«Wollen kein Ankündigungsweltmeister sein»

Interview Audi-Chef Rupert Stadler

Rupert Stadler plant für das Jahr 2010 wieder mit einem Absatz von einer Million Fahrzeugen. „Wenn wir das heute schon sagen, dann ist das ein klares Bekenntnis in die Stärke unserer Produkte“, sagte der Audi-Chef im Interview mit der Autogazette.

Ungeachtet der Weltwirtschaftskrise hält Rupert Stadler an seinem Ziel fest, Audi bis zum Jahr 2015 zum weltweit führenden Premiumhersteller zu machen. Dass sich BMW dabei zum Ziel gesetzt hat, bis 2012 bereits 1,6 Millionen Autos zu verkaufen, irritiert den Audi-Chef nicht. „Ich habe immer gesagt, dass wir keine Rallye um das höchste Absatzvolumen machen. Die Premiummarke Nummer eins definiert sich vor allem aus der Profitabilität in Verbindung mit Qualität und Kundenbegeisterung. Deshalb halte ich an der Aussage fest: Audi wird 2015 erfolgreichster Premiumhersteller der Welt sein“, sagte Stadler im Interview mit der Autogazette.

Eine Million Autos in 2010

Für das Jahr 2010 zeigt sich Stadler zuversichtlich, wieder über eine Million Fahrzeuge verkaufen zu können. „Wenn wir das heute schon sagen, dann ist das ein klares Bekenntnis in die Stärke unserer Produkte, aber auch eine Ansage an unsere Wettbewerber“, fügte Stadler hinzu.

Autogazette: Herr Stadler, Audi konnte im Januar weltweit 77.800 Fahrzeuge verkaufen. Das entspricht einem Absatzplus von 39 Prozent. Ist dieser gute Start bereits ein Indikator für ein Ende der Krise?

Rupert Stadler: Nein, diese Annahme wäre falsch. Wir sind jetzt erst einmal froh, dass wir das Krisenjahr 2009 mit Bravour bestanden haben und einen Absatz von 950.000 Fahrzeugen erzielen konnten. Mit dem neuen Jahr wurden alle Zähler erst einmal wieder auf Null gestellt. Auch 2010 wird unsere Branche noch mit den Auswirkungen der Krise fertig werden müssen.

Autogazette: Woher kommt diese Zurückhaltung trotz des guten Resultats im Januar?

Stadler: Sicherlich war der Januar ein guter Auftakt, allerdings muss man die Steigerungsrate auch im Zusammenhang mit einem Vorjahresergebnis sehen, das stark von der Krise beeinflusst war.

Autogazette: Wo sehen Sie in diesem Jahr das Wachstum, wohl weniger in Europa als in Asien?

Stadler: Das stimmt. Wachstum werden wir wohl am stärksten in China und anderen asiatischen Märkten haben, in geringerem Umfang wahrscheinlich auch in den USA und Südamerika. In Westeuropa erwarte ich eine stabile Marktentwicklung.

„Klares Bekenntnis in unsere Stärke“

Der Audi A1 Audi

Autogazette: Wie sieht Ihre Absatzerwartung in diesem Jahr aus?

Stadler: Ich bin zuversichtlich, dass wir unsere Bestmarke von einer Million Autos beim Absatz packen können. Wenn wir das heute schon sagen, dann ist das ein klares Bekenntnis in die Stärke unserer Produkte, aber auch eine Ansage an unsere Wettbewerber.

Autogazette: Der Weltmarkt lag 2009 bei 53 Millionen Fahrzeugen. Einige Experten sprechen für 2010 von 55 Millionen Autos. Teilen Sie diese Auffassung?

Stadler: Wir müssen damit umgehen, dass das Wachstum nicht in Deutschland oder Europa stattfindet, sondern in Exportländern wie China oder den USA oder Südamerika. Auf dem deutschen Markt wird es nach dem Ende der Abwrackprämie eher eine Durststrecke geben. .

Autogazette: Sie haben mit dem A1 auf dem Autosalon Genf die Weltpremiere gefeiert. Mit welcher Absatzerwartung gehen Sie in dieses Jahr? Für ein volles Jahr liegt die Ansage bekanntlich bei 80.000 Autos.

