Verkehrsminister Dobrindt verschiebt Maut-Start

Einführung 2016 nicht mehr möglich

Verkehrsminister Dobrindt verschiebt Maut-Start
Die Deutschen sind unzufrieden mit der Aufklärung von Dobrindt. © dpa

Noch vor dem zu erwartenden Mahnschreiben der EU-Kommission hat Alexander Dobrindt den Start der Pkw-Maut verschoben. Der ADAC beurteilt die Verschiebung als gerade noch rechtzeitig.

Wegen des angekündigten juristischen Vorgehens der EU-Kommission gegen Deutschland verschiebt Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt den Start der Pkw-Maut. «Mit der Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens bremst die EU-Kommission die Umsetzung der Infrastrukturabgabe», sagte der CSU-Politiker der «Bild»-Zeitung. «Wir verhalten uns rechtsstaatlich und werden eine Gerichtsentscheidung abwarten.» Ein Start der Pkw-Maut im Laufe des Jahres 2016 sei damit nicht mehr möglich.

EU-Kommission sieht Diskriminierung

Die EU-Kommission will an diesem Donnerstag bekannt geben, ob sie ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten wird. Nach einem Bericht der «Welt» ist dies beschlossene Sache. Demnach wird die Kommission an zunächst ein Mahnschreiben an Berlin schicken. Darin werde der Bundesregierung eine zweimonatige Antwortfrist eingeräumt. «Das Mahnschreiben bietet Deutschland erneut eine Möglichkeit, die geplante Pkw-Maut zu korrigieren. Die Diskriminierung ausländischer Autofahrer muss geändert werden. Alle weiteren Schritte hängen maßgeblich davon ab, wie Deutschland reagiert», zitiert die Zeitung Kommissionskreise.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte Ende Mai angekündigt, dass Brüssel rechtlich gegen die auch in Deutschland umstrittene Pkw-Maut vorgehen werde. Man habe «erhebliche Zweifel», dass das Gesetz das Prinzip der Nicht-Diskriminierung von Ausländern erfülle, sagte er der «Süddeutschen Zeitung».

Dobrindt kündigt «eine harte Auseinandersetzung» an

Nach dem «Bild»-Bericht ist wegen des schwebenden Verfahrens und der damit verbundenen Rechtsunsicherheit eine Ausschreibung für die Betreiberfirmen der Maut nicht möglich. Er werde die Vorbereitungen für die Einführung jedoch wie geplant weiter vorantreiben, sagte Dobrindt der Zeitung. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs könne dann ein Betreiber ausgewählt werden. «Von unserem Kurs, mehr Gerechtigkeit auf der Straße zu schaffen, lassen wir uns nicht abbringen.» Dobrindt kündigte an, er werde mit Brüssel «eine harte Auseinandersetzung» führen.

«Niemand wird diskriminiert, alle Pkw-Halter entrichten die Infrastrukturabgabe. Was wir mit der Kfz-Steuer machen, ist ausschließlich nationale Hoheit, Brüssel hat da keine Kompetenzen», sagte Dobrindt. Für das Vorgehen Brüssels habe er «kein Verständnis».

Geisterfahrt stoppen

Der SPD-Verkehrspolitiker Sebastian Hartmann sieht «eine neue Situation» für seine Partei. «Wir vertrauen bisher auf das Urteil der Bundesregierung, dass die Pkw-Maut mit europäischem Recht vereinbar ist», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Mit der SPD werde es keine zusätzlichen Belastungen für deutsche Autofahrer geben. Die Pkw-Maut sei unter klaren Bedingungen eingeführt worden. «Keine dieser Bedingungen wird nachträglich verändert oder aufgelöst.»

Der Linken-Verkehrspolitiker Herbert Behrens warf Verkehrsminister Dobrindt vor, er verhindere eine gütliche Einigung mit der Kommission und fahre «unbeirrt in Richtung Maut für alle». «Diese politische Geisterfahrt muss sofort gestoppt und der Geisterfahrer aus dem Verkehr gezogen werden.» Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte die Regierung in der «Saarbrücker Zeitung» auf, ihr Mautgesetze zurückzuziehen. «Das wäre das Einfachste.»

ADAC begrüßt Verschiebung

Als gerade noch rechtzeitig beurteilte der ADAC, der nicht als einziger im Vorfeld auf die europarechtlichen Bedenken hingewiesen hatte, die Verschiebung. Zugleich verwies der Verkehrsclub erneut auf wissenschaftliche Gutachten, die rund 260 Millionen Euro Bruttoeinnahmen von ausländischen Autofahrern errechnet hatten, die die Erhebungs- und Verwaltungskosten praktisch vollständig auffressen würden, so der ADAC. .

„Die Entscheidung des Bundesverkehrsministers ist folgerichtig, wichtig und logisch in der Sache. Vor allem da nun konkret absehbar ist, dass die EU-Kommission juristisch gegen eine deutsche Pkw-Maut vorgehen wird – und eine Benachteiligung ausländischer Pkw-Fahrer aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage weiterhin offensichtlich ist", so Ulrich Klaus Becker, ADAC-Vizepräsident für Verkehr. (AG/dpa)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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