Anreize für Wasserstoff-Autos gefordert

Förderung von Brennstoffzelle

Anreize für Wasserstoff-Autos gefordert
Wasserstoff als Energieträger ist in Zukunft alternativlos. © dpa

Die Bundesregierung hält unverdrossen an ihrem Ziel von einer Million Elektrofahrzeugen bis 2020 fest. Dabei steht ein weiterer Antrieb in den Startlöchern, den man bisher noch nicht auf den Straßen sieht.

Von Thomas Flehmer

Das große Stöhnen ist bei den Herstellern angesichts der strengen CO2-Vorgaben der EU zu hören. Bis dahin darf der Flottenverbrauch den CO2-Wert von 95 Gramm pro Kilometer nicht überschreiten, sonst drohen Strafzahlungen. Doch die Erreichung dieses Zieles ist nur ein kleiner Schritt Richtung Zukunft. Denn 2050 treten die europäischen Klimaschutzziele in Kraft, in denen die CO2-Emissionen um 80 Prozent reduziert sein müssen. „75 Prozent der Fahrzeuge werden dann auf Wasserstoffantrieb angewiesen sein“, sagt Werner Diwald, „wir laufen in eine Herausforderung, die wir meistern müssen.“

Längere Planungszeiten einplanen

Für den Vorstandsvorsitzenden des Wasserstoff- und Brennstoffzellenverbandes (DWV) wird die Zeit knapp. Auch wenn noch 35 Jahre vergehen, ist Diwald „erstaunt, wie zurückhaltend die Bundesregierung agiert.“ Schließlich habe man in den letzten Jahren gesehen, dass Planungszeiten immer länger ausfallen. Die Großprojekte in Stuttgart oder Berlin hat der 48-Jährige dabei gar nicht so sehr auf dem Schirm, erinnert eher an das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das letztendlich auf einmal auch alle „überraschte“, obwohl eine jahrelange Vorlaufzeit gegeben war.

Auch könnte die Forderung von einer Millionen Elektrofahrzeugen bis 2020 herangezogen werden, die Bundeskanzlerin Angela Merkel 2010 ausgerufen hatte und die mit bisher knapp 30.000 Fahrzeugen nicht gerade von Erfolg gekrönt ist. Bei den Brennstoffzellenfahrzeugen fällt die bisherige Anzahl noch bescheidener – es gibt sie noch gar nicht.

Hyundai und Toyota bereits mit Serienproduktion

Die hohe Nachfrage nach dem Mirai hat Toyota überrascht.
Der Toyota Mirai Toyota

Hyundai und Toyota haben in Asien bereits die Serienfertigung angekurbelt und der Mirai aus Japan sowie der ix35 Fuel Cell aus Korea werden ab dem Sommer auch in Deutschland erhältlich sein. Für rund 1200 Euro monatliche Leasingkosten kann man dann emissionsfrei unterwegs sein. Die deutschen Hersteller befinden sich noch in Lauerstellung. Daimler hat für 2017 ein Fahrzeug angekündigt, das gemeinsam mit Nissan und Ford produziert wird.

Die Stuttgarter, die bereits mit einer B-Klasse auf Wasserstoffbasis eine Welttour absolviert haben, wenden dabei eine andere Strategie als Toyota und Hyundai an und wollen mit der Kooperation sicher auch Kosten in Milliardenhöhe einsparen. Diwald wähnt Daimler technisch sogar schon weiter.

Verkehrsministerium könnte ein Signal senden

Der Hyundai ix35 Fuel Cell stößt nur Wasser aus
Der Hyundai ix35 Fuell Cell Hyundai

Doch der Diplom-Kaufmann sieht die Autohersteller nicht allein in der Verantwortung. „Die Politik ist gefordert, um die Wettbewerbsgleichheit herzustellen und nicht Daimler oder BMW.“ Man müsse den Automobilherstellern helfen. „Ohne finanzielle Anreize geht das nicht“, so Diwald weiter. Und die Politik könnte mit gutem Beispiel vorangehen. „Das Verkehrsministerium könnte seine Fahrdienstflotte bis 2020 auf klimaneutral umstellen. Das wäre ein Signal.“

Natürlich gehört dazu auch der Aufbau der Infrastruktur sowie später auch Anreize für den Kauf der Fahrzeuge, die naturgemäß noch sehr teuer sind. Doch wird der Preis mit steigender Nachfrage fallen, wie es auch beim Hybridantrieb der Fall ist. Und der Preis für den Wasserstoff wird günstiger werden, wenn er aus regenerativen Quellen wie Wind kommt. „Wind wird nicht teurer werden“, sagt Diwald, die Preise für Benzin und Diesel werden dagegen ansteigen.

Keine Alternative für Wasserstoff

Die OPEC rechnet nicht mit einem steigenden Anteil von alternativen Antrieben.
DAimler und Linde bauen gemeinsam Wasserstofftankstellen Daimler

Darum gäbe es auch gar keine Alternative in Richtung 2050. Diwald fordert deshalb eine Fortsetzung des Nationalen Innovationsprogrammes Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie, dem so genannten NIP II, bei der infrastrukturelle Voraussetzungen und eine Reduzierung der Fahrzeugkosten geschaffen werden sollen. So sollen bis 2023 rund 400 Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland entstehen, dank der großen Reichweite der Brennstoffzellen-Fahrzeuge wäre dann eine Basis gelegt.

Doch nicht nur aus Umweltgründen forciert der Verband das Thema Wasserstoff. Auch wirtschaftlich gewinnt der alternative Antrieb an Bedeutung. So steigt in China der Energiebedarf in den nächsten Jahrzehnten, in denen laut Diwald „700 Millionen Chinesen vom Fahrrad aufs Auto umsteigen.“ Doch die Politiker dort haben den Ernst der Lage bereits erkannt und „klotzen beim Wasserstoff ran. In Indien ist es ebenso.“

Konkurrenzkampf mit China und Indien

Alleine schon wegen der großen Märkte müssen sich auch die Hersteller mit dem Wasserstoffantrieb auseinandersetzen. VW zum Beispiel verkauft mehr als jedes dritte Auto im Reich der Mitte. Auch für BMW und Daimler schwingt sich China zum wichtigsten Einzelmarkt auf. „Der Konkurrenzkampf der Zukunft ist entfacht“, sagt Diwald und schaut dabei nicht nur auf die deutschen Hersteller, „Europa muss sich genauso umschauen.“

Dabei entmystifiziert Diwald das Thema Wasserstoff. Denn er ist auch im Kohlenstoff enthalten, mit dem in den letzten Jahrhunderten hantiert wurde. „Wenn es bisher gut ging mit dem Wasserstoff, wieso soll es in Zukunft anders aussehen?“

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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