Stadler: Wir werden den Audi A1 im Sommer auf den Markt bringen, entsprechend haben wir in diesem Jahr nur ein knappes halbes Jahr Zeit, Absatz zu machen. 2011, im ersten vollen Jahr, wollen wir 80.000 Einheiten ausliefern.

"Audi A1 kommt zunächst in Europa"

Audi A1 e-tron Audi

Autogazette: Sie bringen den Audi A1 zunächst nur in Europa auf den Markt, in den USA und China nicht? Warum verzichten Sie freiwillig auf zusätzlichen Absatz?

Stadler: Der A1 kommt zunächst in Europa auf den Markt, weil hier die Nachfrage am größten sein wird. Wir haben es hier ja mit einem noch sehr jungen Marktsegment zu tun. Wir beobachten die Situation auf anderen Märkten sehr genau, aber werden den A1 nach heutigem Stand nicht in der ersten Generation in den USA einführen.

Autogazette: Warum nicht? Die US Regierung will doch den Durchschnittsverbrauch bis 2016 von neun auf 6,6 Liter für Autos und Kleinlaster verringern. Wäre es da nicht passend, den A1 auch auf den US-Markt zu bringen?

Stadler: Wir sind mit unseren aktuellen Produkten in Sachen Effizienz in USA bereits gut aufgestellt. So ist unser Audi A3 2.0 TDI Clean Diesel zum „Green Car of the Year“ gekürt worden und hat sich damit sogar an Hybridmodellen vorbei auf den ersten Platz geschoben. Auch der hocheffiziente Q7 3.0 TDI Clean Diesel ist hervorragend positioniert. Nicht zu vergessen unser neuer Audi A8. Sein Verbrauch liegt um bis zu 22 Prozent unter dem des Vorgängers und wird damit auch in den Staaten seinen Beitrag zur weiteren Effizienzsteigerung leisten. Wir werden die neuen Vorgaben der US-Regierung erfüllen.

Autogazette: Schließen Sie ein Auto unterhalb des A1 perspektivisch für Audi aus?

Stadler: Wir führen jetzt den A1 ein. Natürlich denken wir über vieles nach und sprühen vor Ideen. Aber erst wenn ein Konzept aus unserer Sicht Sinn und wirtschaftlich darstellbar ist, reden wir darüber und treffen Entscheidungen.

Autogazette: Warum so zurückhaltend? Es gibt im Konzern ja den VW E-Up, der in modifizierter Form auch zu Audi passen würde.

Stadler: Denkbar ist vieles. Wir zeigen in Genf mit dem A1 e-tron ein Concept Car, das batteriebetrieben fährt, über einen Range Extender verfügt und damit auf einen Verbrauch von 1,9 Litern auf 100 Kilometern kommt. Das macht uns so schnell keiner nach.

"Wollen kein Ankündungsweltmeister sein"

Der Audi R8 Spyder Audi

Autogazette: Sie haben immer gesagt, dass es eine Lücke zwischen A1 und A3 gibt. Ab wann ist denn dann mit der Wiederkehr des A2 zu rechnen?

Stadler: Wir wollen nicht Ankündigungsweltmeister sein, sondern konzentrieren uns erst einmal auf das, was konkret ansteht – das ist bereits eine ganze Menge. Für einen Nachfolger des A2 gibt es schon die eine oder andere Idee. Entschieden ist da aber noch nichts.

Autogazette: Wenn Sie über urbane Mobilität sprechen, muss man auch über Elektromobilität sprechen. Doch mit Blick auf Kleinwagen können Sie nur das Showcar Audi A1 e-tron anbieten. In welch ferner Zukunft kommt er auf den Markt?

Stadler: Die Zukunft ist keineswegs so fern: Den ersten e-tron auf Basis des R8 wird es schon Ende 2012 in einer Kleinserie geben. Wir fangen ganz oben in der Modellpalette an, weil wir glauben, dass da die größte Kaufbereitschaft besteht.

Autogazette: Und wann kommt der A1 e-tron auf den Markt?

Stadler: Der A1 e-tron zeigt, wie die Elektrifizierung eines A1 aussehen könnte. Als seriennahes Konzept zeigt dieses Auto, welches Potenzial perspektivisch in Thema Elektromobilität steckt. Effizienz ist bei Audi breit gefächert: Wir optimieren die Verbrennungsmotoren weiter und setzen konsequent auf Leichtbau. Den Elektroantrieb gehen wir umfassend an: Vom Mild Hybrid bis zur Brennstoffzelle. Das nenne ich ein respektables Programm.

