«Ein Tata Nano ist für uns nicht interessant»

Interview VW-Vertriebsvorstand Christian Klingler

Der VW-Konzern sieht trotz der Absatzkrise keinen Grund, seine Langfristziele zu revidieren. «Wir halten unverändert an unserer Strategie 2018 und den damit verbundenen Zielen fest», sagte Konzernvertriebsvorstand Christian Klingler der Autogazette.

Der VW-Konzern plant vorerst nicht, seinen Anteil an dem japanischen Autobauer Suzuki auszuweiten. «Es gibt keine Pläne, die Beteiligung noch weiter aufzustocken«, sagte VW-Konzernvertriebsvorstand Christian Klingler im Interview mit der Autogazette.

Wie Klingler sagte, werde die Beteiligung an Suzuki den Wolfsburgern helfen, ihre Wachstums- und Kostenziele zu unterstützen. »Suzuki ist in Ländern stark vertreten, wo wir es weniger sind: Beispielsweise in Japan und Indien. Hier liegt entsprechend Wachstumspotenzial vor«, sagte Klingler.

»Halten an unseren Zielen fest«

Autogazette: Herr Klingler, muss VW aufgrund der Weltwirtschaftskrise sein Ziel revidieren, bis zum Jahr 2018 erfolgreichster Autobauer der Welt zu werden?

Christian Klingler: Nein, die Krise betrifft ja nicht nur uns, sondern auch unsere Mitbewerber. Die einen etwas mehr, die anderen etwas weniger. Wir haben es trotz der Krise geschafft, 2009 erneut bei Auslieferungen und Marktanteil zu wachsen. Wir halten unverändert an unserer Strategie 2018 und den damit verbundenen Zielen fest. Das heißt: Volkswagen wird zum ökonomisch, ökologisch und technologisch führenden Autobauer.

Autogazette: Sie konnten 2009 weltweit 6,29 Millionen Fahrzeuge verkaufen und damit ein Plus von 1,1 Prozent erzielen. Wo sehen Sie den Konzernabsatz in diesem Jahr?

Klingler: Wir glauben, dass der Gesamtmarkt in 2010 auf dem Niveau des Vorjahres bleiben wird, vielleicht mit einem geringen Wachstum. Wir wollen dabei erneut Marktanteile gewinnen.

Autogazette: Der Weltmarkt lag 2009 bei 53 Millionen Einheiten. Experten gehen in diesem Jahr von 55 Millionen Fahrzeugen aus. Sie auch?

Klingler: Wir sind in einer Situation, in der die Märkte ausgesprochen dynamisch reagieren. Das kann in beide Richtungen geschehen, deshalb ist es schwer abzuschätzen, ob das realistisch ist. Wir fahren weiter auf Sicht: Es können 51 Millionen Fahrzeuge werden, genau so gut auch 55 Millionen.

Autogazette: Trotz der Krise hat sich VW zunächst Porsche einverleibt, sich dann mit rund 20 Prozent an Suzuki beteiligt und nun Karmann gekauft. Ist VW im Kaufrausch?

Klingler: Wir haben uns Porsche nicht einverleibt, sondern wir haben uns an der Porsche AG, dem operativen Geschäft, mit 49,9 Prozent beteiligt. Die nächsten Schritte folgen im kommenden Jahr. Mit Blick auf Suzuki sind wir nun dabei, unsere Kooperation auszugestalten.

»Hier liegt Wachstumspotenzial«

Der Suzuki Swift Foto: Suzuki

Autogazette: Welche Bedeutung hat die Beteiligung an Suzuki für die Wachstumsziele von VW? Werden Sie beschleunigt?

Klingler: Suzuki ist in Ländern stark vertreten, wo wir es weniger sind: Beispielsweise in Japan und Indien. Hier liegt entsprechend Wachstumspotenzial vor, vor allem weil Suzuki eine Firma mit einem großen Know how bei Kleinst- und Kleinwagen ist. Das wird uns helfen, unsere Wachstums- und Kostenziele nochmals zu unterstützen.

Autogazette: Bleibt es bei der 20-Prozent-Beteiligung oder wird sie ausgebaut?

Klingler: Es gibt keine Pläne, die Beteiligung noch weiter aufzustocken.

Autogazette: Wird sich denn Suzuki an VW beteiligen?

Klingler: Das ist vorgesehen. Für bis zur Hälfte des Kaufpreises will sich Suzuki an Volkswagen beteiligen.

Autogazette: Welche Möglichkeiten ergeben sich aus der Stärke von Suzuki im Klein- und Kleinstwagensegment für VW?

Klingler: Wir sind gerade dabei, mit den Kollegen von Suzuki eine Liste zu erstellen, welche Aufgaben wir primär angehen wollen.

