«Es ist nicht alles Weltuntergang»

Interview Mini-Chef Wolfgang Armbrecht

Trotz der Finanzkrise will Mini auch 2009 seine Erfolgsstory fortsetzen. Im Interview mit der Autogazette spricht Mini-Chef Wolfgang Armbrecht über die Krise, neue Modelle und die Zukunft der Elektromobilität.

Mini-Chef Wolfgang Armbrecht schaut trotz der Finanzkrise optimistisch ins Jahr 2009. «Die Autoindustrie ist ein Spiegelbild gesamtökonomischer Entwicklungen. Deshalb stellen wir uns auf ein angespanntes Jahr 2009 ein. Doch wir glauben daran, dass wir mit unserem Modellangebot die Krise meistern können, vielleicht besser als mancher Wettbewerber», sagte Armbrecht im Interview mit der Autogazette.

«Cabrio beflügelt Verkäufe»

Positive Einflüsse auf die Verkäufe in diesem Jahr wird dabei das Mini Cabrio haben, das im Frühjahr auf den Markt kommen wird. «Das wird unseren Verkauf beflügeln», sagte Armbrecht. Zur Durchsetzung von Elektroautos setzt Armbrecht auf Anreize des Staates. «Steuerliche Anreize haben immer wieder die Durchsetzung innovativer Techniken beschleunigt», so der Mini-Chef.

«Es ist nicht alles Weltuntergang»

Autogazette: Herr Armbrecht, trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise hat Mini mit über 232.000 Autos ein Absatzplus von 4,3 Prozent erzielt. Sind Sie der große Gewinner der Krise?

Wolfgang Armbrecht: Na. Wir sind sehr zufrieden. Es ist also nicht alles Weltuntergang. Mini liefert damit ein Argument, um positiv aus der aktuellen Situation zu kommen. Das Glas ist halbvoll.

Autogazette: Trotz der positiven Zahlen für Mini gab es auch für Sie im Dezember einen dramatischen Einbruch von fast 28 Prozent. Worauf führen Sie diesen Absturz zurück?

Armbrecht: Die Märkte an sich sind im Dezember extrem zurückgegangen. Wir konnten uns dem nicht ganz entziehen. Dennoch: Mini hat im vergangenen Jahr 232.000 Fahrzeuge verkauft. Gegenüber Vorjahr ein deutliches Plus. Das ist doch in dieser Zeit ein ausgezeichnetes Ergebnis. Vor diesem Hintergrund interessieren einzelne Monate nicht so sehr.

«Cabrio richtig getimt»

Das neue Mini Cabrio Foto: BMW

Autogazette: Der Einbruch von 28 Prozent besorgt Sie mit Blick auf dieses Jahr nicht?

Armbrecht: Wir hatten 2008 das Problem, dass das Mini Cabriolet ausgelaufen ist und der Nachfolger erst in diesem Jahr kommen wird. Und da ist er genau richtig getimt: Wir kommen im Frühjahr und das wird unseren Verkauf beflügeln.

Autogazette: Der Absatzeinbruch könnte aber auch ein Indikator für ein schwaches 2009 sein.

Armbrecht: Wie schon gesagt, das Glas ist halbvoll. Natürlich operieren auch wir nicht losgelöst von der ökonomischen Großwetterlage. Mini ist aber mit dem neuen Cabriolet gut aufgestellt. Dazu kommt der Clubman One und beim Hatch mit 55 kW eine neue Einstiegsmotorisierung. Und das verkaufen unsere Teams jetzt mit Engagement im Markt.

«Kunden wollen pfiffige Kleinwagen»

Autogazette: Sie profitieren also vom Trend zu kleineren Autos?

