«Zählen in Deutschland zu den Gewinnern»

Renault-Chef Deutschland Jacques Rivoal

Jacquel Rivoal zieht eine positive Jahresbilanz. «Wir gehören in Deutschland zu den Gewinnern», sagte der Vorstandsvorsitzende von Renault Deutschland der Autogazette. Derweil sucht der Importeur einen Partner für das ab 2011 angebotene neu entwickelte Elektroauto.

Jacques Rivoal sieht die deutsche Renault-Filliale trotz der gegenwärtigen Krisensituation auf dem richtigen Weg. «Das Umfeld ist schwierig, aber wir gehören derzeit in Deutschland zu den Gewinnern mit einer Marke, die sich positiv entwickelt, und zwar mit 0,4 Punkten mehr Marktanteil gegenüber dem Vorjahr. Das heißt, wir haben nicht so schlecht gearbeitet in Deutschland. Das macht uns auch stolz», sagte der Chef von Renault-Deutschland der Autogazette.

Der in Deutschland seit vielen Jahren stärkste Importeur profitiert dabei stark von dem Erfolg der Tochtermarke Dacia, die rund einen Prozent Marktanteil verbucht. Trotz der weiter ansteigenden Tendenz glaubt der Vorstandsvorsitzende nicht, dass Dacia die Mutter einmal überflügeln wird. «Renault bleibt die Kernmarke», so Rivoal.

Noch unsicher ist der Automanager hinsichtlich der neuen Regeln beim EuroNCAP-Test. «Wir kennen die neuen Normen noch nicht im Detail, werden uns aber selbstverständlich anpassen. Derzeit sind wir der einzige Hersteller mit elf Modellen, die die Höchstwertung von fünf Sternen erreicht haben, und das Engagement in puncto Sicherheit bleibt nach wie vor ein zentraler Bestandteil bei Renault.»

Daneben bleiben auch die alternativen Antriebe ein zentrales Thema. Während aber Start-Stopp-Systeme derzeit dem Downsizing den Vorttritt lassen müssen, sucht Renault auch in Deutschland nach einem Partner für das neu entwickelte Elektroauto, das ab 2011 angeboten wird.


Ungewissheit der Zukunft

Autogazette: Herr Rivoal, macht es derzeit Spaß, in der Automobilbranche tätig zu sein?

Jacques Rivoal: Ja, es ist spannend, aber es macht Spaß.

Autogazette: Aber es ist eine sehr schwierige Zeit...

Rivoal: ...zurzeit ja. Was es schwierig macht, ist die Ungewissheit der Zukunft. Aber alle Hersteller müssen damit umgehen. Wichtig für uns ist es, gut aufgestellt durch diese Krise zu kommen.

Autogazette: Renault hat verschiedene Werke in Frankreich für einen bestimmten Zeitraum geschlossen...

Rivoal: ...wir haben im Rahmen unserer Abkommen mit den Gewerkschaften, die uns erlauben, die Produktion vorübergehend still zu legen, die Arbeit ruhen zu lassen, um keine Überkapazitäten zu schaffen.

Autogazette: Wie lang darf diese Krise dauern, ohne dass sich ganz einschneidende Konsequenzen ergeben?

Rivoal: Das wissen wir nicht. Wichtig ist es, Entscheidungen recht früh zu treffen und die Kosten im Griff zu behalten.

Gewinner in Deutschland

Renault-Chef Carlos Ghosn muss Abstriche machen Foto: dpa

Autogazette: Es geht jetzt in das letzte Jahr des «Renault Vertrag 2009». Macht die Krise diesen Vertrag hinfällig?

Rivoal: Im Renault Vertrag 2009 gibt es drei Ziele. Im Bereich Qualität sind wir von der Krise überhaupt nicht abhängig. Natürlich haben wir angesichts des aktuellen wirtschaftlichen Umfelds die Ziele Profitabilität und Wachstum angepasst. So streben wir dieses Jahr eine operative Marge zwischen 2,5 und drei Prozent an. Zwischen vier und 4,5 Prozent waren zunächst angepeilt worden. Die angestrebten sechs Prozent im kommenden Jahr haben wir noch nicht revidiert.

Autogazette: Bleibt noch das Wachstum...

Rivoal: ...das wir auch anpassen müssen. Immerhin konnten wir den Marktanteil weltweit um 0,2 Punkte und in Deutschland um 0,4 Punkte steigern. Das Umfeld ist schwierig, aber wir gehören derzeit in Deutschland zu den Gewinnern mit einer Marke, die sich positiv entwickelt, und zwar mit 0,4 Punkten mehr Marktanteil gegenüber dem Vorjahr. Das heißt, wir haben nicht so schlecht gearbeitet in Deutschland. Das macht uns auch stolz.

Autogazette: Trotzdem sind die angepeilten 800.000 Verkäufe bereits revidiert worden...

Rivoal: Ja, aber eine neue Zahl ist noch nicht genannt worden. Für dieses Jahr streben wir weltweit ein Ziel an, das nur leicht unter Vorjahresniveau liegen sollte.

