Jacoby kündigt starkes Wachstum an

Neuer Volvo-Chef

Mit Stefan Jacoby lenkt seit dieser Woche ein Deutscher als Chef die Geschicke von Volvo. Bei seinem ersten Auftritt in Göteborg verteilte der Ex-VW-Manager artig Komplimente an die neuen chinesischen Eigner.

Innige Liebeserklärungen beim Ja-Wort stellt man sich anders vor: Volvos neuer deutscher Konzernchef Stefan Jacoby (52) hat sich drei Tage nach seinem Amtsantritt als Dauerfan der VW-Tochter Bentley geoutet, das M5-Modell des direkten Volvo- Konkurrenten BMW als «fantastisch» eingestuft und die Prius- Modellreihe von Toyota in höchsten Tönen gelobt. Erst am Ende fiel dem Hannoveraner auch noch der Volvo-Klassiker Amazon als eines seiner Lieblingsautos ein. Die Stufenheck-Limousine aus Schweden wird allerdings schon seit 1970 nicht mehr gebaut.

Artig die Erwartungen erfüllen

Vielleicht eine Kleinigkeit beim ersten öffentlichen Auftritt nach dem Dienstantritt des früheren Nordamerika-Chefs von Volkswagen am Montag. Dabei mühte sich Jacoby sonst sichtlich, möglichst artig nach allen Seiten Erwartungen zu erfüllen. Die Schweden, nicht ohne Sorge über den Verbleib ihrer in chinesische Hände übergegangenen Nobelmarke, erfreute er mit der Mitteilung, dass seine Familie komplett in den Göteborger Stadtteil Hissingen, ganz in der Nähe der Volvo-Stammfabrik Torslanda, gezogen ist: «Ich finde, man soll da wohnen, wo man arbeitet.» Das deutet auf Optimismus und dauerhaftes Engagement hin.

Volvos neuer chinesischer Eigner-Konzern Geely und vor allem dessen Boss Li Shufu seien «absolute Auto-Profis mit einer langfristigen industriellen Strategie», ließ der inhaltlich sehr vorsichtig auftretende Deutsche wissen. Da war wenig von Ambitionen als «Kleiner Napoleon» zu spüren, die Jacoby bei seinem früheren Arbeitgeber VW mit einer gewissen Gehässigkeit nachgesagt worden sind.

Massive Produktionssteigerung nötig

Als völlig unklar gilt, wieviel Spielraum die neuen Volvo-Besitzer in Fernost dem Deutschen überhaupt lassen. Klar ist, dass Volvo als, so Jacoby, «kleiner David» im globalen Konkurrenzkampf um Autokunden mit gehobenen Ansprüchen auf Dauer nur bei einer massiven Steigerung der bisherigen Stückzahlen von etwa 400 000 Wagen pro Jahr überleben kann. Der Mutterkonzern in China produziert mit 300 000 Einheiten bisher noch weniger. Nicht unbedingt optimale Startbedingungen nach dem Volvo-Verkauf durch den riesigen US-Konzern Ford.

«Volvo wird in Zukunft definitiv wachsen,» kündigte Jacoby aber schon mal an und nannte massive Investitionen in China als wichtigsten Trumpf. Wie er dabei den Spagat zwischen den von Li Shufu für den heimischen Markt angekündigten Volvo-Modellen mit noch mehr Luxus und dem westlichen Trend nach sparsameren Modellen schaffen will, ließ er offen: «Jedenfalls werden wir unsere Definition, was Premium bedeutet, nicht einfach von BMW übernehmen.»

In VW-Kreisen hieß es, Jacoby habe die im Juni vorgelegte Offerte für den Volvo-Spitzenjob nur angenommen, weil ihm der angestrebte Aufstieg in den Wolfsburger Konzernvorstand verweigert worden sei. Das hinderte den neuen Chef in Schweden nicht, noch mal offene Liebeserklärungen an Produkte seines bisherigen Arbeitgebers von sich zu geben: Von allen eigenen Autos sei ihm immer noch das Käfer Kabrio aus dem Jahr 1976 das liebste. Und leider habe er mit 52 immer noch nicht sein Ziel für den 50. Geburtstag erreicht, auch mal einen Bentley zu besitzen. (dpa)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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