«Diesel für Maserati nicht vorstellbar»

Interview mit Maserati-Deutschlandchef Peter Hermges

Peter Hermges schließt einen Tabubruch wie bei Porsche für Maserati aus. Trotzdem stellen sich die Italiener dem Thema Verbrauchsreduzierung, sagte der Geschäftsführer von Maserati Deutschland der Autogazette.

Maserati wird dem Beispiel von Porsche nicht folgen. Ein Sportwagen mit Dieselmotor sei «im Augenblick nicht» vorstellbar, sagte Perter Hermges, Geschäftsführer von Maserati Deutschland der Autogazette. Um den Verbrauch zu minimieren, würden sich die Ingenieure aus Modena in erster Linie um eine «Gewichtsreduzierung und eine Effizienz bei Verbrennungsmotoren» kümmern. «Da liegt noch vieles im Bereich des Möglichen. Wenn die richtigen Materialien benutzt werden, ist ein geringer Verbrauch möglich. Aber diese Materialien sind teuer und nur über die Stückzahl der Verkäufe möglich», so Hermges.

Steigendes Wachstum in Krisenzeiten

Trotz der wirtschaftlichen Krisenzeiten geht Hermges von einem steigenden Wachstum im Luxussegment aus. Dabei sei es in dem Klientel keine «keine Frage von 'leisten können'. Die Frage heutzutage ist 'leisten wollen'. Wir stellen fest, dass es eine gewisse Zurückhaltung gibt.» Deshalb müsse mehr investiert werden, ehe ein Vertragsabschluss zustande komt.

Dass dabei der Rückruf des Quattroporte Anfang des Jahres geschadet hat, kann Hermges nicht bestätigen. Im Gegenteil. Durch den Aufbau des neuen Angebots - kein Modell ist älter als 16 Monate - kann Maserati den eigentlichen Nachteil positiv gestalten. «Der Rückruf betrifft Modelle bis zum Jahr 2004. Das bringt uns auch die Kunden ins Haus, die jetzt erstaunt sind über die Entwicklung der Marke. Sie stellen fest, dass die Marke sehr modern geworden ist», sagt Hermges.

Zwei Faktoren für Erfolg

Neu dabei: Der Maserati Quattroporte GT S Foto: Maserati

Dass deshalb mehr Fahrzeuge verkauft werden als im letzten Jahr möchte der ehemalige Entwickler von Porsche aber nicht voraussagen. «Wir kämpfen natürlich wie alle anderen Hersteller auch. (...) Aber wir fliegen auf Sicht und schauen uns jedes Quartal an und sind froh, dass unsere Händlerzahl weiter anwächst. Denn den Erfolg einer Marke kann man an zwei großen Faktoren messen: zum einen die Nachfrage des Kunden, zum zweiten die Anzahl der Händler, die sich bewerben. Und davon haben wir auch dieses Jahr einige.»

Monatliche Kosten um 1400 Euro

Maserati für rund 1400 Euro pro Monat Foto: Maserati

Autogazette: In Deutschland sind zur Zeit Abwrackprämie und Kfz-Steuer die großen Themen. In wie weit sind diese beiden Themen für Maserati interessant?

Peter Hermges: Die Abwrackprämie trifft uns nicht, aber wir nehmen das Thema Cost of Ownership sehr ernst. Wir haben im vergangenen Jahr eine eigene Versicherung eingeführt. Für 2300 Euro pro Jahr bei 500 Euro Selbstbeteiligung kann das Fahrzeug vollkaskoversichert werden, verbunden mit einem für unsere Verhältnisse sehr günstigen Leasingpaket.

Autogazette: Fällt diese Versicherung unter das Motto «Rabattprogramm»?

Hermges: Wir sehen, dass der Preispunkt eines Maserati in Deutschland häufig unterschätzt wird. Natürlich sind unsere Fahrzeuge nicht günstig, preiswert aber schon. Das bedeutet, dass die reinen monatlichen Kosten überschaubar sind, wenn man so ein exklusives Fahrzeug bewegen möchte.

Autogazette: In welchem Rahmen bewegen sich diese monatlichen Kosten?

Hermges: Ausgegangen von einem typischen Leasingzeitraum von 36 Monaten mit einer Anzahlung von 15.000 Euro liegt die Rate zwischen 1300 und 1400 Euro.

Sichere Investitionen

Das Werk in Modena Foto: AG24/Flehmer

Autogazette: Trotz einer Wirtschaftskrise feierte Maserati ein Rekordjahr mit knapp 8600 verkauften Fahrzeugen im letzten Jahr. Wie passt das zusammen?

Hermges: Wir haben in Deutschland und auch weltweit die jüngste Modellpalette aller Hersteller. Mit der Einführung des Gran Turismo 2007 wurde das komplette Angebot grundlegend erneuert. Wir haben also kein Fahrzeug, das älter als 16 Monate ist.

Autogazette: Das kann aber doch kein Kaufgrund in Krisenzeiten sein?

