«Ein Prius ist von uns nicht zu erwarten»

Interview Mercedes-AMG-Chef Volker Mornhinweg

Mercedes-AMG will seine Verbräuche bis zum Jahr 2012 um bis zu 30 Prozent reduzieren. Im Interview mit der Autogazette spricht AMG-Chef Volker Mornhinweg über die Krise, Boommärkte und die Ausweitung der Modellpalette.

Die hauseigende Mercedes Edelschmiede AMG trotz auch in der Krise dem Trend. Nachdem das Unternehmen im zurückliegenden Jahr 24.200 Autos verkaufen konnte, scheint das Unternehmen auch im Krisenjahr 2009 vom Negativtrend verschont zu bleiben. «Eigentlich hatten auch wir damit gerechnet, dass uns der allgemeine Trend trifft. Doch von Monat zu Monat sind wir überrascht, dass wir davon verschont bleiben», sagte Mercedes AMG-Chef Volker Mornhinweg im Interview mit der Autogazette. Im ersten Quartal ging der Absatz nur um 2,8 Prozent zum Vorjahreszeitraum zurück.

«Verbräuche um 30 Prozent reduzieren»

In Zeiten der zunehmenden Klimadiskussion stellt sich auch AMG den Herausforderungen an den Umweltschutz, wie Mornhinweg sagt. «Bis zum Jahr 2012 wollen wir mit Direkteinspritzung und einer Start-Stopp-Funktion die Verbräuche um 30 Prozent reduzieren.»

«Von Monat zu Monat überrascht«

Autogazette: Herr Mornhinweg, die Branche klagt über drastische Absatzeinbrüche. Sie nicht. Warum läuft es bei Ihnen besser?

Volker Mornhinweg: Eigentlich hatten auch wir damit gerechnet, dass uns der allgemeine Trend trifft. Doch von Monat zu Monat sind wir überrascht, dass wir davon verschont bleiben. Sicher liegt es an unseren tollen Produkten wie aktuell dem C63, das erst vor einigen Monaten in Märkten wie Japan oder Australien eingeführt wurde. Das gleiche trifft auf den SL63 zu. In China beispielsweise kommt die G-Klasse enorm gut an.

Autogazette: Haben Ihnen die AMG-Performance-Center geholfen, die Krise bislang fast unbeschadet zu überstehen?

Mornhinweg: Sicher. Unsere Kunden sind enorm Auto affin. Wenn sie nun in ein Autohaus kommen, in dem der Verkäufer sich gegebenenfalls nicht so gut mit dem Thema AMG auskennt, kommt das bei dieser Klientel nicht so gut an. Entsprechend wichtig ist es, dass er auf AMG-Spezialisten trifft. Deshalb haben wir weltweit 170 Performance-Center errichtet, darunter allein 22 in China.

Autogazette: Wenn die Performance-Center so gut laufen, werden Sie sie weiter ausbauen...

Mornhinweg:...ja, natürlich. Perspektivisch wollen wir bis Mitte 2010 rund 220 AMG-Performance-Center haben.

«USA weiter wichtigster Markt»

Foto: Daimler Foto: Daimler

Autogazette: In China konnten Sie in 2008 den Absatz von 288 Fahrzeugen auf 539 Autos steigern, ein Plus von 190 Prozent. Welcher Markt spielt für Sie neben den USA die größte Rolle?

Mornhinweg: Die USA sind weiter unser wichtigster Markt, dort hatten wir bis vor zwei Jahren 55 Prozent unserer Fahrzeuge verkauft. Um uns aus dieser großen Abhängigkeit zu lösen, haben wir uns 2007 entschlossen, stärker in die neuen Märkte zu gehen, beispielsweise Südafrika oder Australien. Dieses Engagement hat dazu geführt, dass zwar die USA mit nun 35 Prozent weiter unser wichtigster Markt ist, doch dann kommen schon Deutschland, Japan, Kanada, Afrika oder UK.

Autogazette: Ihre Kunden geben im Schnitt weit mehr als 130.000 Euro für einen AMG aus. Ist es dieser Klientel egal, ob die Weltwirtschaft in einer Krise steckt?

Mornhinweg: Das ist von Markt zu Markt verschieden. Natürlich ist auch in den USA unser Absatz zurückgegangen. Wer möglicherweise an den Börsen viel Geld verloren hat, überlegt sich einen Autokauf etwas länger. Doch am Ende kauft sich ein gutsituierter Kunde dann doch einen AMG.

