Renault verliert sich im Ökodschungel

Renault führt ein Ökosiegel für seine Fahrzeugflotte ein. Der Weg des französischen Herstellers in die umweltbewusste automobile Zukunft ist dabei nicht neu, allein die Fülle ist für den Kunden eher verwirrend.

Von Thomas Flehmer

Wie die Bilder sich doch gleichen. Vor gut einem Jahr stellte VW den Polo Bluemotion vor, ein Modell, dass sehr umweltbewusst durch die Straßen fahren soll. Um diesen Anspruch zu verdeutlichen, wurde der grüne (oder blaue) Polo vor einem Windrad zum Ablichten platziert. Ein Jahr später nun stellt Renault einen Megane vor einen Windpark, um einen neuen Trend anzuzeigen und einen Weg in die automobile Zukunft zu weisen.

Klar strukturiert

Denn die Unsicherheiten im automobilen Ökobereich sind hoch. Eine Feinstaubplakette sorgt derzeit mehr für Verwirrung als für Ordnung. Gerade jetzt will Renault mit einem Öko-Siegel seine umweltschützenden Absichten unterstreichen. Dabei ist der Gütesiegel «ECO2» klar strukturiert und definiert.

«Jedes Renault-Modell erhält ein Gütesiegel, wenn es nicht mehr als 140 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt, in einem bestimmten Werk, das internationale Normen erfüllt, hergestellt wurde und dessen Teile zu 95 Prozent recycelt werden können», sagt Alice de Brauer, Umweltdirektorin beim französischen Konzern.

Durchschnittswert bei 147 Gramm CO2

Renault Megane Bioethanol E85 Foto: Werk

Mit diesem Gütesiegel soll der Anspruch des vor einem Jahr ausgerufenen «Vertrags 2009» unterstrichen werden. Bis 2009 sollen eine Million Fahrzeuge nicht mehr als 140 Gramm CO2, ein Drittel davon nicht mehr als 120 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Der Durchschnittswert der Autoflotte von Renault liegt 2007 bei 147 Gramm.

Bereits jetzt zählt Renault neben Fiat und PSA Peugeot Citroen zu den drei Automobilherstellern mit den niedrigsten Ausstoßwerten in Europa. Allerdings haben die drei Unternehmen auch deutlich mehr Kleinwagen in ihrem Portfolio als andere Hersteller.

Überall vertreten

Während das Ökosiegel klar strukturiert ist, sind die weiteren Wege des Konzerns eher verwirrend. Noch vor kurzem hatte Deutschland-Geschäftsführer Jacques Rivoal die klare Linie der Diesel-Politik gelobt, jetzt scheint sich der Konzern in den vielen alternativen Antriebsnischen zu verlaufen.

Überall sei man vertreten, sagt Bauer. Doch eine Vorreiterrolle oder ein überragendes Angebot wie halt beim Diesel sticht aufgrund der Vielzahl der Angebote nicht heraus. Natürlich ist es gut, diese Angebote zu machen und zu zeigen, dass man die derzeit hoch im Kurs stehende Nachhaltigkeit ernst nimmt. Doch ob der Kunde, der die verschiedenen Angebote zum Teil gar nicht unterscheiden kann, den Überblick behält, sei dahingestellt.

Infrastruktur fehlt

Zweite Tanköffnung für Bioethanol Foto: Werk

Zum einen erweitern die Franzosen nach Saab, Volvo und Ford ihre Flotte mit Bioethanol. Die Hälfte aller in Europa verfügbaren Renault-Fahrzeuge mit Ottomotor soll ab 2009 neben Benzin auch Bioethanol tanken können. Doch das ist ein mittelfristiger Weg. Mit derzeit nur rund 100 Bioethanol-Tankstellen gibt es in Deutschland so gut wie keine Infrastruktur. Jedoch befindet sich Ethanol im Aufwind, schon zur IAA im September in Frankfurt werden weitere Autobauer die Karte Bioethanol ziehen.

Bei den Selbstzündern soll der Beimischungsanteil von Biodiesel auf 30 Prozent steigen. Diese Technik wird besonders bei den Transportern Master und Trafic eingesetzt. Überraschend ist die Ankündigung, dass den Modellen Modus, Clio, Megane, Scenic, Laguna und Espace sowie Vel Satis ein Dieselpartikelfilter eingebaut wird. Dank dem großartigen Werbeerfolg von Peugeot mit dem Filtersystem waren eigentlich alle französischen Autos per se mit dem Rußfiltersystem ausgestattet.

Keine gefühlten Unterschiede

Und Renault schwenkt auch noch beim trendigen «Downsizing» mit ein. Konventionelle Verbrennungsmotoren erhalten weniger Hubraum, können aber gleiche Leistung als größere Motoren bei weniger Kraftstoffverbrauch erzeugen. Ein Benzindirekteinspritzer aber fehlt weiterhin.

Um den Anspruch deutlich zu unterstreichen, hatte Renault der Präsentation des ökologischen Weges mehrere Modelle zu Testfahrten bereit. Neben einem mit Bioethanol angetriebenen Megane 1.6 16 V E85 mit 77 kW/105 PS stand auch der neue «downgesizte» Clio mit 74 kW/101 PS zur Verfügung.

Unterschiede beim Fahren gegenüber herkömmlichen Verbrennungsmotoren waren dabei nicht zu spüren. Natürlich ist der Verbrauch beim Bioethanol aufgrund der schwächeren Leistung des Kraftstoffs um ein Drittel höher. 12 Liter beim Megane sollten deshalb nicht erschrecken. Zwischen 80 und 90 Cent bewegt sich ein Liter E85, ein Spareffekt tritt also auch finanziell ein.

Überall dabei

Renault Master Biodiesel B30 Foto: Werk

Doch das bisherige Angebot reicht den Franzosen noch nicht. Als richtiger Global Player - auch wenn die Marke zum Beispiel in den USA gar nicht angeboten wird - vergisst de Brauer nicht zu bemerken, dass Renault eigentlich bei allen derzeitigen alternativen Antrieben eine Lösung parat hat.

«Wir arbeiten stark am Thema Erdgas, auch Elektro-Fahrzeuge sind für uns sehr vielversprechend. Mit den neuen Lithium-Ionen-Batterien sehen wir viele Chancen. Zudem beherrschen wir die Hybrid-Technologie und verarbeiten sie zur Serienreife.» Es kann also gar nichts passieren. Solche markigen Sprüche hört man sonst nur von VW. Aber Renault ist ja auch Volkswagen - nur auf französisch.

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