Hermges: In schlechten Zeiten, in denen man gewissen Anlagen nicht mehr vertraut, möchte man Produkte kaufen, die möglichst sicher sind. Diesen Wunsch gibt es nach wie vor. Man will Produkte erwerben, die einen gewissen Restwert versprechen. Man möchte sich etwas Schönes gönnen und zugleich wissen, in was man investiert. Und wir sind sehr stolz, dass wir nicht zu diesen Herstellern gehören, die diese Restwerte verschleudern und den Kunden nach zwölf, 24 oder 36 Monaten enttäuschen, wenn der Restwert nicht mehr stimmt. Wir verkaufen deshalb möglicherweise nicht so viel Fahrzeuge. Trotzdem setzen wir immer mehr Fahrzeuge ab, weil die Kunden wissen, dass sie ein verlässliches Produkt erwerben.

Exklusiver Kreis wächst weiter

Rennfahrertraining für Maserati-Kunden Foto: Maserati

Autogazette: Werden Sie trotzdem die Absatzkrise auch spüren, weil das Klientel, das früher einen Maserati gefahren ist, sich das nicht mehr leisten kann?

Hermges: Es ist keine Frage von «leisten können». Die Frage heutzutage ist «leisten wollen». Wir stellen fest, dass es eine gewisse Zurückhaltung gibt. Wir messen ganz pragmatisch: Wie viel Kontakte brauche ich bis zur Probefahrt und wie viele Probefahrten benötige ich bis zum Vertragsabschluss. Und wir benötigen mehr Kontakte und mehr Probefahrten, um ein Fahrzeug zu verkaufen. Wir sind auf der Shopping List, aber wir müssen mehr Leute kontaktieren, um am Ende des Tages auch wachsen zu können.

Autogazette: Es wird gesagt, dass die gesellschaftliche Schere immer weiter auseinander geht. Können Sie das auch feststellen, dass der exklusive Kreis immer weiter schrumpft?

Hermges: Ich glaube, dass der exklusive Kreis immer weiter wächst. Spürbar kleiner wird die berühmte Mittelschicht. Die Zahlen der Kompaktwagen steigen, weil man für wenig Einsatz viel Auto erhalten möchte. Dagegen ist das Luxussegment von finanziellen Krisen unabhängiger im Gegensatz zur Mittelklasse. Schauen Sie sich die Absatzergebnisse in der Mittelklasse an. Das ist schon sehr hartes Brot. Wir sind glücklich, dass wir uns in einem Segment bewegen, das langsam, aber stetig wächst.

Dieselmotor kein Thema

Auch im Rennsport aktiv Foto: Maserati

Autogazette: Ihre Klientel ist finanziell unabhängig. Ist für diese spezielle Kundschaft Verbrauchsminderung trotzdem ein Thema?

Hermges: Wir müssen uns dem Thema stellen. Gerade die Hersteller von Hochleistungsmotoren haben eine ganz spezielle Verantwortung. Man muss natürlich realistisch sein, da wir kein Volumenhersteller sind. In der Summe ist der Ausstoß, der von Maserati-Fahrzeugen verursacht wird, eher überschaubar und sehr gering im Verhältnis zur Masse. Wir sind glücklich, dass wir innerhalb des Fiat-Konzerns europaweit den geringsten CO2-Ausstoß aller Hersteller aufweisen. Weiterhin konnte Maserati seinen Verbrauch in den letzten beiden Jahren um 18 Prozent reduzieren. Nichtsdestotrotz müssen wir mit jedem Modell, mit jedem Motor, mit jeder Weiterentwicklung noch mehr auf den Verbrauch schauen.

Autogazette: Porsche steigt auf Diesel um, wird zudem demnächst den Cayenne auch als Hybrid-Fahrzeug anbieten. Wird es auch einen Hybrid-Maserati geben?

Hermges: Davon gehen wir nicht aus. Wir arbeiten derzeit an der Optimierung der Fahrzeuge, insbesondere an der Leistungsfähigkeit der Benzinmotoren. Aber auch an dem Gesamtgewicht der Fahrzeuge. Diese Komponente muss sich entwickeln. Weniger Gewicht bei gleicher Leistung, aber auch mehr Effizienz im Bereich der Verbrennungsmotoren.

Autogazette: Ist ein Dieselmotor für Maserati vorstellbar?

Hermges: Im Augenblick nicht.

Gewichtsreduktion besitzt Priorität

Exklusiver Innenraum nicht nur im Quattroporte Sport GT S Foto: Maserati

Autogazette: Wie schaut es mit Start-Stopp-Systemen aus?

Hermges: Es ist alles vorstellbar. Wir haben das Glück, dass wir uns in einem großen Konzern bewegen, in dem wir auf unterschiedliche Lösungen zurückgreifen können. In erster Linie ist die Gewichtsreduktion und die Effizienz unserer Motoren das Ziel Nummer eins.

Autogazette: Was kann bei den Benzinmotoren denn noch bewegt werden?

