Intermot 2006: Buhlen um jeden Kunden

Von München zurück in die Rheinmetropole Köln kehrt nach acht Jahren Abstinenz die weltweit größte Motorradmesse «Intermot». Die unter Nachwuchsproblemen leidende Branche setzt vor allem auf neue Nischen-Bikes.

Köln freut sich nach acht Jahren Abstinenz über die Rückkehr der weltweit größte Motorradmesse «Intermot». Vom 11. bis 15. Oktober gibt es nicht nur eine Vielzahl an Neuheiten zu bestaunen, sondern auch verschiedene Rennveranstaltungen. Zudem lädt ein umfangreiches Aktionsprogramm ein, aktiv Erfahrungen zu sammeln.

Wichtiger Gradmesser

Die im zweijährigen Rhythmus stattfindende Messe ist auch immer ein wichtiger Gradmesser für die Situation der Branche, die nach dem ersten Halbjahr 2006 endlich wieder mit positiven Nachrichten aufwartet: Mehr als 169.000 verkaufte motorisierte Zweiräder sind nach Angaben des Industrie-Verband Motorrad (IVM) zu verzeichnen, was gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Zuwachs von 2,1 Prozent ist.

Zu verdanken ist dies überwiegend den Rollern. Dagegen muss bei den Motorrädern mit einem Hubraum über 125 ccm ein Minus von neun Prozent hingenommen werden. Aber immer noch bleibt der Großteil des Nachwuchses der Bikerwelt fern. Daher werden auf der Intermot neue Fahrkonzepte gezeigt, bei denen leichte Supermoto-Maschinen extravagant abgewandelt wurden. Für IVM-Geschäftsführer Reiner Brendicke ist klar, dass diese Nischenbesetzung sich im Motorradbereich ebenso entwickeln wird, wie es auf dem Pkw-Markt bereits der Fall ist. Und was auf der Messe zu sehen ist, deutet auf ein Buhlen um jeden Kunden in nahezu jeder Hubraumklasse.

Peugeot feiert Premiere

Im Bereich der kleinen Hubraumklasse der 125er gibt es einen Neuling unter den Herstellern. Erstmals präsentiert Peugeot Motocycles ein Motorrad. Bislang hat sich der französische Hersteller auf Roller und 50er beschränkt.

Mit der XPS CT 125 ändert sich das. Die kleine Enduro wird von einem luftgekühlten Viertakt-Einzylinder-Motor mit 125 ccm Hubraum und Fünfgang- Schaltung angetrieben.

Kaum Veränderungen bei Husqvarna

Ebenfalls geländegängig ist die überarbeitete Version der CR 125 von Husqvarna. Allerdings hält sich die Veränderung in Grenzen: Eine verbesserte Kurbelwelle, ein kürzer übersetzter zweiter Gang und ein neu abgestimmter Auspuff sind bereits alle Modifikationen.

Dass sich beim schwedischen Hersteller nach wie vor nicht viel bewegt, liegt wahrscheinlich am immer noch finanziell klammen Mutterkonzern MV Agusta, der nach dem Ausstieg des größten Anteilseigner, dem malaysischen Automobilhersteller Proton, von einem Konsortium italienischer Firmen unter dem Namen Gevi unterstützt wird. Daher regt sich bei Husqvarna auch nur bedingt etwas in der 250 ccm-Klasse, etwa bei der Crosser TC 250. Der Viertakter verfügt nun über einen stabileren Kupplungskorb und eine haltbarere Kickstarterwelle.

Honda verschlankt CBR 600 RR

Ein paar Änderungen im Offroad-Sektor hat auch Husaberg zu bieten. Die Enduromodelle FE 450e, 550 e und 650 e sind optisch nun noch schnittiger designt, die Motoren und Fahrwerke wurden verbessert. So stieg beispielsweise die Qualität der Kurbelwellen durch eine Minimierung der Fertigungstoleranzen.

Mit den Neuheiten der Motorenklasse der 600er führt der Weg zurück auf die Straße. Hierfür hat Honda die CBR 600 RR komplett überarbeitet. Das Bike wirkt jetzt schlanker und aggressiver als die Vorgängerin. Das niedrige Trockengewicht von 155 Kilogramm in Kombination mit einem leistungsstärkeren Motor von mehr als 86 kW/117 PS ergibt eine Leistung, die viel Spaß für sportliche Fahrer verspricht. Ein spielerisches Handling soll im Zusammenspiel mit dem von der Fireblade bekannten elektronischen Lenkungsdämpfer H.E.S.D. möglich sein. Der japanische Hersteller will damit neue Maßstäbe in dieser Klasse setzen. Eine Überarbeitung hat auch Suzuki seiner Bandit 650 und Bandit 650 S angedeihen lassen; der Vierzylindermotor der Streetbikes ist ab sofort wassergekühlt.