Autogazette: Audi lobt immer wieder die Effizienz seiner Fahrzeuge wie zuletzt den Verbrauch des neuen Audi A8 mit sechs Litern, doch eine Hybridversion bieten Sie für Ihr Flaggschiff erst 2011 an. Machen Sie sich manchmal Sorgen um die Innovationskraft von Audi?

Stadler: Nein, überhaupt nicht. Es hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass der Audi A8 beim Verbrauch Benchmark ist. In Genf haben wir eine Hybridversion des A8 mit Vierzylindermotor gezeigt, der über 211 PS verfügt und 144 Gramm CO2 emittiert. Das nenne ich Vorsprung durch Technik.

"Am Ende geht es darum, wer am effizientesten ist"

Der neue Audi A8 Audi

Autogazette: Doch dieses Auto kommt erst Ende 2011 auf den Markt. BMW und Mercedes haben beim 7er beziehungsweise der S-Klasse entsprechende Hybriden bereits im Angebot. Steht das nicht im Widerspruch zum Markenclaim „Vorsprung durch Technik“?

Stadler: Dann vergleichen Sie mal die Verbrauchswerte. Am Ende geht es doch darum, wer am effizientesten ist. Und das wollen wir sein. Unsere Ingenieure haben da einen ungeheuren Ehrgeiz.

Autogazette: Ärgert es Sie eigentlich, wenn BMW in einem internen Infobrief an seine Händler schreibt, dass Audi sich bei technischen Innovationen hauptsächlich an BMW orientiere und Innovationen meist aus dem VW-Konzernregal übernehme?

Stadler: Nein, denn ich weiß, wie kreativ und innovativ unsere Mannschaft ist..

Autogazette: Wie beschreiben Sie derzeit Ihr Verhältnis zu BMW? Ist unterkühlt noch geschmeichelt?

Stadler (schmunzelt): Nein, keineswegs. Es ist gut. Wir gehen sportlich und fair miteinander um.

Autogazette: Im Januar setzten Sie in den Staaten 6500 Autos ab, ein Plus von 37,9 Prozent. Sehen Sie in den USA bereits eine nachhaltige Erholung?

Stadler: Im vergangenen Jahr ist der Premiummarkt um 25 Prozent eingebrochen, wobei wir es mit Audi geschafft haben, den Rückgang auf fünf Prozent zu begrenzen. Damit konnten wir mit 83.000 Auslieferungen abschließen. Für dieses Jahr erwarten wir wieder leichtes Wachstum.

Autogazette: In China konnten Sie zum Jahresauftakt 17.000 Autos verkaufen, in Deutschland dagegen nur 12.000 Autos. Kann China angesichts der Wachstumsraten Deutschland schon in diesem Jahr als wichtigsten Absatzmarkt ablösen

Stadler: Wir selbst sehen China schon seit einigen Jahren als unseren zweiten Heimatmarkt und sehen noch enormes Potenzial. Ich bin zuversichtlich, dass wir auch in diesem Jahr einen Wachstumsschub hinbekommen.

"Halte an meiner Aussage fest"

Autogazette: Hat die Weltwirtschaftskrise dazu geführt, dass Sie ihr Ziel revidieren müssen, bis 2015 mit 1,5 Millionen Autos erfolgreichster Premiumhersteller zu werden?

Stadler: Nein, in keinster Weise.

Autogazette: BMW-Finanzvorstand Friedrich Eichiner ließ unlängst wissen, dass man schon bis 2012 1,6 Millionen Autos absetzen wolle. Sehen Sie da keinen Widerspruch?

Stadler: Glückwunsch. Ich habe immer gesagt, dass wir keine Rallye um das höchste Absatzvolumen machen. Die Premiummarke Nummer eins definiert sich vor allem aus der Profitabilität in Verbindung mit Qualität und Kundenbegeisterung. Deshalb halte ich an der Aussage fest: Audi wird 2015 erfolgreichster Premiumhersteller der Welt sein.

Das Interview mit Rupert Stadler führte Frank Mertens

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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