Armbrecht: Wir registrieren verschiedene Trends im Markt. Ein Trend fokussiert klar kleinere Automobile. Gemeint sind damit potenzielle Kunden, die in Zeiten wie diesen eher kleine, pfiffige und verbrauchsgünstige Kleinwagen wollen. Mini ist hier eine Top-Alternative. So weist zum Beispiel das neue Mini-Cabriolet Verbräuche von zwischen fünf und sechs Litern auf. Der Mini-Cooper Diesel kommt sogar mit 3,9 Litern pro 100 Kilometer aus. Solche Angebote konnten wir in den vergangenen zwölf Monaten sehr gut verkaufen. Zudem haben wir mit dem Pilotprojekt Mini E ein weiteres neues Fenster aufgestoßen. In einem Großversuch bringen wir in den USA 450 Elektro-Minis für jeweils ein Jahr auf den Markt. In Berlin werden es noch einmal 50 Autos sein. Das ist in Summe der weltweit größte Versuch mit solchen Fahrzeugen in Kundenhand.

Autogazette: Statt Lob für dieses Projekt zu erhalten, gab es heftige Kritik von den Umweltverbänden. So bezeichnete Greenpeace den E-Mini als Klimaschwein.

Armbrecht: Das kann ich nicht nachvollziehen. Auch sollten wir neue Ansätze nicht immer gleich kaputt reden. Wer dem schadstoffarmen Automobil das Wort redet, kommt am Elektro-Fahrzeug als eine Alternative nicht vorbei. Wir sind schon ein wenig stolz darauf, das E-Projekt auf den Weg gebracht zu haben. Nach wie vor gibt es hier mehr unbeantwortete Fragen als beantwortete. Der Großversuch in Kundenhand ist ein ganz wichtiger Schritt zu neuen Erkenntnissen. Immerhin haben wir mit dem Mini E ein interessantes Produkt: 204 PS und eine Reichweite in von um die 200 Kilometern.

Autogazette: War die Kritik aufgrund der Wahl des Energieversorgers Vattenfall nicht vorhersehbar?

Armbrecht: Wieso?

«Kritik am E-Mini nicht nachvollziehbar»

Der Mini Clubman Foto: AG/Flehmer

Autogazette: Weil Vattenfall bei der Stromproduktion stark auf Kohle setzt.

Armbrecht: Elektro-Fahrzeuge funktionieren immer dann, wenn das ganze System funktioniert. Hier das einzelne Produkt und dort seine Verknüpfung mit Batterie-Ladetechnik und entsprechender Infrastruktur. Das Produkt haben wir entwickelt. Die Infrastruktur muss von entsprechenden Partnern kommen. Und das Zusammenspiel von Produkt und Infrastruktur erproben wir zum Beispiel in Berlin.

Autogazette: Greenpeace berechnet für den Mini E eine CO2-Emission von 133,5 Gramm. Eine gute Umweltbilanz sieht anders aus.

Armbrecht: Das ist nicht nachvollziehbar, denn wie schon angekündigt wird Vattenfall für dieses Projekt nur «grünen Strom» einsetzen. Der Mini E hat also null CO2-Emissionen.

«Brauchen Anreize»

Der Mini E Foto: BMW

Autogazette: Muss es fiskalische Anreize des Staates geben, damit sich Elektrofahrzeuge durchsetzen?

Armbrecht: Steuerliche Anreize haben immer wieder die Durchsetzung innovativer Techniken beschleunigt. Denken Sie zum Beispiel an den Katalysator. Auch im Feld Elektroantrieb können Anreize für die Nachfrageseite Durchsetzungen fördern.

Autogazette: GM bringt 2010 den Chevrolet Volt auf den Markt, Opel kommt 2011 mit einem E-Auto. Wann rechnen Sie mit dem Serienstart des E-Minis?

Armbrecht: Wir haben diese Ankündigungen mit Interesse gehört. Unser Weg ist ein solider: Wenn wir etwas ankündigen, machen wir es auch. Der Mini E kommt in wenigen Wochen in Kundenhand und wird dann zwölf Monate gefahren. Dann werten wir die Erfahrungen unserer Kunden aus - und dann entscheiden wir.

Autogazette: Wie teuer wäre der Mini E denn heute, wenn ich ihn kaufen könnte?

Armbrecht: Sie können sich ein entsprechendes Fahrzeug heute schon konfigurieren. Unsere Basis ist ein Mini Cooper. Im Internet werden Batterien für etwa 20.000 Euro angeboten. Das und der Um- und Einbau wären hinzuzurechnen.