Kawasaki setzt auf Vielseitigkeit

Die Kawasaki Versys Foto: Werk

Kawasaki setzt dem sein neues sportliches Touren-Motorrad «Versys»
entgegen. Der Name des Bikes setzt sich zusammen aus «Versatile» und «System» und soll auf die Vielseitigkeit und Wendigkeit des Motorrades anspielen. Laut Hersteller kann jeder Fahrer mit der Versys seinen individuellen Fahrstil auf allen Arten von Straßen entfalten. Angetrieben wird der neue Allrounder von einem aus der ER-6 abgeleiteten Motor, dessen Drehzahl so optimiert wurde, dass in jeder Situation genug Kraft zur Verfügung stehen soll.

Der flüssigkeits- gekühlte Reihenzweizylinder-Viertakter mit einem Hubraum von 649 ccm erfüllt die Abgasnorm Euro 3. Ein einstellbarer, langer Federweg soll zusammen mit der Upside-down-Gabel dafür sorgen, dass auch holprige Strecken mit Spaß bewältigt werden können. Auf den Markt kommt das Motorrad Anfang 2007, optional ist es mit ABS erhältlich.

Neuer Einzylinder von KTM

Der neue KTM-Motor LC 4 690 Foto: Werk

Mit dem größten Einzylindermotor der Firmengeschichte ist KTM auf der Messe in Köln präsent. Das 690 ccm große Aggregat kann in verschiedenen Maschinen wie den Nachfolgern der bisherigen 640 LC 4 Enduro und der 640 LC 4 Adventure eingesetzt werden. Zunächst soll der Motor in der KTM 690 Supermoto erhältlich sein. Das komplett neu entwickelte Triebwerk lässt laut Hersteller im Vergleich zum bisherigen LC 4 speziell bei niedrigen Drehzahlen weniger Vibrationen aufkommen.

Erreicht wurde das durch die Optimierung des Massenausgleichs in Verbindung mit dem neuen Rahmen und der elektronisch geregelten Benzineinspritzung. Ein weiteres Resultat ist die gestiegene Kraft bei mittleren Drehzahlen und ein Plus an Druck bei hohen Geschwindigkeiten. Die Höchstleistung liegt nun bei 60 PS, statt wie bisher bei 53 PS. Zudem wiegt der Einzylindermotor im Vergleich zum bestehenden LC 4-Aggregat drei Kilogramm weniger, und die erforderliche Handkraft für die Kupplung soll sich um etwa ein Drittel verringert haben. Das bisherige Fünfganggetriebe wurde durch ein Sechsganggetriebe ersetzt.

Honda denkt an die Kleinen

Eine Klasse höher, bei den 750ern, stellt Honda mit der Shadow Spirit dem Cruiser Shadow eine Schwester an die Seite. Das sportlich flache Motorrad verfügt über eine niedrige Sitzhöhe und ist dadurch auch für kleingewachsene Biker gut geeignet.

Der V2-Motor wird über ein PGM-FI-Kraftstoffeinspritzsystem gespeist und entlässt seine Abgase katalysatorgereinigt über zwei seitlich übereinander angeordnete Endrohre im Dual-Shotgun-Stil. Die Abgasnorm Euro 3 wird auch hier, wie bei allen straßentauglichen Neuheiten, eingehalten.

Kawasaki macht Z 1000 kantiger

Kawasaki Z 1000 Foto: Werk

Der Trend zu großvolumigen Maschinen jenseits der 1000 ccm Hubraum reißt auch im nächsten Jahr nicht ab. Neben beherrschbaren Allroundern, schönen Choppern und langstreckentauglichen Tourern wird Volumen und Kraft bei einigen Herstellern erneut ganz groß geschrieben.

