S-Klasse Diesel: Sparsames Fahren ist Luxus

Der Mercedes S 320 CDI spricht in der Oberklasse jene Kunden an, die auf Spritpreis und Verbrauch achten. Andererseits lassen sich die Stuttgarter vernünftiges Zubehör teuer bezahlen.

Stefan Grundhoff

Viele haben in der ersten Hälfte der 90er Jahre die Stirn gerunzelt, als Mercedes Benz sich entschied, auch in der prestigeträchtigen S-Klasse einen Dieselmotor einzusetzen. Und tatsächlich kauften nur wenige die durchweg lahmen Motoren mit Selbstzündertechnik. Doch die Dieselära ist mittlerweile eine andere. Selbst in der Oberklasse hat sich das Commonrail- und Pumpe-Düse-Prinzip etabliert. So erfreut sich das MB Einstiegsmodell S 320 CDI einer zunehmend großen Beliebtheit.

Der durchzugsstarke 3,2 Liter-Motor mit Commonrail-Einspritzung macht selbst in der zwei Tonnen schweren S-Klasse eine gute Figur. Da entscheidet sich kaum einer für den starken, aber teuren S 400 CDI mit acht Zylindern. Der S 320 CDI leistet 150 KW / 204 PS und ein mächtiges Drehmoment von maximal 500 Nm - das bietet sonst ein sportlicher AMG-Mercedes aus der Vollgas-Fraktion. Das maximale Drehmoment steht zwischen 1800 und 2600 U/min zur Verfügung. Den Spurt 0 - 100 km/h schafft der Hecktriebler in 8,4 Sekunden, als Höchstgeschwindigkeit bleiben gemessene 233 km/h knapp hinter der Werksangabe zurück.

Fünfgang-Automatik serienmäßig

Serienmäßig ist der 320er mit einer weich und perfekt arbeitenden Fünfgang-Automatik ausgestattet. Die neue Siebengang-Automatik bleibt im Hause DaimlerChrysler allein den stärkeren Achtzylindermodellen vorbehalten. Mercedes verspricht beim sparsamsten aller S-Modelle einen Durchschnittsverbrauch von 7,7 Litern Diesel auf 100 Kilomter. Im Praxistest verbrauchte der 5,04 Meter lange Mercedes mit 9,1 Liter jedoch einiges mehr. Trotzdem sind ihm mit einem Tankvolumen von 88 Litern kaum Grenzen gesetzt. Bleibt nur die Abgasnorm. Einen sauberen Partikelfilter gibt es derzeit nur für die Vierzylinder-CDI-Aggregate; so schafft der S 320 CDI nur die Euro-3-Norm.

Das Fahrwerk des Mercedes ist mit seinen drei Stufen betont komfortabel ausgelegt. Selbst in der härteren Dämpfereinstellung kommen keine unangenehmen Fahrbahnunebenheiten zu den Insassen durch. Gerade deshalb empfiehlt sich zumindest die mittlere Dämpferabstimmung. Sonst neigt die Karosserie zu leichten Nick- und Wankbewegungen, die nicht so recht zum sonst überraschend agilen Stuttgarter passen wollen. Die Bremsen arbeiten exzellent. Weniger gute Noten gibt es allein für die Lenkung, die zu unpräzise arbeitet und den Kontakt zur Fahrbahn vermissen lässt.

Vernünftiges Zubehör hat seinen Preis

Auffälliges Design der Vorderleuchten

Der Innenraum des Mercedes S 320 CDI zeigt sich im bekannten Daimler-Style. Doch wer den standesgemäßen Luxus und eine nahezu perfekte Bedienbarkeit erleben möchte, muss auch beim «S» tief in die Tasche greifen. Im Basispreis von 60.320 Euro bleibt viel auf der Strecke. Ohne Probleme lässt sich der Preis des Einstiegsmodells an die 80.000 Euro-Marke bringen. Das ein oder andere Ausstattungsdetail mehr gönnt sich der S-Klasse-Fahrer sowieso. Bitter ist, dass klassentypische Selbstverständlichkeiten wie elektrisches Heckrollo (430 Euro), Skisack (330 Euro), abblendbare Spiegel (330 Euro), Parktronic (754 Euro), Alarmanlage (301 Euro) oder Bi-Xenonlicht (teure 1200 Euro) extra geordert werden müssen. Immerhin sind elektrische Ledersitze Serie. Einige Konkurrenzen lassen sich selbst das zusätzlich bezahlen.

Wer perfekt sitzen möchte sollte sich jedoch für die Sitzlüftung (1154 Euro), das Memorypaket (690 Euro) und die exzellenten «fahrdynamischen Multikontursitze» (je 806 Euro) entscheiden. In Millisekunden passen sich die Sitze jeder Fahrsituation an und bieten so bestmöglichen Halt und vorbildlichen Komfort. Elektronisch werden die Seitenwangen der Frontsitze aufgeblasen und so stabilisiert.

Der Mercedes-Benz S 320 CDI ist genau das richtige für Langstreckenfahrer, die auf den nötigen Komfort nicht verzichten wollen. Umso ärgerlicher, dass selbst in der Premiumklasse serienmäßig kein Navigationssystem am Bord ist. Das lässt sich Mercedes nochmals mit teuren 2088 Euro vergolden. Wer auf den TV-Empfang zudem nicht verzichten möchte, muss weitere 1.044 Euro zahlen. Doch wer einmal eine S-Klasse besitzt, möchte zukünftig selten auf sie verzichten.

Kleiner Diesel überzeugt

Auch lange Strecken ziehen scheinbar ohne Anstrengung an einem vorüber. Die Passagiere reisen luxuriös und können sich auch bei höheren Geschwindigkeiten noch angenehm im Fahrzeug unterhalten. Das Platzangebot im Fond ist selbst bei der S-Klasse ohne verlängerten Radstand üppig, die Sitze bequem. Im Kofferraum sorgen 500 Liter Stauraum dafür, dass nichts Wichtiges zu Hause bleiben muss. Die 525 Kilogramm Zuladung sind ebenfalls standesgemäß. Zudem ist selbst der kleine Dieselmotor überraschend souverän unterwegs. Allein an langen Steigungen wirkt er im oberen Drehzahlbereich etwas angestrengt und lässt die nötige Elastizität vermissen.

Partikelfilter lässt auf sich warten

Wer in der Luxusklasse auf Spritpreis und Verbrauch achtet, kommt am S 320 CDI nur schwer vorbei. Leider lässt die Partikelfiltertechnik aus dem Hause Mercedes bei hubraumstarken Modellen auch weiterhin auf sich warten. Die Sechszylinder sollen erst in der zweiten Hälfte 2004 dran kommen.

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