Brüllende Kampfstiere in St. Moritz

Für die wahren Fans der Marke war das Lamborghini-Treffen im Schweizer Nobelort St. Moritz der Höhepunkt des Jahres. Der Sound der 120 Boliden beim Start übertönte denn auch alles Übrige.

Von Stefan Grundhoff

120 bunt schillernde und laut brüllende Sportler - nahezu das komplette Lamborghini-Programm vom 350 GT bis zum neuesten Gallardo Spyder bekommt auch der Schweizer Wintersportort St. Moritz nicht alle Tage zu sehen. Knapp 240 Lamborghini-Anhänger übertönen mit ihren PS-starken Boliden aus Santa Agata das traditionelle Jodlerfestival, das nur ein paar hundert Meter weiter stattfindet. Auch beim Publikum haben es die musikalischen Aufführungen schwer, denn Touristen und Einheimische haben Diabolo, Countach und LM 002 schnell in ihre Herzen geschlossen.

Weite Anreise schreckt nicht

Auch wenn es gerade in den sommerlichen Alpenregionen oftmals beschaulich zugeht, fügen sich die kunterbunten «Lambos» problemlos ins Ortsbild von Sankt Moritz ein. Hier leben die Schönen, Reichen, jede Menge Promis und solche, die es werden wollen. Da ist zumeist auch ein Sportwagen von Lamborghini nicht weit. Viele der Fans italienischer Automobilkunst waren mehr als 1000 Kilometer weit zum Treffen in die die Schweiz gereist. Dr. Herbert Busch ist zusammen mit seiner Frau aus der Nähe von Neuss gekommen. Sein Schmuckstück - einen 69er Miura - hat der Autofan ebenso zu Hause gelassen, wie seine hier deplatzierten BMW-Oldtimer. Angesichts der langen Tour hat er sich für seine Allzweckwaffe, einen smarten Espada entschieden.

Komfort geht vor

Dunkelgrüne Lackierung, beiges Leder und nicht einmal 50.000 Kilometer gelaufen. «Den fahre ich jetzt seit etwa zehn Jahren. Ich hatte vorher schon einen anderen, ebenfalls in dunkelgrün», erzählt der sportliche 66-Jährige. «Auf längeren Strecken ist der Espada einfach komfortabler als mein Miura. Deshalb nehme ich lieber den.» Preiswerte sind solche Spielzeuge nicht. Ein Espada kostet je nach Zustand zwischen 45.000 und knapp 60.000 Euro. Für einen Miura SV werden bis zu 330.000 Euro geboten.

Jede Menge Preziosen

So mancher Oldtimer ist darunter Foto: Press-Inform

Die meisten Lamborghinis beim Treffen sind jedoch die aktuellen Modelle - Gallardo, Gallardo Spyder, Murcielago oder die kantig-kernigen Diabolos - gerne bunt, selten dezent. Valentino Balboni, seit mehr als 40 Jahren Chef-Testfahrer beim Lamborghini, schaut ebenfalls in Sankt Moritz vorbei. Lässig pilotiert er einen 77er Countach in strahlendem weiß durch die Menge. Balboni kennt hier jeder und die, dich noch fragen müssen, werden von anderen wortreich in die bewegte Lambo-Historie eingeführt. Vor dem eleganten Hotel am Ortseingang strahlen zwei weitere Preziosen: ein dunkelroter 350 GT aus dem Jahre 1964 und einer der letzten produzierten Countach, silbermetallic und mit den bekannt mächtigen Schlappen.

Als sich am Morgen die Riege der zehn- und zwölfzylindrigen Kampfstiere aus dem Schlaf erhebt, geht ein Brüllen durch das noch verschlafene Sankt Moritz. Nur mühsam können die Alphornbläser aus Bern ihre Enttäuschung über die automobile Konkurrenz verhehlen. Das zerlegte Instrument auf der Schulter ziehen sie halb begeistert, halb enttäuscht zur nächsten Aufführung. Grund: In den Morgenstunden ist die Schar der Zuhörer von Valentino Balboni größer als die, die sich vor der Bühne in Hotelbühne einfindet. «Ich liebe alle Lamborghinis, die ich in den vergangenen 40 Jahren gefahren habe», erzählt der angegraute Italiener, «aber natürlich ist mir der Miura besonders ans Herz gewachsen. Er war mein erster Testwagen.»

Ausfahrt als Höhepunkt

Lamborghini-Schlange auf dem Julierpass Foto: Press-Inform

Erleichterung bei den Musikanten, als sich die 120 Renner in Richtung Julierpass aufmachen. Die 60 Minuten Startlärm nehmen Jodler, Chöre und Alphornisten gerne in Kauf. Schließlich ist danach bis zum späten Nachmittag Ruhe und man kann sich der ungeteilten Aufmerksamkeit des Publikums sicher sein. Für die 590 bis 790 Euro Teilnahmegebühr bekommen die Mitglieder der Lamborghini-Clubs ein buntes Programm mit Touren und Rundflügen geboten. Die meisten kommen jedoch wegen des Gedankenaustauschs. Wahre Lamborghini-Fans sind bei so einem Treffen schließlich alle; viele seit vielen Jahren. Dr. Herbert Rausch fährt seit 1991 in seiner Freizeit Lamborghini. Ein Fan war er schon weit früher. Seit seiner Studienzeit in den 60er Jahren hat er sein Herz an die italienische Sportwagenfirma und ähnlich wie Valentino Balboni besonders an den Miura verloren: «Von ihm habe ich schon zu Studienzeiten geträumt. Ich kann mich noch genau daran erinnern, als er auf einer Autoausstellung erstmals vorgestellt wurde. Schließlich habe ich mir diesen Traum verwirklicht.»

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