Hermges: Da liegt noch vieles im Bereich des Möglichen. Wenn die richtigen Materialien benutzt werden, ist ein geringer Verbrauch möglich. Aber diese Materialien sind teuer und nur über die Stückzahl der Verkäufe möglich.

Segmentgründer Gran Turismo

Der Quattroporte ist Segmentgründer der viertürigen Reiselimousinen Foto: Maserati

Autogazette: Sie sind im Sommer 2007 mit dem Ziel angetreten, mit Maserati eine exklusive, aber keine exotische Marke zu vertreten. Wie weit sind sie bisher gekommen? Ist Maserati nicht mehr exotisch?

Hermges: Maserati ist in Deutschland überhaupt nicht mehr exotisch. Wir sind in den letzten zwölf Monaten sehr gut aufgenommen worden. Das hat etwas mit der Arbeit und viel mit den Produkten zu tun. Maserati ist ein Produkt geworden, das heute anfassbar ist und deutlich besser in diese Zeit passt. Wir haben das Segment der so genannten größeren Gran Turismo gegründet und interessanterweise sind viele Hersteller auf den Zug aufgesprungen. Sie sehen in Kürze den Panamera oder den Rapid oder den 6er BMW oder den CLS. Das ist das Segment der Zukunft. Weniger Kompromisse, trotzdem viel mehr Freude am Fahren.

Autogazette: In wie weit wird gerade der Panamera dem Quattroporte die Stirn bieten oder ihm gar das Wasser abgraben?

Hermges: Ich glaube nicht, dass der Panamera dem Quattroporte das Wasser abgraben wird. Ich glaube aber, dass das Segment insgesamt wachsen wird. Wir sehen einen ganz klaren Trend weg von großen SUV hin zu sportlichen viertürigen Limousinen oder Coupes. Letztendlich freuen wir uns darüber, dass eine so erfolgreiche Marke wie Porsche diesen Trend mit dem Panamera bestätigt.

Rückruf steigert Kundeninteresse

Rückruf bei den älteren Modellen brachte Kunden in die Schauräume Foto: Maserati

Autogazette: Das heißt, dass Maserati in Deutschland mehr als 530 Autos wie im vergangenen Jahr absetzen wird?

Hermges: Das können wir nicht sagen. Wir kämpfen natürlich wie alle anderen Hersteller auch.

Autogazette: In wie weit schadet der Rückruf des Quattroporte der Marke oder dem Modell?

Hermges: Eigentlich gar nicht. Wir haben etwa 1700 Kunden, die davon betroffen sind. Immerhin gehen diese Rückrufe bis in das Jahr 2004 zurück. Das bringt uns auch die Kunden ins Haus, die jetzt erstaunt sind über die Entwicklung der Marke. Sie stellen fest, dass die Marke sehr modern geworden ist.

Autogazette: Das heißt also, dass Sie dieses Jahr mehr Autos verkaufen werden...

Hermges:. . . wir fliegen auf Sicht und schauen uns jedes Quartal an und sind froh, dass unsere Händlerzahl weiter anwächst. Denn den Erfolg einer Marke kann man an zwei großen Faktoren messen: zum einen die Nachfrage des Kunden, zum zweiten die Anzahl der Händler, die sich bewerben. Und davon haben wir auch dieses Jahr einige.

Weiße Flecken geschlossen

Die Qualitätssicherung in Modena Foto: AG24/Flehmer

Autogazette: Wie viele Händler haben Sie in Deutschland?

Hermges: Wir haben heute 26 Händler und denke, dass wir gegen Ende des Jahres zwischen 28 und 30 Händlern landen werden.

Autogazette: 35 Händler nannten Sie als Ziel...

Hermges:...inklusive unserer Service-Outlets sind wir heute schon bei 33. Also werden wir die 35 erreichen.

Autogazette: Sind die Vertretungen dann über ganz Deutschland verteilt oder bleibt ein weißer Fleck in Süddeutschland?

Hermges: Wir konnten zum Glück diese so genannten weißen Flecken schließen. Wir orientieren uns eindeutig am Autobahnnetz der Bundesrepublik Deutschland, weil unsere Kunden zwischen 20.000 und 25.000 Kilometer pro Jahr zurücklegen. Das heißt, dass wir schauen, wo unsere Kunden unterwegs sind und einen Maserati-Vertriebs- oder Servicepartner erwarten.

Auto in Deutschland immer etwas Besonderes

Autogazette: Haben Sie Bedenken, dass durch Krisenzeiten der Neid so geschürt wird, dass in Zukunft Fahrzeuge aus dem Luxussegment nicht mehr sicher durch die Straßen chauffiert werden können?

Hermges: Ich glaube nicht, dass so etwas in der Bundesrepublik passiert. Deutschland ist einer der Märkte, in dem ein Fahrzeugkauf - angefangen beim kleinsten Mobil bis hin zur Luxuslimousine - immer eine sehr emotionale Angelegenheit ist. Das Automobil in Deutschland ist etwas Besonderes und wird immer etwas Besonderes sein.

Das Interview mit Peter Hermges führte Thomas Flehmer

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