Einen neuen Verbrauchszyklus braucht das Land

Wiener Motorensyposium

Einen neuen Verbrauchszyklus braucht das Land
Ein Rollenprüfstand bei der Dekra. © Dekra

Der NEFZ soll 2017 vom WLPT abgelöst werden. Doch auch dieser Testzyklus zur Ermittlung des Verbrauchs wird von Experten als realitätsfremd erachtet. Auf dem Wiener Motorensymposium gab es zum WLPT kritische Stimmen.

Das altehrwürdige Wiener Motorensymposium wird in erster Linie von Motor-Maniacs besucht. In der Hofburg trifft sich die Welt der PS-Ritter, der Brennverfahrens-Druiden und Turbo-Propheten einmal im Jahr und berichtet stolz von neuen Spitzenleistungen im Motorenbau. Aber sie sind erfolgreich, konnten den CO2-Ausstoß in den vergangenen 15 Jahren um 25 Prozent senken und nicht nur selbstverliebt.

Wie schon in der jüngeren Vergangenheit wird kritischen Stimmen Redezeit eingeräumt, selbst der noch aktuelle und umstrittene NEFZ, der Neue Europäische Fahrzyklus, nach dem der Treibstoffverbrauch von Personenwagen ermittelt wird, steht zur Diskussion. Oft wurde diese Messmethode, die auf einem Rollenprüfstand unter optimalen Bedingungen gefahren wird, wegen ihrer Realitätsferne kritisiert. Gefordert wird eine Norm, die das aktuelle Verkehrsgeschehen auf den Straßen nachvollzieht und dem Kunden eine Ahnung davon verschafft, was sein zukünftiges Auto tatsächlich verbrauchen wird.

WLTP stellt nicht alle zufrieden

Der neue Zyklus, der Worldwide Light Vehicles Test Procedure (WLTP), stellt nicht alle zufrieden. Viele kritisieren, dass auch hier die geforderten Geschwindigkeiten, Standzeiten und Beschleunigungsphasen alles andere als realitätsnah sind. Auf dem Motorensymposium referierte Theodoros Vlachos, Mitglied des Joint Research Center der Europäischen Kommission, über Möglichkeiten zur Messung der Real Driving Emissions (RDE), also der Bewertung der tatsächlich ausgestoßenen Abgase. Und erntet ebenso viel Interesse wie Kopfschütteln.

Das außerordentlich komplexe Messverfahren wird nicht auf dem Rollenprüfstand sondern auf realen Straßen gefahren. Das Testfahrzeug muss dafür vorbereitet, das heißt, mit Sonden und Messfühlern bestückt werden und absolviert dann eine Fahrt über eine vorgegebene, vermutlich wenigstens drei Mal 16 Kilometer langen Strecke durch die Stadt, über Landstraßen und Autobahnen.

Berücksichtigt werden dabei nicht nur die teils vorgegebenen Geschwindigkeiten, Beschleunigungsstrecken und Ampelstopps, sondern auch verbrauchsbeeinflussende Parameter wie Außentemperatur, die Höhe der Fahrt über dem Meeresspiegel und der Beladungszustand des Fahrzeugs. Gefahren wird mit 15 bis 30 km/h in der Stadt, bis 90 km/h auf der Landstraße und 145 km/h auf der Autobahn, wobei diese Geschwindigkeit kurzzeitig auf 160 km/h erhöht werden darf. Die Daten werden anschließend auf einzelnen Streckenabschnitt bezogen ausgewertet und es fließt obendrein die Fahrtcharakteristik des Wagenlenkers ein. Berücksichtigt wird, ob ein normaler, ein langsamer oder ein aggressiver Fahrer am Lenkrad gesessen hat. Was dann folgt, ist eine Rezeptur aus höherer Mathematik und einem wilden Tabellenwerk, das letztlich Aufschluss über das Emissionsverhalten des Fahrzeugs geben wird.

Erhöhung des Einspritzdrucks

Aber jetzt bitte nicht zu früh freuen. Diese Messnorm wird nur für leichte Nutzfahrzeuge gelten, deren Fahrzyklus vergleichbar und standesgemäß ist. Für den Privatfahrer taugt sie nicht, zu groß sei die Spreizung zischen spezifischen Fahrprofilen bei Personenwagen und Nutzfahrzeugen, sie differiere laut repräsentativer Untersuchungen um den Faktor 3,5. Für die Transporter wird das Regelwerk nach einiger Feinarbeit ab 2017 bindend, wenn die nächste Stufe der Schadstoffbegrenzung, die Euro 6c, in Kraft tritt. Der normale Autofahrer wird sich noch eine Weile mit Angaben begnügen müssen, die unter Laborbedingungen ermittelt wurden. Für Personenwagen beginnt zu diesem Zeitpunkt erst die Testphase des RDE-Messverfahrens.

Insbesondere bei den Zulieferern ist die Reduzierung der Pkw-RDE bereits jetzt ein Thema. Bosch reduziert die Partikel beim Benziner zum Beispiel durch die Erhöhung des Einspritzdrucks von 200 auf 350 bar. Beim Diesel sorgt die Elektrifizierung mit einem 48-Volt-System laut Zulieferer für bis zu 20 Prozent weniger Stickoxid-Emissionen. (SP-X)

Keine Beiträge vorhanden