Roomster vs. Fabia: Frechheit siegt

Warum Skoda den Roomster nicht als Fabia Kombi durchgehen lässt, ist Jürgen Wolff zunächst nicht ganz klar. Doch beim genaueren Hinsehen gibt es doch größere Unterschiede zu entdecken.

Wer die beiden Autos von vorne nebeneinander sieht, der tut sich schwer, einen Unterschied zu erkennen. Die wahren Qualitäten des Skoda Fabia und des Skoda Roomster werden erst in der Seiten- und Heck-Ansicht klar. Der eine kommt ab der B-Säule als zahme Stufenheckversion, der andere als geräumiger Mini-Transporter daher. Die Frontpartie ist beiden gleich: Scheinwerfer, Kühlergrill, Frontstoßfänger in Wagenfarbe mit den integrierten Nebelleuchten, die Motorhaube, ja selbst die Windschutzscheibe sind praktisch identisch. Nur wer genau hinschaut, dem fällt der unterschiedliche Dachabschluss auf oder die Dachreeling beim Roomster. Selbst unter der Motorhaube werkeln prinzipiell die gleichen Aggregate - vom 1,2-Liter Benziner mit 70 PS und drei Zylindern bis zum 1,9-Liter TDI-Diesel mit 105 PS und einem Zylinder mehr. Nur der ganz kleine 60-PS-Benziner bleibt einzig dem Fabia vorbehalten und muss sich nicht mit den 100 Kilogramm Mehrgewicht des Roomsters abmühen.

Weitestgehend identisch

Gleichklang auch im Innenraum - zumindest bis zur ersten Reihe inklusive. Armaturen, Lenkrad, Schaltknauf, selbst die Fußmatten. Wie meistens empfiehlt es sich auch beim doppelten Škoda, die etwas gehobenere Ausstattung zu wählen. Allein schon die Sitze sind dann besser geschnitten und bieten mehr Seitenhalt - insgesamt fühlt man sich einfach heimeliger. Billig abgespeist wird man aber so oder so nicht: Die Materialien in dem aufgeräumten Cockpit wirken robust und der Fahrzeugklasse angemessen. Die Ingenieure haben sich bis in die Details hinein erkennbar was gedacht - etwa bei dem zweigeteilten und unten kühlbare Handschuhfach oder den festen Halterungen für 1,5-Liter-Flaschen in den Türen. Die Bedienung ist bei beiden gleich einfach und intuitiv.

Auch Platz gibt es für die Passagiere bei beiden reichlich - beim Fabia vor allem vorne. Bis 1,90 Meter Körpergröße lassen sich Fahrersitz und Lenkrad gut aufeinander einstellen. Im Roomster sorgen die individuell verschiebbaren Rücksitze auch hinten für ein ordentliches Platzangebot - selbst zwei große Personen finden genügend Freiraum, auch nach oben. Die Rundumsicht ist bei beiden Škoda nur mäßig, besonders im Roomster stören die rückwärtigen Fensterposten. Und auch vorne kann man beim Einparken nur ahnen, wo Schluss ist.

Lastenträger oder nicht

Der Skoda Fabia Foto: Press-Inform

Die Unterschiede zwischen den beiden Brüdern beginnen ab der B-Säule - für eine Kombi-Version nicht gerade eine Überraschung. Auf die Idee, dass der Roomster tatsächlich ein Fabia mit Rucksack ist, kommt man bei diesem Heck beinahe zwangsläufig. Die Fensterlinie ergibt sich nicht wie üblich aus der Fortsetzung des Vorderwagens - sie wirkt nachträglich angesetzt und nicht aus einem Guss. Gerade dieser Designbruch gibt dem Roomster allerdings auch einen sympathisch individuellen Anstrich - nicht glatt gebügeltes Design sondern eigener Charakter. Der Fabia kommt mit einem für seine Klasse nur durchschnittlichen Laderaumvolumen daher: 300 Liter sind es voll bestuhlt, 1163 bei umgeklappter Rückbank. Nicht üppig, aber für den Alltag ebenso ausreichend wie bei VW Polo oder Renault Clio. Was etwas stört, ist die relativ hohe Bordwand.

