Demant: Opel für CO2-Grenzwerte gerüstet

Hans Demant sieht den EU-Grenzen beim CO2-Ausstoß gelassen entgegen. Im Interview mit Netzeitung.de fordert der Opel-Chef allerdings die Politik auf, für die nötige Infrastruktur zu sorgen.

Hans Demant sieht Opel für die geplanten EU-Grenzen beim CO2-Ausstoß gut aufgestellt. «Wir sind in diesen Zusammenhang sehr gut aufgestellt und haben alle Voraussetzungen geschaffen, auch in der Zukunft konkurrenzfähig zu sein», sagte der Opel-Chef Netzeitung.de am Rande des Genfer Autosalons.

Für EU-Grenzwerte gerüstet

Zwar seien die Autos noch «ein Stück weg von dem, was wir zu erreichen haben», doch könne das Unternehmen aus Rüsselsheim quasi über Nacht Fahrzeuge mit geringen Verbräuchen anbieten. «Wir haben bei Opel schon vor vier oder fünf Jahren bewiesen, dass wir Fahrzeuge mit geringen Verbräuchen anbieten können. Sie lagen bei einem CO2-Ausstoß um die 120 Gramm. Doch diese Eco-Varianten machten kaum mehr als ein Prozent unserer Corsa- beziehungsweise Astra-Verkäufe aus», so der 56-Jährige.

Auf dem Weg zum Wasserstoff als Antrieb der Zukunft sieht Demant Bio-Ethanol, das bereits in den Modellen der GM-Schwestermarke Saab eingesetzt wird, als sinnvolle Alternative. «Wir haben weltweit Millionen Fahrzeuge in der Produktion, die mit Ethanol laufen. In Brasilien ist unsere gesamte Flotte ausgelegt auf den flexiblen Kraftstoff Ethanol. In Nordamerika haben wir jedes Jahr Neuzulassungen von 400.000 Fahrzeugen, die mit Ethanol fahren können.»

Damit auch ein Opel mit dem flexiblen Kraftstoff fahren kann fordert Demant von der Politik, infrastrukturelle Voraussetzungen zu schaffen. Während in Schweden Bioethanol flächendeckend vorhanden sei, gibt es in Deutschland gerade 80 Tankstellen, die Ethanol anbieten. «Es müssen entsprechende Mengen an Ethanol angeboten werden. Hier ist eine Unterstützung des Staates für die Industrie nötig», so Demant, «man sollte nicht über Ethanol reden, sondern auch eine entsprechende Normung schaffen. Doch wenn die Infrastruktur nicht da ist, macht es wenig Sinn, Fahrzeuge in großen Stückzahlen auf den Markt zu bringen. Wenn ich ein Fahrzeug mit Ethanol-Antrieb anbiete, muss ich dafür auch Tankstellen haben, sonst hat es keinen großen Effekt.»

CO2 signifikant reduziert

Der Opel Signum Foto: Werk

Netzeitung.de: Herr Demant, Bundespräsident Köhler hat der Autoindustrie gerade Versäumnisse bei der CO2-Reduzierung vorgeworfen. Warum haben die Hersteller ihre Hausaufgaben nicht gemacht?

Hans Demant: Das ganze Thema C02 nimmt derzeit enorm an Fahrt auf. Sicherlich auch deshalb, weil wir einen außerordentlich milden Winter erleben. Ich würde dem ganzen Thema aber etwas den Schub nehmen wollen: Wir bei Opel haben in den zurückliegenden Jahren signifikant C02 reduziert, in dem wir modernste Motoren auf den Markt gebracht haben. So haben wir große Einsparungen beim Verbrauch erzielt. Und jeder, der sich ernsthaft mit der Thematik befasst, weiß, dass Verbrauch und C02-Ausstoß zusammen hängen.

Netzeitung.de: Wo liegt denn der derzeitige durchschnittliche CO2-Ausstoß bei den Opel-Modellen? Die Flotte aller europäischen Hersteller emittiert derzeit im Schnitt 161 Gramm pro Kilometer.

Demant: Wir sind in diesen Zusammenhang sehr gut aufgestellt und haben alle Voraussetzungen geschaffen, auch in der Zukunft konkurrenzfähig zu sein.

Netzeitung.de: Schaut man sich die Opel-Flotte an, dann müssten Sie sich doch eigentlich über die Forderung der EU-Kommission freuen, den CO2-Ausstoß bis 2012 auf 130 Gramm zu reduzieren...

