Mercedes S 600: Die Staatskarosse schlechthin

Wer weiß, welch wichtige Entscheidungen der Weltgeschichte schon im Fond eines Mercedes S 600 getroffen worden sind? Ab Ende 2008 kommt die neueste Version auf den Markt – die Politiker wird’s freuen.

Von Stefan Grundhoff

Nahezu alle wichtigen Staatsmänner und Politiker der vergangenen Jahrzehnte haben im opulent dimensionierten Fond eines Pullman-Mercedes Platz genommen. Willy Brandt war von ihm ebenso begeistert wie der Schah von Persien. Der russische Präsident Putin ist ein glühender Verehrer und wird regelmäßig in einer schwer gepanzerten Pullman-Flotte auf W140-Basis durch Moskau chauffiert. Wenn in der abendlichen Tagesschau ein Staatsbesuch durchs Bild flimmerte, dann winkten die Insassen bereits in den 60er und 70er Jahren zumeist aus einem dunklen Mercedes S 600.

Zetsche verspricht «höchstes Niveau»

Nachdem sich die Stuttgarter Autobauer in den vergangenen Jahren nach Leibeskräften bemüht hatten, die Marke Maybach ins rechte Licht zu rücken, steht derzeit wieder die Kreation eines neuen Pullmans im Vordergrund. Der kommt Ende 2008 und steht garantiert bei keinem Mercedes-Händler. Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender von DaimlerChrysler, verspricht: «Der neue Mercedes-Benz S 600 Guard Pullman setzt eine große Tradition fort und wird weiterhin höchstes Niveau in Sachen Schutz, Komfort und Repräsentation bieten.»

Einträgliches Geschäft

Andere Klientel: Maybach 57 S Foto: Werk

Der neue S 600 Guard Pullman, so die offizielle Bezeichnung, soll in erster Linie nicht als Protzmobil der Schönen und Reichen auf den Straßen dieser Welt unterwegs sein, sondern ist insbesondere als offizielles Regierungsfahrzeug gedacht. Auf Basis der langen Version des S 600 wird derzeit eine gepanzerte Pullman-Limousine mit deutlich verlängertem Radstand entwickelt. Denn keiner weiß es besser als Mercedes-Benz. Das Regierungsgeschäft ist ein einträgliches. In den vergangenen Jahren haben Marken wie Audi, BMW, Jaguar, Cadillac, Jaguar und Range Rover ihre Hausaufgaben gemacht und eigene Regierungsfahrzeuge in den Ländern dieser Welt platziert. Daher erscheint die Entwicklung einer neuen Pullman-Luxuslimousine alles andere als sinnfrei.

Zwar ist man mit den langen Maybach-Versionen 62 und 62S im Hause DaimlerChrysler stattlich aufgestellt, doch das Klientel von Maybach und Pullman kommt sich kaum ins Gehege. Das liegt weniger an den müden Verkaufszahlen der Maybach-Flotte, die mit rund 400 Fahrzeugen pro Jahr nach wie vor deutlich hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück liegt. Vielmehr geht es um die Stellung des S 600 als Staatskarosse. Die Nachfrage nach Fahrzeugen mit Hochpanzerung wächst weltweit von Tag zu Tag. Derzeit hat Mercedes hier offiziell nur die G- und S-Klasse im Angebot.

Gesteigertes Sicherheitsbedürfnis

Der S 600 verfügt über eine Hochpanzerung Foto: Press-Inform

Der neue Pullman schützt vor Gewehrprojektilen aller Art ebenso wie vor Handgranaten und anderen Sprengsätzen. Zusätzliche Sicherheits-Features sind Reifen mit Notlaufeigenschaften, ein selbst dichtender Tank und eine Feuerlöschanlage. Angetrieben wird der 600er von einem 517 PS starken Zwölfzylinder. Der alte S 600 Pullman musste mit müden 250 PS auskommen. Als Pullman-Wagen wurden seit mehr als acht Jahrzehnten Reisezugwagen mit luxuriöser Großraumeinrichtung bezeichnet, die ehemals von der amerikanischen «Pullman Palace Car Company» gefertigt wurden. Im Autobau ist seit vielen Jahrzehnten der Begriff «Pullman» untrennbar mit Mercedes-Benz verbunden.

Lange Tradition

Zur Legende wurde der S 600 Pullman, der Staatsgäste der deutschen Regierung jahrzehntelang durch Bonn, zur Villa Hammerschmidt oder quer durchs Land chauffierte. Charakteristisch war neben der zumeist tiefschwarzen Lackierung der extrem langen Radstand und das gewaltige Passagierabteil, das durch eine Trennwand von Fahrer und Beifahrer abgetrennt war. Im herrschaftlichen Fond fanden vier Passagiere in vis à vis angebrachten Einzelsitzen bis dato unerreichte Sitzverhältnisse.

Bereits das erste Mercedes-Benz Automobil, das 1928 ab Werk zum Sonderschutz-Fahrzeug aufgebaut wurde, war eine lange Pullman-Version des Typs W 08/460 Nürburg. Ihm folgten der 770 K, der unter anderem dem japanischen Kaiser Hirohito sicheren Schutz vor Angriffen aller Art bot.

Kein Wunsch bleibt offen

Es bleiben keine Wünsche offen Foto: Press-Inform

Der neue S 600 Pullman ist mit seinen umfangreichen Panzerungen nicht nur eine rollende Festung, sondern auch ein mobiles Hightech-Büro. Freute sich Konrad Adenauer in seinem 300er Mercedes noch über eine analoges Telefon und Helmut Schmidt über ein Faxgerät in der mächtigen Mittelkonsole, so wird der ab Ende 2008 verfügbare Pullman des dritten Jahrtausends keinerlei Wünsche offen lassen. Satellitentelefon, Computer, gesicherte Telefonleitungen und Massagesessel sind nur einige der Ausstattungsdetails, die Fahrt auch zwischen zwei anstrengenden Konferenzen zur Wohltat werden lassen.

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