Toyota Mirai: Langer Atem historisch bedingt

Brennstoffzellenfahrzeug in Serie

Toyota Mirai: Langer Atem historisch bedingt
Die Produktion des Toyota Mirai läuft überwiegend manuell ab. © Toyota

Beim Hybrid-Antrieb hat Toyota einen extrem langen Atem bewiesen. Nun versucht der weltgrößte Autohersteller seine Standhaftigkeit auch beim Wasserstoffantrieb unter Beweis zu stellen.

Von Thomas Flehmer

Geschichte wiederholt sich. Lange Zeit wurden Sie belächelt – vor allem auch von deutschen Herstellern. Nicht nur als Toyota 1997 den ersten Prius auf den Markt brachte, sondern auch sieben Jahre später, als der damalige VW-Chef Bernd Pischetsrieder Hybridfahrzeuge als „Katastrophe bei der ökologischen Gesamtbilanz“ bezeichnete. Elf Jahre später haben Toyota und der Edel-Ableger Lexus über acht Millionen Hybride verkauft und können dank der großen Serienproduktion, die Autos zum Preis von Dieselfahrzeugen anbieten, während andere Hersteller sich den großen Aufwand der kleinen Serie noch teuer bezahlen lassen. "Wir sind mit dem Thema 95 Gramm CO2-Ausstoß pro Kilometer durch", sagt Dirk Breuer, Pressesprecher Technik bei Toyota, "wir arbeiten schon am nächsten Ziel."

Langsames Wachstum von Wasserstofftankstellen

Nun betätigen sich die Japaner mit dem Mirai als erneuter Vorreiter – diesmal gemeinsam mit Hyundai, das ebenfalls mit dem ix35 ein Brennstoffzellen-Auto in Serie, dem nur Wasserstoff entweicht, herstellt und auch verkauft, während anderen noch die Frage nach dem „Huhn oder dem Ei“ im Hinterkopf schwebt. Denn von einer richtigen Infrastruktur kann man angesichts von gerade einmal 15 Tankstellen in Deutschland nicht sprechen. Immerhin sind bis zu 50 Tankstellen für das kommende Jahr geplant, „2023 sollen 400 Tankstellen das Netz abdecken“, wie Jessica Becker von der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) sagt.

Bei Toyota wissen sie, dass erneut ein langer Atem erforderlich ist. „Das Volumen lässt noch zehn Jahre auf sich warten. Es ist wie beim Hybrid“, so Breuer. Derzeit werden drei Mirai pro Tag hergestellt, fast nur in Handarbeit. „Bis 2017 sollen 3000 Fahrzeuge pro Jahr das Werk verlassen."

Mirai-Karosserie wird um den Tank gebaut

Die Produktion des Toyota Mirai läuft überwiegend manuell ab.
Das Innenleben des Toyota Mirai Toyota

Dabei greifen die Japaner auch stark beim Prius zu, der ja ebenfalls einen Elektromotor unter der Haube hat – wie auch der Mirai. „Nur der Tank und die Brennstoffzelle sind neu“, sagt Breuer. Allerdings wurde die futuristisch wirkende Karosserie – Mirai ist das japanische Wort für Zukunft - „extra für den Tank gebaut.“

Während der Entwicklungszeit haben die Ingenieure die Polymer Elektrolyt-Brennstoffzelle auf ein Volumen von 64 auf 37 Liter Volumen verkleinert und die Anzahl der Wasserstofftanks von vier auf zwei reduziert. Fünf Kilogramm Speichervermögen reichen nun für eine Reichweite von 500 Kilometern. Damit könnte bereits heute Deutschland durchquert werden – ohne Angst davor, liegen zu bleiben.

Keine Angst vor Wasserstoff

Ängste spielen für Gerd Lottsiepen auch eine Rolle für den Erfolg der Brennstoffzellenfahrzeuge. Der verkehrspolitische Sprecher des ökologischen Verkehrsclub Deutschlands (VCD) sieht bei den Deutschen zu viel Respekt vor Neuerungen – und das auch noch bei Fahrzeugen, auf denen nicht das VW- oder Mercedes-Emblem auf der Kühlerhaube thront.

So kommen beim Thema Sicherheit natürlich die Aspekte Explosion und Tiefgarage – wie schon früher bei Gasfahrzeugen – quasi auf Wiedervorlage. Ängste, die laut Breuer unberechtigt sind. „Wasserstoff ist 14 Mal leichter als Luft. Wenn Wasserstoff ausweichen sollte, schwebt es nach oben ab und kann sich nicht entzünden. Dagegen platschen fossile Brennstoffe nach unten und unter das Auto und können dann entflammen.“ Auch Fahrten in Tiefgaragen seien nicht verboten und schon gar nicht gesundheitsgefährdend.

Zahlreiche Komponenten vom Toyota Prius

Das Brennstoffzellenfahrzeug Toyota Mirai
Der Toyota Mirai kostet 999 Euro pro Monat Toyota

Ein Hinderungsgrund ist natürlich der Preis von 78.580 Euro oder 999 Euro monatliche Leasingraten. Auch hier gibt es Parallelen zum Hybrid, dessen Technik zu Anfang auch teurer war und sich mittlerweile einpendelt. Werner Diwald, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verbandes (DWV) ist sich sicher, dass schon bald die Preise nach unten gehen werden. „Die Komponenten sind nicht teurer als andere Komponenten, zudem werden viele Teile vom Prius auch für den Mirai verwendet.“

Diwald sieht zudem große Vorteile beim Wasserstoff. Bis zum Jahr 2050 soll der Strom von erneuerbaren Energien kommen, zudem kann Wasserstoff bei windigen Hochzeiten durch die Überkapazität von Strom hinzugewonnen und gespeichert werden. „Wasserstoff braucht keine Energiewende“, sagt Diwald, „sondern ist ein Teil der Evolution der Energiewende. Der langfristige Weg wird der über den Wasserstoff sein.“ Denn Strom wird in Zukunft mehr benötigt als Öl und Kohle.

Langer Weg bis zum Wasserstoff-Zeitalter

Zugleich gibt Diwald zu bedenken, dass die derzeitigen Öl- und somit auch Kraftstoffpreise in ein paar Jahren in anderen Sphären sich ansiedeln werden. Dass mit dem Wasserstoff als Energieträger auch eine Unabhängigkeit vom Erdöl oder auch vom Gas erreicht werden kann, ist ein ebenso gewichtiges Argument. Und die sehr gute CO2-Bilanz – bei Wasserstoff-Fahrzeugen kommt auch nur Wasser aus dem Auspuff – ist ein weiteres Argument.

Trotz der Argumente wird der Weg trotzdem ein langer sein. „Ich sehe nicht, dass die Brennstoffzelle in der nächsten Zeit ein Verkaufserfolg werden wird“, sagt Lottsiepen. Dabei sei Technik gut. „Mercedes hatte schon für 2004 eine Flotte versprochen. Mal sehen, ob es nun mit 2017 etwas wird. Toyota hat mal wieder alle locker links überholt. Wenn der Markt da wäre, wäre Toyota der erste Hersteller, der Brennstoffzellenautos in Serie bringen würde.“ Geschichte scheint sich zu wiederholen.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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