Demant: ...freuen ist zuviel gesagt. Die Herausforderung, diesen Wert zu schaffen, ist auch bei Opel sehr groß und geht mit hohem finanziellen Aufwand einher. Wir sind ohne Frage ein Stück weg von dem, was wir zu erreichen haben. Das liegt auch daran, dass eine ganze Reihe Kunden die Präferenz zu größeren Autos mit mehr Leistung haben. Außerdem haben die Hersteller mit einer Vielzahl von gesetzlichen Vorschriften zu leben, die es uns nicht leichter machen, den CO2-Ausstoß noch weiter als bislang zu reduzieren. Ich nenne nur Aufprall- oder Fußgängerschutz.

«Alte Fahrzeuge müssen verschwinden»

Der Opel Vectra OPC Foto: Press-Inform

Netzeitung.de: Machen Sie es sich als Hersteller nicht zu einfach, die Schuld für das Nichteinhalten der Selbstverpflichtungserklärung - also die Reduktion des CO2-Ausstoßes auf 140 Gramm bis 2008 - auf den Gesetzgeber abzuwälzen?

Demant: Ich glaube nicht, dass sich die Industrie - und schon gar nicht wir bei Opel - in der Vergangenheit aus der Verantwortung gestohlen hat. Wir haben immer wieder bewiesen, dass wir in der Lage waren, Ausstattungselemente, die ursprünglich nur für Premiumfahrzeuge vorgesehen waren, auch in großer Menge und breiter Masse einzusetzen. Wir werden das auch in der Zukunft tun. Wir können aber nicht dem Markttrend entgegen wirken. Derzeit diskutieren wir immer nur über Neuwagen, doch das geht ein wenig am Thema vorbei. Denn wir haben in Deutschland das Problem, dass sich bei uns das Fahrzeugalter bei durchschnittlich sieben Jahren bewegt. Wer wirklich etwas gegen C02 tun will, der muss dafür sorgen, dass die alten Fahrzeuge von der Straße verschwinden.

Netzeitung.de: Sind die Kunden überhaupt bereit, sich für ein Fahrzeug mit einem geringeren Verbrauch und C02-Ausstoß zu entscheiden, wenn sie dafür etwas mehr bezahlen müssten?

Demant: Wir haben bei Opel schon vor vier oder fünf Jahren bewiesen, dass wir Fahrzeuge mit geringen Verbräuchen anbieten können. Sie lagen bei einem CO2-Ausstoß um die 120 Gramm. Doch diese Eco-Varianten machten kaum mehr als ein Prozent unserer Corsa- beziehungsweise Astra-Verkäufe aus.

Netzeitung.de: Weil die Fahrzeuge zu teuer waren...

Demant: ...nein, wir haben die Fahrzeuge nicht teurer angeboten. Die Fahrzeuge waren am Ende bei einem Preis, bei dem sich ein vergleichbares anderes Fahrzeug dieser Klasse bewegt hat. Sie wurden dennoch nicht gekauft.

Kein Problem mit KFZ-Steuer

Der Opel Astra Foto: Werk

Netzeitung.de: Glauben Sie, dass eine Bemessung der Kfz-Steuer nicht nach Hubraum sondern nach CO2-Ausstoß zu einem Umdenken beim Kunden beitragen könnte, sich doch für ein verbrauchsgünstigeres Fahrzeug zu entscheiden?

Demant: Wir hätten kein Problem mit einer Kfz-Steuer, die sich nach dem CO2-Ausstoß bemisst und vielleicht die Lasten besser verteilt, als sie heute verteilt sind. Aber man muss natürlich abwarten, wie am Ende die Ausführungsbestimmungen ausschauen.

Netzeitung.de: Saab wird seine kompletten Modelle zukünftig mit Bioethanol-Fahrzeugen anbieten. Ist das die Antwort von GM auf die C02-Diskussion?

Demant: GM wird alle Themen, die abgas- und emissionsmindernd sind, angehen. GM tätigt bereits seit Jahren hohe Investitionen im Bereich der Brennstoffzellen-Technologie. Mit Blick auf die Zukunft ist für uns Wasserstoff der geeignete Treibstoff. Doch die Problematik ist nach wie vor, dass Wasserstoff schwer zu lagern und zu erzeugen ist. Auf dem Weg dorthin gibt es für uns eine ganze Reihe Energien, die man alternativ zum Öl nutzen kann. Dazu gehört ohne Frage Ethanol. Wir haben weltweit Millionen Fahrzeuge in der Produktion, die mit Ethanol laufen. In Brasilien ist unsere gesamte Flotte ausgelegt auf den flexiblen Kraftstoff Ethanol. Ein anderes Beispiel: In Nordamerika haben wir jedes Jahr Neuzulassungen von 400.000 Fahrzeugen, die mit Ethanol fahren können.

