Wenn Smarts in der Gracht landen

«Autos versenken» in Amsterdam

In Hollands Metropole parken die Autos oft sehr nah am Wasser. Manchem Kleinwagen wird dies zum Verhängnis, denn der neue Sport von kriminellen Witzbolden ist das «Smartschmeißen».

Das hätte Ulla Schmidt nicht passieren können. Um dicke Limousinen wie den Dienstwagen der deutschen Gesundheitsministerin machen Amsterdamer Autovandalen einen Bogen. Sie bevorzugen kleine, leichte Fahrzeuge, die sich fix von zwei Leuten in einen der malerischen Kanäle der niederländischen Hauptstadt schubsen lassen. Das «Smartschmeißen» - benannt nach dem wohl bekanntesten deutschen Minimalauto - ist laut holländischen Medienberichten der neueste Böse-Scherze-Kult in der Grachtenmetropole.

Wenn man der auflagenstärksten Zeitung der Niederlande, dem «Telegraaf», glauben darf, vergeht kaum ein Wochenende, an dem sich junge Leute nicht im Grachtengürtel der Welthauptstadt von Hasch und Heineken auf die Suche nach Smarts und anderen Leichtgewichten auf vier Rädern machen. Dass das Parken an Kanalufern nicht immer sicher ist, musste nach Angaben des «Telegraaf» kürzlich etwa Kleinstwagenbesitzer Casper de Jong erfahren. Der hatte sein Wägelchen am Oudezijds Achterburgwal - also mitten im berühmten Rotlichtviertel - abgestellt.

Keine neue Blüte der Scherzkultur

Es dürfte nur einen Schwups lang gedauert haben, das Auto ins Wasser zu befördern. «Ich hatte es nicht längs, sondern in einer Lücke mit der Rückseite zur Gracht geparkt», erzählte De Jong. «Das kann man mit einem Smart ja machen, weil er so schön klein ist.» Dabei hätte De Jong eigentlich gewarnt sein müssen: «Erst vor ein paar Wochen ist meinem Geschäftspartner genau dasselbe passiert, das waren in beiden Fällen Totalschäden.»

Wasser-Vandalismus sei ein echtes Problem, heißt es beim Amsterdamer Smart-Zentrum, aber Zahlen will man nicht nennen. Die Polizei hingegen winkt ab. Von einem «nieuwe rage», einem neuen Kult in der nächtlichen Amsterdamer Scherzkultur also, könne gar keine Rede sein. «Wir hatten in den letzten sechs Monaten gerade mal zwei derartige Vorfälle», sagte ein Polizeisprecher auf Anfrage. «Das ist doch wirklich noch kein Trend.»

Volkssport Fahrradversenken

Beim «Telegraaf» hingegen heißt es, die Polizei spiele das «Smartschmeißen» bewusst herunter: «Die wollen nicht, dass das noch populärer wird. Sie fürchten, dass die Sache aus dem Ruder läuft.» Ob Trend oder nicht, wirklich neu wäre daran nur, dass es jetzt auch die Vierräder trifft. Fast als Volkssport gilt nämlich schon seit langem das Fahrradversenken. Wer seinen Drahtesel auf einer Grachtenbrücke lediglich mit einem Radschloss sichert und nicht am eisernen Geländer festmacht, kann in fröhlichen Partynächten leicht zum Geschädigten dieser Unsitte im «Venedig des Nordens» werden.

Weil im Laufe der Zeit alles Mögliche in Amsterdams Kanälen landet - darunter im Jahresdurchschnitt auch eine Leiche pro Monat - setzt die Stadtverwaltung regelmäßig ein großes Grachtenreinemachen an. Neben Fahrrädern, Handys oder Handtaschen wurde dabei auch schon mal das eine oder andere Auto entdeckt. Die waren aber nicht aus Spaß in die Gracht befördert worden, sondern um sie zwecks Versicherungsbetrug verschwinden zu lassen.

Männer parken schlechter ein

Gelegentlich kommt es zudem vor, dass Autofahrer beim Versuch des Einparkens an unbefestigten oder nur mit einem eher symbolischen Minizaun versehenen Grachtenufern samt Wagen im Wasser landen. Interessant daran ist vor allem, dass so etwas nach Erkenntnissen der Stadtverwaltung Männern weit öfter passiert als Frauen. (Thomas Burmeister, dpa)

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