte Winterkorn nun in nächster Zeit den Aufsichtsrat von Volkswagen übernehmen, wäre die Nachfolgefrage wieder entzündet. Als Diplom-Wirtschaftsingenieur mit Schwerpunkt Maschinenbau und Wirtschaftswissenschaften erfüllt er die geforderten technischen Eigenschaften.

Skoda auf Expansionskurs

Zudem hat der gebürtige Beckumer seit 1990 genügend Stallgeruch und vor allem Erfolge gesammelt, sei es bei Audi oder als Ostasien-Experte von VW, als Finanzdirektor bei Volkswagen Brasil oder als China-Chef von Volkswagen. Und natürlich auch bei Skoda. Im vergangenen Jahr überschritt Skoda erstmals die Marke von einer Million verkaufter Fahrzeuge. Und mit der neuen Fabia-Generation und dem im Juni startenden Superb wird die Erfolgslinie in diesem Jahr nicht unbedingt nach unten zeigen.

Alles Argumente für den Skoda-Chef, am stärksten aber könnte Vahland mit der China-Erfahrung punkten und dort für neuen Schwung für die lahmende Marke sorgen. Aber auch andere Kandidaten stehen bereit. (AG/TF/dpa)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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