Bundestag nickt Pkw-Maut ab, doch Hürden bleiben

Mittelstand warnt vor Mogelpackung

Bundestag nickt Pkw-Maut ab, doch Hürden bleiben
Abstimmung im Bundestag © dpa

Der Bundestag hat der veränderten Pkw-Maut grünes Licht erteilt. Trotzdem warten auf das sehr umstrittene Paket weitere Hürden durch den Bundesrat und die Nachbarländer.

Die Einführung der Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen rückt nach langem Streit ein großes Stück näher. Der Bundestag beschloss am Freitag mehrere Änderungen der seit 2015 bestehenden Maut-Gesetze. Sie setzen einen von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) mit der EU-Kommission gefundenen Kompromiss um. Mit den Nachbesserungen will Brüssel grünes Licht für das Wunschprojekt der CSU in der großen Koalition geben.

Das Paket muss noch durch den Bundesrat, zustimmungspflichtig ist es dort aber nicht. Die Länderkammer könnte jedoch den gemeinsamen Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag anrufen und das Verfahren verzögern - womöglich so lange, dass eine Umsetzung der Maut bis zur Bundestagswahl am 24. September nicht mehr perfekt gemacht werden kann. Am angestrebten Maut-Ertrag von jährlich 500 Millionen Euro und an der Vereinbarkeit mit EU-Recht gibt es weiterhin Zweifel.

SPD mit Bauchschmerzen

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) verteidigte das Vorhaben: «Wir schaffen endlich Gerechtigkeit auf unseren Straßen.» SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte, die SPD stimme «unter großen Bauchschmerzen» zu. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter warnte, das «europafeindliche Projekt» sei schlecht für die Grenzregionen. Linke-Verkehrsexperte Herbert Behrens verlangte, die Ausländermaut sofort «zu versenken».

Auch der Bundesverband mittelständische Wirtschaft lehnt die Einführung ab. «Sie bringt für die kleinen und mittleren Unternehmen zusätzliche Kosten und mehr Bürokratie und belastet die Bürgerinnen und Bürger unverhältnismäßig stark. Die Maut-Geisterfahrt muss gestoppt werden. Dazu sollte Bundesratspräsidentin Malu Dreyer den
Vermittlungsausschuss anrufen», sagte Mario Ohoven.

Zugleich verurteilte der Mittelstandspräsident die Maut als «Mogelpackung, deren ökonomischer Nutzen mehr als fraglich ist. Selbst Teile der Bundesregierung bezweifeln den angestrebten Ertrag von 500 Millionen Euro jährlich. Fachleute warnen zudem vor einer Verletzung geltenden EU-Rechts. Deutschland läuft erneut Gefahr, sich innerhalb der EU zu isolieren. Dies gilt es zu verhindern.»

Österreich hält sich Klage offen

Auch aus den Nachbarländern kommt erneut Kritik. Der Bundesrat müsse das Projekt stoppen, sagte Österreichs Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) in einer ersten Reaktion am Freitag. «Die Abgeordneten im Bundesrat müssen jetzt die Reißleine ziehen und die diskriminierende Ausländer-Maut zu Fall bringen», so der Minister. Das sei die letzte Chance, das Problem zu lösen.

Sollte es zu keinem Einlenken aus Berlin kommen, halte sich Wien weiterhin eine Klage offen. «Aus unserer Sicht ist die deutsche Maut rechtswidrig. Wir halten uns alle rechtlichen Optionen offen», sagte Leichtfried. Ein Rechtsgutachten sei bereits in Auftrag gegeben worden.

Österreich ist einer der stärksten Kritiker der deutschen Maut-Pläne. Für die Regierung in Wien spreche nichts grundsätzlich gegen die Einführung eines Maut-Systems - auch Österreich selbst verfahre so. Dass am Ende nur Ausländer zahlten, sei aber nicht mit den Grundwerten der EU vereinbar, erklärte Leichtfried. (AG/dpa)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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