Hier hält sich Honda ungewohnt dezent zurück und hat lediglich seiner sportlichen Fireblade ein dreifarbiges Design angedeihen lassen, was ihre Dynamik jedoch gut unterstreicht. Kawasaki hat dagegen mehr Hand an seine Z 1000 gelegt. Sie ist im Vergleich zur Vorgängerin kantiger und leistungsstärker geworden. Anfang 2007 kommt die überarbeitete Urmutter aller Kawa-Viertakter, die Z 900, auf den Markt. Der Vierzylindermotor des Naked Bikes verfügt nun über ein höheres Drehmoment im unteren Drehzahlbereich. Für Sicherheit sorgen eine Bremsanlage mit drei Scheiben und das optionale ABS. Modifikationen an Sitzbank, Tank und Fußrasten sollen den Fahrkomfort erhöhen.

Triumph Tiger noch aggressiver

Triumph Tiger Foto: Werk

Auch Triumph hat ordentlich an der Tiger gearbeitet. Nach wie vor lassen es sich die Briten nicht nehmen, die Reiseenduro mit einem Dreizylindermotor anzutreiben. Dabei hat sie knapp 100 ccm zusätzlichen Hubraum auf jetzt 1055 ccm hinzugewonnen und leistet damit 84 kW/115 PS. Das Aggregat, das bereits in der Sprint ST und Speed Triple arbeitet, stellt ein maximales Drehmoment von 100 Nm bei 6250 U/min zur Verfügung.

Doch nicht nur der Motor wurde ausgetauscht, sondern auch die Optik des Bikes wurde verändert. Die Front ist wesentlich aggressiver gestaltet. In der Summe wirkt die Tigerin nun dynamischer als die Vorgängerin. Das Heck wurde hochgezogen, so dass der Fahrer in der entstandenen Sitzmulde nun eine noch aufrechtere Sitzposition einnimmt, als er sie ohnehin auf einer Reiseenduro hat.

Ducati stockt auf

Bei Ducati ist die um 100 ccm Hubraum aufgestockte Multistrada 1100 mit ihren nun 1092 ccm zu sehen. An Leistung hat sie um sechs PS auf 72 kW/98 PS zugelegt. Die Retro-Freunde der Marke dürfen sich über die Ducati Sport 1000, eine Mischung aus GT 1000 und Paul Smart Replica, freuen.

Die rot-weiß lackierte Italienerin wird vom bekannten V2-Motor angetrieben, der bei der Sport im Gegensatz zu den anderen Modellen auf beiden Seiten Auspuffrohre trägt.

BMW mit Bordcomputer

Die Motorradsparte der Bayerischen Motorenwerke zeigt in Köln ihre 1200 ccm-Maschinen des neuen Modelljahres. Neben neuen Farben gibt es auch erweiterte Optionslisten: Für die R 1200 GS, die R 1200 S, die K 1200 sowie die K 1200 R gibt es ab sofort einen Bordcomputer mit Ölstandswarnung.

Noch eine Spur größer geht es bei Buell zu. Der US-amerikanische Hersteller zeigt mit der neuen XB 12 Scg die vierte Version der Lightning-Familie. Damit auch Fahrer mit kleinerer Statur in den Buell-Genuss kommen, liegt die Sitzhöhe dieses mit dem 1203 ccm großen und 75 kW/101 PS starken Buell V-Twin ausgerüsteten Streetfighters mit 72,6 Zentimetern um 39 Millimeter unter der einer Lightning XB12S.

Suzuki im Retro-Look

Yamaha XVS Foto: Werk

Die Sitzhöhe wurde auch bei der Ulysses XB12X reduziert. Eine neue, im vorderen Bereich schmaler geschnittene Sitzbank mit einem neuen Bezug soll für eine um 33 Millimeter abgesenkte Sitzposition auf dem Adventure Sports Bike sorgen. Neue Gabelfedern optimieren Handling und Fahrkomfort, während die neue Airbox-Abdeckung den Ansaugluftdurchsatz weiter verbessert, ohne das Ansauggeräusch zu verstärken.

In die gleiche Hubraumklasse stößt Suzuki mit der Bandit vor, die nun über einen um fast 100 ccm auf 1250 ccm vergrößerten wassergekühlten Vierzylinder-Motor verfügt. Als Gegenpart zu den giftigen Straßenkämpfern bietet Yamaha mit der XVS 1300 A Midnight Star einen von Grund auf neu entwickelten Cruiser, der zu gemütlichen Touren einlädt. Die kleine Schwester der XV 1900 Midnight Star ist ein modernes Motorrad im klassischen Look mit amerikanischen Design-Elementen der 30er-Jahre.