Autogazette: Renault ist in Deutschland gegen den Trend gewachsen. Anfang des Jahres wurde als Ziel in Deutschland fünf Prozent Marktanteil proklamiert. Können diese fünf Prozent erreicht werden?

Rivoal: Wir liegen im Soll, sogar leicht darüber. Mit den Leichten Nutzfahrzeugen sind wir bei 5,1, ohne bei 4,8 Prozent.

Renault bleibt Kernmarke

Der neue Dacia Sandero Foto: AG/Flehmer

Autogazette: Wie hoch ist der Anteil von Dacia?

Rivoal: Nach der Einführung des Sandero ist der Marktanteil von 0,8 auf ein Prozent geklettert.

Autogazette: Dacia ist gerade in der Finanzkrise gefragt, weil es ein günstiges Auto ist. Wird es irgendwann einmal soweit kommen, dass die Muttermarke überholt wird?

Rivoal: Wir streben mit Dacia einen Marktanteil um ein Prozent an. Renault liegt bei fünf Prozent, und Renault wird die Kernmarke bleiben.

Autogazette: Die Richtlinien beim Euro NCAP-Crashtest werden geändert. Renault hat viele Modelle mit der Höchstwertung. Demnächst fließen aber Fußgänger- und Seitenaufprallschutz mit in die Gesamtwertung. Wird Renault weiterhin fünf Sterne erhalten?

Rivoal: Wir kennen die neuen Normen noch nicht im Detail, werden uns aber selbstverständlich anpassen. Derzeit sind wir der einzige Hersteller mit elf Modellen, die die Höchstwertung von fünf Sternen erreicht haben, und das Engagement in puncto Sicherheit bleibt nach wie vor ein zentraler Bestandteil bei Renault.

Downsizing zentrales Thema

Der Renault Scenic wird mit einer Brennstoffzelle ausgestattet Foto: Renault

Autogazette: Renault gehört zu den Herstellern mit den niedrigsten CO2-Emissionen. Alternative Antriebe oder Systeme wie Start-Stopp fehlen vollkommen. Verpasst Renault damit nicht den Anschluss?

Rivoal: Neben der Sicherheit engagieren wir uns stark beim Thema Umweltschutz. Wir versuchen, alle Register zu ziehen, wobei es aber unterschiedliche Zeitschienen gibt. Mittelfristig setzen wir auf das Elektroauto, langfristig auch auf den Hybrid. Downsizing und die Entwicklung von Biokraftstoffen sind bereits heute zentrale Themen für uns. Wir forschen in allen Bereichen, weil wir nicht wissen, in welche Richtung sich der Trend hin entwickelt. Um den CO2-Ausstoß zu reduzieren, ist Downsizing - also weniger Verbrauch bei gleichem Hubraum - das kurzfristige Mittel. Zudem können 50 Prozent unserer Fahrzeuge mit Bioethanol fahren und alle unsere Selbstzünder mit Biodiesel.

Autogazette: Nun ist Ethanol nicht gerade der Kraftstoff, der an jeder Ecke angeboten wird...

Rivoal: ...das zeigt, dass wir alternative Antriebe nicht nur in eine Richtung anbieten, sondern global denken. Dazu gehört auch die gemeinsam mit Nissan entwickelte Brennstoffzelle, die in einem Scénic untergebracht ist. Wir wissen nicht, welche Technologie sich behaupten wird, deshalb bieten wir viele Möglichkeiten an.

Autogazette: Die Start-Stopp-Automatik gehört aber nicht dazu?

Rivoal: Wir haben keinen festen Zeitplan, aber Start-Stopp gehört zu den Technologien, an denen wir arbeiten.

Neu entwickeltes Elektroauto ab 2011

Der Renault Kangoo erhält einen Elektro-Antrieb Foto: AG/Flehmer

Autogazette: Renault wird ab 2011 in Israel, Portugal, Dänemark, USA und Japan und neuerdings auch Monaco Elektroautos mit null Emissionen anbieten. Wieso fehlt Deutschland als wichtiger Markt?

Rivoal: Wir denken natürlich über alle Märkte nach. Zurzeit gibt es aber nichts Konkretes für Deutschland. Es sind immer mehrere Partner nötig. Renault entwickelt das Auto, unser Allianz-Partner Nissan stellt die Batterie, und wir suchen wir einen Partner, der das Netz stellt, damit die Batterien wieder aufgeladen werden können. Wir gehen davon aus, dass sich die Technologie europaweit entwickeln wird.

Autogazette: Viele Hersteller sind schon einen Schritt weiter und starten die ersten Projektversuche derzeit in Berlin. Renault müsste doch eigentlich auch schon jetzt präpariert sein?

Rivoal: Pilotprojekte laufen auch schon bei Renault. Wir starten 2011 großflächig in den genannten Ländern mit drei Fahrzeugmodellen, einem auf der Basis des Mégane, einem auf der Basis des Kangoo und ein total neu entwickeltes Elektroauto.

Das Interview mit Jacques Rivoal führte Thomas Flehmer

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