»Tata Nano für uns nicht interessant«

Der Tata Nano Foto: Tata

Autogazette: Welche Priorität hat ein Kleinstwagen für Schwellenländer auf dieser Liste?

Klingler: Das werden wir dann sehen.

Autogazette: Schließt VW nach dem Einstieg bei Suzuki ein Billigauto wie den Tata Nano weiter aus?

Klingler: Ein Auto wie der Tata Nano ist für uns definitiv nicht interessant.

Autogazette: Planen Sie, dass Suzuki-Händler zukünftig auch VW-Fahrzeuge vertreiben?

Klingler: Es gibt eine Exklusivitätsstrategie in den Schauräumen von VW, und das bleibt auch nach dem Einstieg bei Suzuki so.

Autogazette: VW hat Fabriken von Karmann in Osnabrück gekauft. Was soll dort neben dem Porsche Boxster noch gebaut werden? Das neue Golf Cabrio?

Klingler: Lassen Sie uns bei Karmann erst einmal die ersten Schritte machen.

Autogazette: Auch VW leidet unter Überkapazitäten. Wieso macht es Sinn, sich wie bei Karmann weitere Fertigungsstätten zu kaufen?

Klingler: Weil Karmann ein hochspezialisiertes Unternehmen ist, das unser Know how blendend ergänzt.

Autogazette: In Deutschland konnten 2009 dank der Abwrackprämie 3,8 Millionen Autos verkauft werden. Wie niederschmetternd wird das Jahr 2010?

Klingler: Wir gehen davon aus, dass es ein Markt um die drei Millionen Fahrzeugen plus / minus 100.000 -200.000. sein wird. Wo wir am Ende rauskommen, hängt auch stark von der Nachfrage der Gewerbekunden ab.

»Wollen Marktanteile gewinnen«

VW New Compact Couoe bei der Premiere in Detroit Foto: press-inform

Autogazette: Die VW-Konzernmarken konnten im Vorjahr 1,24 Millionen Autos in Deutschland verkaufen. Was erwarten Sie für das laufende Jahr?

Klingler: Wir wollen Marktanteile gewinnen, werden uns aber nicht an Rabattschlachten beteiligen.

Autogazette: Muss sich die Branche eigentlich darauf einstellen, dass zukünftig das Geschäft nicht mehr in Europa, sondern in China oder Indien gemacht wird?

Klingler: China ist bereits der größte Markt und wird dies auch bleiben. Dann stellt sich die Frage, wie sich der Markt zwischen Europa und den USA entwickeln wird. Wir haben im Pkw-Markt in Europa einen Absatz zwischen zwölf und 15 Millionen, in den USA über zehn Millionen. In Westeuropa wird sich das Wachstum verlangsamen, in Osteuropa erhöhen.

»Konjunkturprogramm nur ein Grund«

Christian Klingler vor einem Polo Foto: VW

Autogazette: In China konnten sie 1,4 Millionen Fahrzeuge absetzen, ein Plus von 36,7 Prozent zum Vorjahr. Wie lange glauben Sie, wird es in China noch solche Wachstumsraten geben? Nur solange es das staatliche Konjunkturprogramm gibt?

Klingler: Das Konjunkturprogramm ist nur ein Grund. Der Absatz ist vor allem getrieben durch eine Steuerregelung für Fahrzeuge unter 1.6 Liter. Ein solches rasantes Wachstum wie 2009 wird es nicht geben, aber wir gehen weiter von einem Wachstum für den Gesamtmarkt von um die zehn Prozent aus.

Autogazette: In den USA konnten sie 213.000 Autos verkaufen. Das ist zwar ein Minus von 4,3 Prozent zu 2008, doch im Dezember legten sie um 16 Prozent zu. Sehen Sie in den USA schon eine Trendwende?

Klingler: Wir glauben, dass der Gesamtmarkt wachsen wird und wir unseren Marktanteil von derzeit knapp über zwei Prozent steigern werden.

Der Audi e-tron Detroit Foto: AG/Mertens

Autogazette: Audi wirbt mit dem Slogan »Vorsprung durch Technik«. Doch der neue A8 hat im Gegensatz zur Mercedes S-Klasse und dem BMW 7er noch nicht einmal einen Hybridantrieb im Angebot. Ist Audi gerade dabei, seinen Technologievorsprung zu verspielen?

Klingler: Audi setzt mit dem A8 sowohl beim Design und Komfort neue Standards im Segment. Wir haben im Powertrain-Bereich beim Diesel einen glänzenden Verbrauchswert von sechs Litern, was jedem Hybrid in dieser Klasse Konkurrenz macht. Aber nächste zusätzliche Schritte werden folgen.

Das Interview mit Christian Klingler führte Frank Mertens

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