Autogazette: Die US-Hersteller sehen trotz schlechter Verkaufszahlen im März eine Besserung der Situation. Sie auch?

Mornhinweg: Soweit würde ich noch nicht gehen. Wir müssen jetzt erst einmal die April-Zahlen abwarten, um dazu eine Aussage zu treffen. Denn gerade die letzten acht Tage sind besonders wichtig, da machen wir den größten Absatz.

«Umweltdiskussion auch für uns wichtig»

Heck des S63 AMG Foto: Daimler

Autogazette: Der neue S65 AMG hat 612 PS. Passt ein solches Auto noch in unsere Zeit, in der der Umweltgedanke immer wichtiger wird?

Mornhinweg: Natürlich ist die Umweltdiskussion auch für uns wichtig. Doch AMG-Fahrzeuge sind nicht das einzige Fahrzeug im Fuhrpark unserer Kunden. Für sie ist es das Zweit- oder Drittfahrzeug. Entsprechend fährt man auch nicht viele Kilometer mit ihm.

Autogazette: Wie viele Kilometer legt man in einem AMG pro Jahr zurück?

Mornhinweg: Rund 10.000 bis maximal 15.000 Kilometer. Doch wir nehmen das Thema sehr ernst und reduzieren ständig die Verbräuche. Man darf aber nie den Kunden vergessen; der will Performance. Aber er fordert auch eine Reduktion des Verbrauchs und der Emission. Deshalb haben wir in den vergangenen zwei Jahren Unsummen in das Thema investiert. Beim E63 haben wir beispielsweise im Vergleich zum Vorgänger einen Verbrauch von minus 13 Prozent erzielt, sodass er jetzt nur noch 12,6 Liter auf 100 Kilometer verbraucht. Bis zum Jahr 2012 wollen wir mit Direkteinspritzung und einer Start-Stopp-Funktion die Verbräuche um 30 Prozent reduzieren.

Autogazette: Nur beim E63 oder bei allen AMG-Modellen?

Mornhinweg: Verbrauchsreduktion wird selbstverständlich nicht nur für den E63 AMG greifen, sondern mit konsequenter Arbeit an allen Modellen über die gesamte AMG-Flotte erzielt werden.

Autogazette: Welche Rolle spielen Alternative Antriebe wie Hybride für Sie?

Mornhinweg: Durch die Optimierungen der Verbrennungsmotoren bei der E-Klasse besitzen wir noch ein großes Potenzial. Man muss viel Geld investieren, keine Frage. Doch im Zusammenspiel Motor und Getriebe lässt sich noch viel erreichen. So haben wir hier durch unsere Black Series viel gelernt. Ein Prius ist von uns sicher nicht zu erwarten, doch ein Hochleistungs-Hybrid oder ein Hochleistungs-E-Drive würde für uns Sinn machen.

«Nicht zu früh die Hosenträger schnalzen»

E 63 AMG Foto: Mercedes

Autogazette: Machen Sie sich Gedanken über einen A- oder B-Klasse als AMG-Version?

Mornhinweg: Die bisherige Plattform gab es nicht her. Doch an der Plattform, an der Mercedes derzeit arbeitet, wäre es möglich. Da sehe ich Potenzial, entsprechend arbeiten wir schon einem Antriebsstrang.

Autogazette: Es ist also beschlossene Sache, dass eine A- und B-Klasse als AMG-Ausführung kommt?

Mornhinweg: Beschlossene Sache noch nicht, aber wir untersuchen es. Noch in diesem Jahr werden wir eine Entscheidung treffen.

Autogazette: Kann Luxus der Krise trotzen?

Mornhinweg: Ich bin da eher vorsichtig. Man sollte nicht zu früh seine Hosenträger schnalzen lassen. Aber wir sind sehr zufrieden mit den ersten drei Monaten.

«Haben jetzt weiteren Spielkameraden»

Autogazette: Viele sagen, in der zweiten Jahreshälfte soll die Talsohle durchschritten sein. Sie auch?

Mornhinweg: Speziell in Deutschland ist das Massengeschäft seit Jahren immer stärker zurück gegangen. Doch wir haben uns entgegen dem Trend entwickelt. High-Performance läuft gegen den Trend.

Autogazette: Sehen Sie den Porsche Panamera als Konkurrenz?

Mornhinweg: Auf jeden Fall für unseren CLS63. Wir haben jetzt einen weiteren Spielkameraden im Geschäft. Wenn man einen gesunden Wettbewerber hat, dann treibt das die eigene Vertriebsorganisation an.

Das Interview mit Volker Mornhinweg führte Frank Mertens

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