Fahrdienst-Vermittler Uber versucht sich an Neuanfang

Kalanick nimmt unbefristete Auszeit

Fahrdienst-Vermittler Uber versucht sich an Neuanfang
Ex-Uber-Chef Travis Kalanick. © dpa

Der umstrittene Fahrdienstleister Uber versucht sich nach einer Vielzahl von Skandalen an einem Neuanfang – und das vorerst ohne seinen Chef Travis Kalanick. Der nimmt sich eine unbefristete Auszeit.

Neuanfang beim teuersten Start-up der Welt: Uber-Chef Travis Kalanick nimmt eine unbefristete Auszeit, während der umstrittene Fahrdienst-Vermittler mehr Ordnung in sein Geschäft bringen will. Die Maßnahmen sollen auch für mehr Transparenz und Gleichberechtigung sorgen. So sollen Beschwerden von Mitarbeitern über das Arbeitsklima künftig besser dokumentiert und mehr Frauen in der Auswahl für Führungspositionen berücksichtigt werden. Zudem wird der Konsum von Alkohol bei Firmenpartys eingeschränkt und keine Betriebsausgaben mehr ohne Rechnung erstattet. Die 13 Seiten langen Empfehlungen offenbaren auch das Ausmaß der Mängel in Ubers Unternehmensführung.

Das Start-up wurde in den vergangenen Monaten von einer Untersuchung zu Vorwürfen von Sexismus und Diskriminierung erschüttert. Die Vorschläge wurden von der Ermittlungskommission unter Leitung des ehemaligen US-Justizministers Eric Holder formuliert. Dazu gehört auch, dass Kalanick einen Teil seiner Chef-Vollmachten an andere Manager abgeben müsse. Kalanick hat zudem eine persönliche Tragödie zu verarbeiten: Seine Mutter kam vor kurzem bei einem Bootsunfall ums Leben, sein Vater wurde dabei schwer verletzt.

Auszeit vorerst unbefristet

Der Uber-Chef nannte in einer E-Mail an die Mitarbeiter keinen Zeitraum für seine Rückkehr - es könne früher oder später werden als heute absehbar wäre. Er werde dabei für strategische Weichenstellungen erreichbar bleiben. Zuvor war in Medienberichten von einem dreimonatigen Urlaub die Rede gewesen. «Die jüngsten Ereignisse haben mir beigebracht, dass Menschen wichtiger als die Arbeit sind», schrieb Kalanick. Zugleich machte Kalanick deutlich, dass er eine Führungsrolle bei Uber behalten wolle. Er brauche eine Auszeit vom Tagesgeschäft, um seine Mutter zu betrauern, sowie «um nachzudenken, an mir zu arbeiten und ein Weltklasse-Führungsteam aufzubauen». Er verabschiedete sich mit «wir sehen uns bald.» Kalanick und seine Vertrauten im Aufsichtsrat haben die weitreichende Kontrolle über das Unternehmen dank Aktien mit mehr Stimmrechten.
Während Kalanicks Abwesenheit soll der Rest des Führungsteams die Firma leiten, ein kommissarisch amtierender Chef wurde nicht ernannt. In den vergangenen Monaten hatten mehrere Top-Manager Uber verlassen. Zuletzt ging Kalanicks umstrittener Vertrauter Emil Michael, der eine wichtige Rolle im operativen Geschäft spielte.

Uber und Kalanick gerieten in den vergangenen Wochen immer stärker unter Druck. Das wegen seiner aggressiven Firmenkultur und Wachstumsstrategie berüchtigte Unternehmen musste die tiefgreifende Untersuchung einleiten, nachdem eine ehemalige Software-Entwicklerin von Sexismus und sexueller Belästigung berichtete, die trotz Beschwerden folgenlos geblieben seien. In einem ersten Schritt waren rund 20 Mitarbeiter entlassen worden und Dutzende weitere in Schulungen geschickt. Jetzt sollen neue Strukturen und Kontrollmechanismen geschaffen werden, um solche Fälle zu verhindern. «Die ultimative Verantwortung dafür, wo wir stehen und wie wir dort angekommen sind, liegt auf meinen Schultern», schrieb Kalanick in seiner E-Mail. Er wolle an einem «Uber 2.0» arbeiten und dafür sei auch ein «Travis 2.0» nötig.

Kalanick war treibende Kraft

Kalanick gilt als treibende Kraft hinter der aggressiven weltweiten Expansion des Start-ups, das in Finanzierungsrunden zuletzt laut Medienberichten mit bis zu 69 Milliarden Dollar bewertet wurde. Zugleich wurde aber auch kritisiert, dass er bei Uber eine Kultur geschaffen habe, bei der Leistung und Erfolg wichtiger als alles andere seien. Kalanick musste sich in den vergangenen Monaten bereits rechtfertigen, nachdem ein Video veröffentlicht wurde, in dem er hitzig mit einem Uber-Fahrer diskutierte. Er versprach danach, künftig erwachsener zu agieren und in den vergangenen Monaten wurde nach einer starken Nummer zwei für ihn gesucht.

Ausgerechnet bei der Vorstellung des Untersuchungsberichts fiel Verwaltungsratsmitglied David Bonderman mit einem Kommentar auf, der allgemein als sexistisch aufgefasst wurde. Als seine Kollegin Arianna Huffington davon sprach, mehr Frauen in den Verwaltungsrat zu bringen, warf er ein, dass dadurch bei den Sitzungen mehr geredet würde. Bonderman, ein Milliardär, der für den Privatinvestor TPG im Uber-Kontrollgremium sitzt, rechtfertigte sich später, er habe das positiv gemeint. Er zog sich dennoch aus dem Verwaltungsrat zurück, nachdem die Kritik an der Bemerkung immer lauter wurde. (dpa)

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