Unrealistische Verbrauchsangaben von der Rolle

Fahrzeuge werden vergleichbar

Unrealistische Verbrauchsangaben von der Rolle
Die Kraftstoffpreise befanden sich im August weiter auf dem Sinkflug. © dpa

Die Spritverbrauchsangaben des Neuen europäischen Fahrzyklus werden im Labor ermittelt. Im realen Alltag liegen die Verbräuche zumeist höher, ganz umsonst ist der Test trotzdem nicht.

Die Verbrauchswerte vieler neuer Fahrzeuge sind beeindruckend niedrig. Leider werden sie im Alltagseinsatz fast nie erreicht. Die Autohersteller werben mit dem offiziellen Spritverbrauch der im "Neuen Europäischem Fahrzyklus" (NEFZ) ermittelt wird. Mit diesen arbeitet auch der Gesetzgeber beispielsweise bei der Berechnung von Kfz-Steuern oder der Festlegung von CO2-Grenzwerten. Allgemein verbindliche Aussagen über den "persönlichen" Kraftstoffverbrauch gibt aber auch der Wert "insgesamt" nicht, der im Zyklus als Durchschnittsverbrauch angenommen wird. Dabei sollte der NEFZ realistischer sein, als die vormals geltende Regelung.

Beschleunigung auf dem Rollprüfstand

Bis Ende 1995 wurde ein Drittelmix nach DIN-Messung aus Stadtverkehr und der Fahrt mit konstant 90 km/h und 120 km/h ermittelt. Der diente ursprünglich nicht zur Feststellung des speziellen Kraftstoffverbrauchs, sondern der Abgaswerte. Weil jedoch der vorgegebene Zyklus den Pkw-Betrieb nicht abbildete, es fehlten vor allem Beschleunigungsphasen, wird seit 1. Januar 1996 nach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus gemessen.

Die rechtlich verbindlichen Messungen werden in speziellen Prüflaboren vorgenommen. In Deutschland zertifiziert das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) die Anlagen, auf deren Rollprüfstand der NEFZ durchgeführt wird. Die vorgeschriebene Verbrauchsmessung dauert insgesamt 1180 Sekunden und gliedert sich in einen Cityzyklus (780 Sekunden) sowie in einen Überlandzyklus (400 Sekunden) – gemessen wird bei Temperaturen von 20 bis 30 Grad Celsius. Kaltstartbedingung, Beschleunigungen und Verzögerungen werden erfasst und entsprechend eingerechnet.

Realen Kraftstoffverbrauch nur im Alltag

Die simulierte Fahrt geht über 11 Kilometer; bei den zwei Dritteln im "Stadtverkehr" wird jeweils vier Mal von 0 auf 15 km/h, auf 30 km/h und auf 50 km/h beschleunigt – also zwölf Mal den Pkw in den Stillstand gebremst –, um anschließend im "Überlandverkehr" auf 70 km/h das Tempo zu erhöhen. Nach der Verzögerung auf 50 km/h und dem "Spurt" auf 120 km/h ist nach knapp 20 Minuten die "Messfahrt" beendet.

Durch die Laborbedingungen werden die verschiedenen Fahrzeuge miteinander vergleichbar. Der Spritkonsum eines Pkw im Alltag wird aber nur bedingt abgebildet. Dieser resultiert aus der Effizienz des Antriebs und des Fahrzeugbetriebs, zu der die individuelle Fahrweise, das Geländeprofil mit Steigungen, Gefälle und die elektrischen Verbraucher wie Klimaanlage, Navi oder Radio beitragen. Der NEFZ berücksichtigt in den Prüfzyklen eben nicht Betriebszustände wie Bergfahrt und den Einsatz der Nebenaggregate.

Die ermittelten Werte reichen dem Gesetzgeber, für den Verbraucher können sie jedoch nur eine Information beim Kauf eines Pkw sein, der reale Kraftstoffverbrauch steckt weiterhin in seinem Gasfuß. (SP-X)

Vorheriger ArtikelHyundai-Rekordfahrt mit Brennstoffzellen-Fahrzeug
Nächster ArtikelFiat Panda: Universal einsetzbar
Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

Keine Beiträge vorhanden