Schon häufig wurden viele Abgesänge auf Handschalter verfasst. Schaeffler gestaltet die günstigste Getriebeart attraktiver für die Autohersteller, um auch die schärferen CO2-Grenzen bewältigen zu können.
Von Thomas Flehmer
Das Good Bye wird ausbleiben. Auch wenn gefühlt die verschiedenen Formen automatischer oder automatisierter Getriebe in Fahrzeugen Überhand nehmen, so sind die manuelle getriebenen Autos immer noch in der Mehrheit und werden es auch bleiben.
„Heute sind von 90 Millionen Fahrzeugen weltweit knapp 40 Millionen mit Handschaltern ausgerüstet“, sagt Matthias Zink, designierter Automotive-Chef von Schaeffler, „in rund zehn Jahren wird die Zahl auf 45,1 Millionen steigen. Das ist Potenzial, das wir nicht liegen lassen können.“
Kostengünstige Lösung für CO2-Probleme
Da zugleich die E-Mobility zunehmen wird, muss das manuelle Getriebe für die Zukunft ausgerüstet werden, was derzeit überwiegend ganglose Getriebearten übernehmen. „Zwei Schwerpunkte werden sich auf dem Weg in die Elektromobilität in den kommenden zehn Jahren dabei herauskristallisieren“, sagt Peter Gutzmer, Technologie-Vorstand des internationalen Zulieferers, „die 48 Volt-Strategie der Mild-Hybriden sowie die Plugin-Hybriden. Sie werden in zehn Jahren gemeinsam mit den rein batteriebetriebenen rund 50 Prozent der auf den Straßen befindlichen Autos ausmachen, wobei auf die reinen Elektroautos zehn Prozent entfallen werden.“
Und damit auch dann rund 50 aller Fahrzeuge weltweit mit Handschaltern ausgestattet sein sollen, bereitet Schaeffler mit dem so genannten E-Clutch, der elektrisch betätigten Kupplung, den Handschaltern den Weg in die Zukunft. „Die Handschalter haben eine hohe wirtschaftliche Bedeutung, da sie das kostengünstigste System bieten, das gerade in den preissensiblen Segment der Kleinst- und Kleinwagen wichtig ist“, so Roland Welter, Leiter Produktlinie Gesamtsystem Kupplungen.
Drei Lösungswege für den Handschalter
Rund 1200 der weltweit über 84.000 Angestellten in 50 Ländern haben die Neuheit entwickelt, die ab Mitte 2019 in den Fahrzeugen mithelfen sollen, CO2 einzusparen und die E-Mobility zu integrieren, sowie zugleich Komfort und Sicherheit zu erhöhen verbunden mit bestimmten Automatisierungsfunktionen.
Dabei bietet der Zulieferer gleich drei Lösungen. Das Basissystem MT Plus ermöglicht lediglich das Segeln, also das Abschalten des Motors, wenn der Fahrer seinen Fuß vom Gaspedal nimmt. Bis zu zehn Prozent Einsparungspotenzial ermöglicht diese Fahrweise. Allerdings muss der Fahrer dann sehr vorausschauend fahren und sollte sich nicht zum Ziel setzen, als Erster an der roten Ampel zum Stillstand zu kommen.
Handschalter mit Automatik-Funktionen
Beim zweiten System Clutch by Wire erzeugt der Fahrer mit dem Tritt auf die Kupplung ein elektrisches Signal. Ein so genannter Aktuator übernimmt dann selbstständig die Getriebesteuerung.
Der Fahrer kann dann zum Beispiel abbremsen, ohne die Kupplung durchdrücken zu müssen. Gibt er anschließend wieder Gas, fährt das Auto wieder an. Besonders in Stausituationen wird der Fahrer dann entlastet und das Clutch by wire arbeitet dann so wie eine Automatik. Auf diese Art und Weise könnte das Auto auch selbstständig von außen aus per Fernbedienung eingeparkt werden.
Schalten ohne Kupplung
Den Höhepunkt bildet das Elektronische Kupplungs-Management (ECM). Hier fehlt das Kupplungspedal gänzlich und die Gänge werden eingelegt ohne irgendwelche Pedale oder Knöpfe drücken zu müssen.
Auf dem Testgelände Baden klappte das sehr beeindruckend und verwirrend zusammen, da das Schalten ohne Drücken der Kupplung ungewohnt ist, aber auch während des Gasgebens sehr gut klappte. Neben den Einsparungen beim CO2 tritt der Komfortgedanke dabei deutlich heraus, in dem der Handschalter Funktionen absolviert, die den teureren Automatikgetrieben bis dato vorbehalten waren.
Einsparungspotenzial wird im Real Drive deutlich
Ungewöhnlich erscheint dabei, dass das Einsparungspotenzial bei den Testzyklen des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) und des WLTP nicht hervortrat, aber auf der realen Testfahrt im Raum Karlsruhe/Baden über Autobahn, Landstraße und im städtischen Verkehr zutage trat. Welter nennt den „engen Raum des Testmethoden“ als Grund, während beim Real Drive nach Lust und Laune geschaltet werden kann.
Gutzmer will deshalb den NEFZ nicht nur verdammen, da man damals eine „gewisse Norm des Vergleichs“ benötigte. „Nun aber hat sich der NEFZ von der Realität verabschiedet. Während der Testzyklus im kommenden Jahr abgelöst wird, sagen die Handschalter noch lange nicht Good Bye.