Kühlrippe nur Attrappe

Das Herzstück der japanischen Neuheit bildet der 54 kW/73 PS starke V2-Motor, der mit seinen im 60 Grad Winkel zueinander stehenden Zylindern ein maximales Drehmoment von 106 Nm bei 4000 U/min aufbringt. Die Kraft wird mittels Zahnriemen auf das Hinterrad übertragen. Durch den vergleichsweise engen Winkel der Zylinderanordnung wird die Masse des 283 Kilogramm schweren Bikes mittig konzentriert, was sich positiv auf das Handling auswirken soll.

Aufgrund der kompakten Bauweise wirkt die XVS 1300 A recht schlank, bietet aber mit der geräumigen Sitzbank in Kombination mit der Lenkeranordnung eine entspannte und gemütliche Sitzposition für den Fahrer. Die großen Kühlrippen unterstreichen die Cruiser-Optik, sind jedoch nur Attrappe, da der Motor flüssigkeitsgekühlt ist.

Harley lässt es brummen

Harley Davidson Dyna Streetbob Foto: Werk

Eine völlig neue Klasse der Hochleistungsmotorräder will Kawasaki mit dem «Transcontinental Tourer» 1400 GTR einführen. Der Vierzylindermotor sowie das Fahrwerk basieren auf der 141 kW/192 PS starken ZZR 1400. Eine geänderte Sitzposition und verbesserte Ausstattung sollen den Tourenkomfort erhöhen. Serienmäßig sind etwa ein elektrisches Windschild, Seitenkoffer und Reifendrucksensoren.

Bei den richtig dicken Brummern mit 1500 ccm Hubraum präsentiert Harley-Davidson die Motoren Twin Cam 96 und 96B. Dabei handelt es sich um neu konstruierte Big Twins mit 1584 ccm Hubraum, wobei der Twin Cam 96 über 57 kW/77 PS Leistung und ein maximales Drehmoment von 123 Nm bei 3125 U/min verfügt. Beide Triebwerke lösen die bewährten Twin Cam 88 sowie den Twin Cam 88 B ab.

Neue Motorengeneration

Die neue Motorengeneration hält in sämtlichen Modellen der Baureihen Dyna, Softail und Touring Einzug, die allesamt auf der Intermot zu sehen sind. Im Vergleich zum Vorgänger weist das Triebwerk nach Herstellerangaben über 700 neue oder geänderte Teile auf, unter anderem ein aktives Ansaug- und Auspuffsystem. In allen Versionen ist der neue V-Twin mit dem Sechsgang-Getriebe Cruise Drive erhältlich, das bereits in diesem Jahr in der Dyna Baureihe erfolgreich eingeführt wurde. Es lässt sich leichter schalten und sorgt dank seines lang übersetzten sechsten Gangs für eine deutliche Reduzierung des Drehzahlniveaus.

Außerdem wird die Softail-Baureihe um die neue Chopper FXSTC Softail Custom mit 200er Hinterreifen, Bobtail Fender und King-and-Queen-Sitzbank ergänzt. Auch in der Motortechnik ändert sich in der kommenden Saison beim Traditionshersteller etwas: Nachdem bereits alle V-Twins über 1200 ccm Hubraum von einer elektronischen Kraftstoffeinspritzung befeuert werden, ersetzt Harley ab 2007 auch die Vergaser der Sportster Baureihe durch eine Einspritzanlage. Zudem wurden die Handkräfte an der Sportster-Kupplung weiter reduziert. Die drei limitierten CVO Sondermodelle Screamin' Eagle Road King, Screamin' Eagle Ultra Classic Electra Glide und Screamin' Eagle Softail Springer sind allesamt mit einem auf 1802 ccm Hubraum erhöhten Motor ausgerüstet, der eine Leistung bis zu 66 kW/90 PS sowie ein maximales Drehmoment bis zu 139 Nm bei 4151 U/min bereitstellt.

Offen von neun bis 18.00 Uhr

Die Messehallen von Köln sind täglich von neun bis 18 Uhr geöffnet, am 12. Oktober sogar bis 20 Uhr. Der Eintritt kostet zwölf Euro, die Karte für zwei Tage 19 Euro. Das ermäßigte Tagesticket für Schüler und Studenten ist für sechs Euro erhältlich.

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