«Elektrisches Fahren wird seinen Preis haben»

Autogazette: Ein Preis, den niemand für ein solches Auto ausgeben würde.

Armbrecht:Wieso? Das wissen wir doch noch nicht. Schauen Sie sich die Fahrzeug-Angebote von anderen Herstellern an. Ein entsprechender Elektro-Roadster soll z.B. um die 100.000 US-Dollar kosten. Und es scheint dort potenzielle Kunden zu geben, die bereit sind, dieses Geld für ökologisches Fahren ausgeben. Nun ist das sicher ein Extrem. Aber elektrisches Fahren wird auf absehbare Zeit seinen Preis haben. Darauf werden wir uns einstellen müssen.

«Beste Voraussetzungen»

Die Seitenansicht des Mini John Cooper Works Foto: MIni

Autogazette: Der E-Mini hat 204 PS unter der Haube. Warum muss ein E-Fahrzeug soviel Leistung haben?

Armbrecht: Wieso muss? Kann. Was immer wir tun, muss den Werten unserer Marken entsprechen. Mini bietet «Excitement», Begeisterung. Das erwarten unsere Kunden. Und das bieten wir eben auch beim Mini E.

Autogazette: Gehen Sie trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise davon aus, auch in 2009 erneut einen Bestwert bei den Verkäufen erzielen zu können?

Armbrecht: Wenn ich heute Abend die Augen schließe und träume, dann habe ich die neuen Bestmarken vor Augen. Und wenn ich dann wieder aufwache, arbeiten wir alle gemeinsam daran, dass dieser Traum auch 2009 Wirklichkeit wird. Wer wollte nicht besser als im Vorjahr sein? Mini bietet jedenfalls ausgezeichnete Voraussetzungen.

Autogazette: Sie bringen in diesem Jahr das Cabrio, wann kommt das in Paris vorgestellte Crossover-Modell?

Armbrecht: Bald.

«Die vierte Baureihe wird kommen»

Autogazette: Werden Sie bitte konkreter.

Armbrecht: Wir schnüren das Paket jetzt nicht auf. Sie müssen sich noch bis zum Mai gedulden, dann werden wir unser 50. Jubiläum in Silverstone in UK feiern und dabei auch etwas zu Produktneuheiten sagen. Die vierte Baureihe jedenfalls wird kommen, und wir arbeiten zusammen mit unseren Partner Magna Steyr in Graz daran, dass sie unsere Kunden nicht zu lange warten müssen.

Autogazette: Sie planen mittelfristig mit 300.000 Autos. Wachen Sie manchmal mit Alpträumen auf und müssen sagen: Dazu reichen unsere Kapazitäten nicht aus?

Armbrecht: Alpträume habe ich da nicht. Es mag zwar Schwankungen geben, doch die Wachstumsstory von Mini geht weiter. Unsere Produktionskapazität liegt bei 260.000 Fahrzeugen. Da ist noch Raum, zudem haben wir auch noch unseren Partner in Graz.

Autogazette: Nach einer aktuellen Umfrage rechnen Automanager damit, dass es fünf weitere düstere Jahre für die Branche geben wird. Sind Sie auch so pessimistisch?

Armbrecht: Nein. Die Autoindustrie ist ein Spiegelbild gesamtökonomischer Entwicklungen. Deshalb stellen wir uns auf ein angespanntes Jahr 2009 ein. Doch wir glauben daran, dass wir mit unserem Modellangebot die Krise meistern können, vielleicht besser als mancher Wettbewerber.

«Entscheidend sind die Verbräuche»

Autogazette: Rechnen Sie angesichts der Klimadiskussion und der Wirtschaftskrise mit einem Paradigmenwechsel in der Branche: Weg von PS hin zu pfiffigen Kleinwagen?

Armbrecht: Nicht die Leistung ist entscheidend, entscheidend sind die Verbräuche und damit der CO2-Ausstoß. Zudem ist das Automobil ein hoch emotionales Produkt - und das müssen wir auf jeden Fall erhalten.

Das Interview mit Wolfgang Armbrecht führte Frank Mertens

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