Seat Alhambra 4WD: Das zweite Gesicht des VW Sharan

Zusätzliche Sicherheit

Seat spendiert dem Alhambra einen Allradantrieb. Äußerlich betont der sportliche Familien-Van das Understatement, dafür überzeugt er unter der Haube um so mehr.

Von Axel F. Busse

Mit einer Allradvariante erweitert Seat das Modellangebot seines Familien-Vans Alhambra. Das zunächst ausschließlich mit Dieselmotor lieferbare Auto gibt nicht auf den ersten Blick zu erkennen, was in ihm steckt: Einen von außen sichtbaren Hinweis an der Karosserie auf die besonderen Antriebseigenschaften gibt es nicht. Die Kraftübertragung beim 103 kW/140 PS starken Allradler erfolgt serienmäßig durch ein manuelles Sechsgang-Getriebe. Auf eine hemdsärmelige Offroad-Optik, wie sie etwa die "Cross"-Modelle aus dem VW-Programm ziert, ist beim Allrad-Alhambra bewusst verzichtet worden. Schließlich sei das Auto auch nicht als Van mit Geländegänger-Qualitäten zu verstehen, betonen die Spanier, sondern der Vierradantrieb soll in erster Linie ein zusätzliches Sicherheits- und Traktionspolster für den Nutzer bereitstellen.

Gut funktionierende Haldex-Kupplung

Vor allem aber ist der Alhambra-Pilot komfortabel, fast schon luxuriös unterwegs: Die VW-Innenarchitektur ist wie erwartet tadellos verarbeitet, auch der spanische Sharan-Bruder wird als Fünf- und als Siebensitzer angeboten. Für zahlungswillige Kunden sind alle vom Sharan bekannten Assistenzsysteme bis hin zur automatischen Einparkhilfe verfügbar. Dieser Vorteil ist auch gleichzeitig ein Schwachpunkt in Sachen Image: Dem Alhambra fehlt die eigenständige Identität, die anderen Seat-Modellen mittlerweile eigen ist. Für die Kraftverteilung des Allradantriebs wird eine so genannte Haldex-Kupplung verwendet. Elektronisch gesteuert, sorgt sie für eine blitzschnelle und stufenlose Kraftverteilung zwischen den Achsen. So wird beispielsweise beim Anfahren oder Beschleunigen viel Drehmoment an die Hinterachse geliefert.

Geht es in Extremsituationen darum, das Durchdrehen der Vorderräder zu verhindern, leitet das System das komplette Antriebsmoment nach hinten. Bei konstanter Fahrt ist der Alhambra praktisch als Fronttriebler unterwegs. Die Kupplung öffnet weitgehend, was sich günstig auf den Verbrauch auswirkt. Im EU-Normtest schneidet das Auto auch nicht schlechter ab als das vergleichbare Fronttriebsmodell, obwohl es über 100 Kilogramm Mehrgewicht auf die Waage bringt. Beim Bremsen öffnet die Haldex-Kupplung vollständig, es fließt kein Antriebsmoment mehr nach hinten. Voll ausspielen kann dieser Allradantrieb, so Seat, seine Variabilität, sobald, etwa auf rutschiger Strecke, die Fahrdynamiksysteme wie ABS oder ESP eingreifen müssen. Je nach aktueller Situation kann die Kupplung, etwa für einen ABS-Eingriff, geöffnet, oder, für eine ESP-Regelung, geschlossen werden - jeweils blitzschnell und stufenlos.

Allrad für 6,5 Prozent aller Kunden

Der Seat Alhambra 4 WD beginnt bei 32.050 Euro Seat

Seat hat im Laufe seiner Markengeschichte ausnehmend gute Erfahrungen mit Allradautos gemacht. Vom Gesamtvolumen des Alhambra sind in der Vergangenheit in Deutschland knapp 6,5 Prozent mit Allradantrieb verkauft worden. Das ist die Größenordnung, die auch das neue Auto erreichen sollte. Seat-Sprecher Dominik Hoberg gibt unumwunden zu, dass "der Alhambra uns Freude macht", was sicher nicht nur an den bis jetzt rund 3000 in Deutschland verkauften Exemplaren liegt.

Weiterer Grund zur Freude: Seat muss keine Entwicklungskosten für das Fahrzeug einspielen, da es mit dem VW Sharan praktisch identisch ist. Der Alhambra läuft sozusagen als zweites Gesicht des Sharan im portugiesischen Palmela vom Band. Auch sind in die dort montierten Konzern-Vans kaum Werks-Investitionen einzurechnen, weil die Produktionsstätte längst abgeschrieben sein dürfte. So kann man davon ausgehen, dass die so genannten Deckungsbeiträge des 32.050 Euro teuren Allradautos sehr profitabel bemessen sind.

Flachland bevorzugt

Bei Steigungen tut sich der Seat Alhambra 4 WD deutlich schwerer Seat

Bei Testfahrten im Reisetempo auf trockenem Asphalt sind dessen Sicherheitsqualitäten naturgemäß kaum zu belegen. Sagen lässt sich aber, dass der drehmomentstarke Diesel mit dem fast 1900 Kilo schweren Gefährt gut zurecht kommt und auch bei höheren Drehzahlen akustisch nicht zur Last fällt. Lediglich an ausgedehnten Steigungen ist der lang übersetzte sechste Gang etwas überfordert, so dass eine Stufe zurück geschaltet werden muss, will man nicht allzu viel vom Schwung einbüßen.

Nach EU-Norm soll der Allrad-Van mit sechs Litern Diesel auf 100 Kilometern auskommen. Im Kurztest zeigte der Bordcomputer 7,5 Liter Diesel. Das Fahrwerk ist straff genug, um auch in kurviger Berglandschaft keine allzu großen Karosserieneigung zuzulassen. Der neue kleine Diesel ist nicht mit ausgeprägten Klettereigenschaften gesegnet. Ihm machen Anstiege spürbar Mühe, weshalb er erste Wahl ist, wenn man bevorzugt im Flachland unterwegs ist.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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