Ethanol-Tankstellen gefordert

Saab 9-3 BioPower Foto: AG/Mertens

Netzeitung.de: Ein anderes Beispiel dürfte Schweden sein...

Demant:... natürlich, hier hat der schwedische Staat die Infrastruktur geschaffen, damit Bioethanol auch flächendeckend vorhanden ist. Saab ist hier mit seinen Fahrzeugen Marktführer. Bioethanol wird für uns zukünftig deutlich an Bedeutung gewinnen.

Netzeitung.de: Welche Anreizsysteme erwarten Sie von der deutschen Politik, um für eine Marktdurchdringung von Bioethanol zu sorgen?

Demant: Es müssen entsprechende Mengen an Ethanol angeboten werden. Hier ist eine Unterstützung des Staates für die Industrie nötig. Ich würde mir wünschen, dass man sich in Europa und speziell in Deutschland dazu durchringt, alternative Kraftstoffe zu fördern. Man sollte nicht über Ethanol reden, sondern auch eine entsprechende Normung schaffen. Die Kraftstoffe, die man tanken kann, müssen auch entsprechende Kriterien erfüllen. Wir müssen unsere Fahrzeuge darauf abstimmen. Die Technologie dafür ist bei Opel vorhanden, wir könnten es quasi über Nacht machen. Doch wenn die Infrastruktur nicht da ist, macht es wenig Sinn, Fahrzeuge in großen Stückzahlen auf den Markt zu bringen.

Netzeitung.de: Es wird also dauern, bis es einen Opel mit Ethanol-Antrieb gibt.

Demant: Am Ende geht es darum, Abgasemissionen signifikant zu verbessern. Wenn ich ein Fahrzeug mit Ethanol-Antrieb anbiete, muss ich dafür auch Tankstellen haben, sonst hat es keinen großen Effekt.

Netzeitung.de: Dann macht es bei Saab auch keinen Sinn.

Demant: Doch. In Schweden hat Bioethanol einen ganz anderen Stellenwert. Saab hat in Schweden einen Absatz an Bioethanol-Fahrzeugen in der Größenordnung von 10.000 Fahrzeugen. Das Land ist von der Bevölkerungszahl kleiner. Wenn wir über C02 reden, reden wir über große Penetrationen und nicht über Einzelfahrzeuge. Allerdings ist es für Saab vor den Marktbedingungen in Schweden legitim, hier ein Statement in der Öffentlichkeit zu machen. Doch für Opel sieht das anders aus, wir haben einen ganz anderen Marktanteil, andere Volumen. Ich wiederhole mich: Wir können solche Fahrzeuge über Nacht auf den Markt bringen, dafür brauchen wir jedoch die Infrastruktur - hier ist nun die Politik gefordert.

Kein Vorzieheffekt eingetreten

Der neue Opel Corsa Foto: Werk

Netzeitung.de: Wenn man sich die KBA-Zahlen für die ersten zwei Monate dieses Jahres anschaut, dann konnte Opel in Deutschland nur 37.334 Fahrzeuge absetzen, was einem Rückgang zum Vorjahreszeitraum von 11,3 Prozent entspricht. Ist das nach der Mehrwertsteuererhöhung erwartet worden?

Demant: Wir hatten eigentlich zum Ende des vergangenen Jahres erwartet, einen deutlichen Vorzieheffekt durch die Mehrwertsteuererhöhung zu erleben. Dieser Vorzieheffekt ist nicht eingetreten. Wir sehen jedoch eine deutliche Kaufzurückhaltung in den ersten zwei Monaten durch die Mehrwertsteuererhöhung. Es liegt aber auch an der allgemeinen Lage in Deutschland, die von Verunsicherung geprägt ist. Die Kunden nehmen Abstand vom Autokauf, weil sie sich Sorgen um den Arbeitsplatz machen.

Netzeitung.de: Was erwarten Sie für 2007?

Demant: Wir haben durch eine Neuausrichtung des Flottengeschäfts in 2006 an Marktanteil verloren, doch mit Blick auf die europäischen Zahlen, die nicht so schlecht aussehen, bin ich für das laufende Jahr zuversichtlich. Ich gehe davon aus, dass wir beim Absatz in etwa das erreichen, was wir 2006 erreicht haben.

Das Interview mit Hans Demant führte Frank Mertens

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