IAA-Studien: Kurzer Verbleib im Rampenlicht

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

IAA-Studien: Kurzer Verbleib im Rampenlicht
Die Renault-Studie Frendzy wird gerade mal zehn Tage glänzen © Renault

Eben noch im Rampenlicht und plötzlich in Vergessenheit: Von vielen Messestudien wird nach der Internationalen Automobilausstellung nichts mehr zu hören sein. Doch auch wenn sie den Weg in die Serie machen, beginnen für die Showcars mit dem Abbau schwere Zeiten.

Von Thomas Geiger

Sie sind das Salz in der Messe-Suppe: Die Designstudien und Showcars gehören traditionell zu den Stars jeder Autoschau. Denn losgelöst vom Druck der Kontrolleure und Konstrukteure können die Designer dort ihren Ideen freien Lauf lassen. So entstehen visionäre Traumwagen, die ab 15. September auch auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt wieder die Blicke fesseln werden. Doch kaum ist die Messe am 25. September vorbei, beginnt für die Lieblinge des Publikums eine ungewisse Zukunft. Gefangen zwischen Wunsch und Wirklichkeit verschwinden viele dieser Fahrzeuge als Staubfänger auf Nimmerwiedersehen in den geheimen Garagen der Autobauer.

Stilvorgabe für neue Modelle

«Oft werden solche Studien nur für den Aha-Effekt auf die Messe gestellt», erläutert Automobildesigner Bernd Michalak aus Mainz. «Damit wollen die Autohersteller auf sich aufmerksam machen, zeigen, wie kreativ sie sind und in welche Richtung das Design der kommenden Produkte geht.» So macht bei Mazda keiner einen Hehl daraus, dass die im vergangenen Sommer enthüllte Studie Shinari nie in Serie gehen wird. Aber sie ist die Visitenkarte, mit der sich der neu berufene Designchef Ikuo Maeda vorstellen wollte. «Und sie gibt den Stil für unsere kommenden Modelle vor», sagt Pressesprecher Jochen Münzinger. Wenn der japanische Autohersteller auf der IAA den Geländewagen CX-5 enthüllt, wird man wahrscheinlich einige Züge des Showcars wiedererkennen können.

Oft nutzen die Aussteller solche Designmodelle aber auch als Entscheidungshilfe: Die Sportwagenstudie, die Kia für die Frankfurter Messe angekündigt hat, ist so ein Fall. Dass die südkoreanische Marke ein sportliches Auto als Imageträger braucht, steht für Markenchef Hank Lee außer Zweifel. «Aber wir wissen noch nicht so recht, wie es genau aussehen soll», räumt der Vorstand ein. Deshalb stellt das Unternehmen für die IAA die Studie eines viertürigen Reisecoupés im Stil des Audi A5 in Aussicht und zeigt vier Monate später bei der Motorshow in Detroit ein ganz konträres Konzept. «Wir schauen uns die Publikumsreaktionen an und entscheiden dann, welcher der beiden Entwürfe gebaut wird», sagt Lee.

«Die Kür des Tagesgeschäfts»

Die Mazda-Studie Minagi gab erste Hinweise auf den CX-5 Mazda

Obwohl Messe-Showcars manchmal nur wenige große Auftritte haben, sind sie bei den Designern in der Regel beliebt. «Das ist für uns die Kür des Tagesgeschäfts», sagt Steffen Köhl. Er leitet bei Mercedes das Advanced Design und verantwortet damit besonders weit in die Zukunft gerichtete Studien. Bei der Arbeit an Serienmodellen müssen die Kreativen immer mit Entwicklern und Buchhaltern um die technisch beste, effizienteste, praktischste oder günstigste Lösung ringen. Aber bei den Studien können sie sich auch einmal über all das hinweg setzen. «Nirgendwo sonst haben wir so viele Freiheiten wie bei den Showcars», sagt Köhl.

Selbst wenn die Messestudien tatsächlich eine Zukunft haben, beginnt für sie unmittelbar nach dem Abbau eine schwere Zeit: die Serienentwicklung. Dafür werden Showcars wie der im Frühjahr enthüllte VW XL1 nach Angaben von Pressesprecher Jochen Grüten noch einmal komplett in seine Einzelteile zerlegt, untersucht und umkonstruiert. Anschließend wird zunächst von Hand eine Kleinstserie aufgelegt. Je nach Marke und Modell geht es dann in die Prototypen-Erprobung, wo sich die Fahrzeuge unter widrigsten Bedingungen rund um den Globus bei jedem Wetter bewähren müssen.

VW Up feiert Comeback

Der VW Up feierte 2007 seine Premiere - 2011 noch einmal VW

«Das braucht Zeit», sagt Mazda-Designer Peter Birtwhistle und erklärt damit, weshalb aus tausendfach fotografierten Publikumsstars zum Teil für mehrere Jahre plötzlich wieder getarnte Geheimnisträger zwischen Wüstensonne und Polarkälte werden. Doch die Strapazen können sich lohnen und münden wie etwa beim VW Up in einem gefeierten Comeback: Er war als Studie der Star der IAA 2007 - und stiehlt in diesem Jahr als Serienmodell wohl den meisten anderen Kleinwagen die Schau. Ende 2011 kommt der Wagen in den Handel.

Diese Hoffnung steht auch hinter vielen Showcars der diesjährigen Messe. Autos wie den Renault Frendzy und andere Studien wird man vielleicht erst in vielen Jahren als Kuriosität im Museum wieder sehen. Doch manchmal sind die Absichten auch vor der Messe schon ernst: so bei den BMW-Studien i3 und i8. Entwickler Ulrich Kranz lässt daran keinen Zweifel: «Die stehen auch in zwei Jahren wieder auf der Messe - dann allerdings als Serienmodelle.»

Zur IAA-Bilderschau

Vorheriger ArtikelVW Touran 2.0 TDI: Effizient und dynamisch
Nächster ArtikelVW-Bus T5: Mit Kinderkrankheiten
Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

Keine Beiträge vorhanden