Der Roomster dagegen reicht zumindest für den kleinen Haushalt. Er schafft 450 bis 1780 Liter. Die unmittelbaren Konkurrenten bieten durchweg weniger Stauraum: Zwischen 320 und 1420 Liter sind es beim Fiat Idea, der Ford Fusion kommt auf 337 bis 1175 Liter, der Opel Meriva 415 bis 1410 Liter. Selbst die Waschmaschine bekommt man im Roomster noch bei zusammengefalteter Rückbank unter. Was simpel und ohne große Kraftanstrengungen mit ein paar wenigen Handgriffen zu bewerkstelligen ist. Der Laderaum selbst ist dank der großen Klappe gut zugänglich und gut zu nutzen. Das liegt auch an der Rückbank: Sie ist geteilt verschieb-, klapp- und herausnehmbar und sorgt so für eine hohe Variabilität beim nutzbaren Stauraum - VarioFlex nennt Skoda das System. Sehr praktisch geht es im Heckabteil weiter: Ablagefächer, Haken und der ebenso simple wie effektive Plastik-«Korb» sorgen dafür, dass Kleinteile und Tragetaschen bestens fixiert sind. Den «Korb» gibt es auch im Fabia. Bei beiden Skodas braucht man viel Schwung, um die Heckklappen mit dem eigenwilligen Gummiklöppel zu schließen - da man oft nachfassen muss, gibt es genauso oft schmutzige Hände.

100 Kilo Mehrgewicht beim Roomster

Viel Platz im Roomster Foto: Skoda

Zwar reicht beim Fabia der 1,4-Liter-Motor mit seinen 63 kW/86 PS für den Alltag aus. Doch wer den Roomster bestellt, der sollte ihn möglichst mit dem 1,6-Liter-Benziner oder gar dem 1,9-Liter-Diesel ordern - beide haben 19 PS mehr, was zum einen die 100 Kilo Mehrgewicht ausgleicht und ein deutlich spritzigeres Überholen und Fahren am Berg ermöglicht. Der «kleine» Motor zeigte sich doch oft ohne Schwung und zäh im Beschleunigen. Beim Verbrauch ist der Unterschied gering: Mit offiziell 7,0 Litern Super auf 100 Kilometern schluckt der 105-PS-Benziner nur 0,2 Liter mehr. In der Realität darf man bei beiden Motoren ruhig noch einmal zwei Liter zugeben.

Was die Fahrsicherheit betrifft, liegt der Fabia etwas vor dem Roomster. Kein Wunder: Dessen höhere Bauweise sorgt bei gleichschneller Kurvenfahrt für mehr Bewegung in der Karosserie. Die Seitenneigung ist deutlich - bedrohlich wurde sie allerdings auch beim Roomster nie. Ähnlich bei der Richtungsstabilität. Im Normalfall bleiben beide gut und ohne viel Lenkkorrekturen in der Spur - wegen der größeren Angriffsfläche ist der Roomster allerdings etwas empfindlicher bei Seitenwind. Die Lenkung ist bei allen beiden präzise und vermittelt einen guten Kontakt zur Fahrbahn. Die ebenso präzise geführte Handschaltung erfordert wenig Kraftaufwand, die Abstufung der Gänge passt gut zur Charakteristik des jeweiligen Motors.

Fehlende Flexibilität

Unauffällig: der Fabia Foto: Werk

Der Roomster (ab 12.990 Euro) ist ein Fabia in Kombiversion - aus ihm eine eigenständige Modellreihe zu machen ist so, als ob Mercedes seine T-Kombis unter einem eigenen Label laufen lassen würde. Der Roomster ist uns allerdings der bessere Fabia - die 1750 Euro Preisunterschied zum Stufenheck lohnen sich allemal. Dafür gibt es ein nicht weniger spritziges und agiles Auto mit reichlich Platz und pfiffigen Features - selbst das etwas eigenwillige Design bringt eher Spaß als Verdruss. So gesehen ist der Aufpreis noch günstig. Für den Fabia (ab 9990 Euro) spricht neben dem niedrigeren Preis, dass nicht jeder mit einem «Lieferwagen» unterwegs sein mag. Er ist schlicht die frische, aber doch «zivilere» Version. Eher alltäglich, unauffällig - aber auch langweiliger und weit weniger flexibel.

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