Autojahr 2006: Der Aufschwung fuhr SUV

Cabrios und Salon-Offroader halfen im abgelaufenen Jahr, die Verkaufszahlen aus dem Keller zu ziehen. Und ein Nachrüst-Extra kam ganz groß raus.

Von Stefan Grundhoff

Erinnern Sie sich noch? Es war Ende des Jahres 2005, als das Gezeter der Automobilindustrie kein Ende zu nehmen schien: Die Verkaufszahlen dümpelten müde vor sich hin, die Rabatte hatten astronomische Höhen erreicht, und alle, alle hofften auf einen Aufschwung.

Crossover liegt im Trend

Der kam dann im Frühjahr 2006. Zunächst noch als zarte Pflanze, dann überzeugender und schließlich mit einem dicken Ausrufezeichen. Das macht Hoffnungen für die Zukunft. Die deutsche Wirtschaft steht besser da als lange zuvor und die Autobranche macht da keine Ausnahme.

Die großen Messen in Detroit, Genf und Paris zeigten im Jahre 2006 einen Trend, der im Straßenbild immer mehr Raum für sich beansprucht: Die Sports Utility Vehicles (SUVs) sind nach dem Jahr 2006 aus dem Straßenbild endgültig nicht mehr wegzudenken, für klassische Stufenheck-Limousinen interessiert sich dagegen kaum mehr jemand. Die Folge: Immer mehr Hersteller brachten in 2006 weitere Crossover wie den BMW X5 oder einen Honda CR-V auf den Markt. Die paar, die es bisher noch nicht getan haben, kommen 2007 oder legen 2007 kleinere Versionen nach.

Politisch korrektes Nischenfahrzeug: Toyota Prius Hybrid Foto: Werk

Größer, länger, breiter also auf den deutschen Straßen. Dagegen tun sich Ökomobile wie ein Toyota Prius mit Hybridantrieb oder der Sparmeister VW Polo Bluemotion weiterhin schwer - und das trotz aller Benzinpreis-Kapriolen. Der Dieselanteil lag derweil bei knapp 50 Prozent - in vielen höheren Klassen sogar über 70 Prozent. Denn auch wenn Direkteinspritzungen und Turboaufladungen die Benziner interessanter machen sollen, scheinen Diesel mit Partikelfilter in eine rosige Zukunft zu steuern.

Cabrios mit heißem Blechdach

Gestiegener Beliebtheit erfreuten sich im abgelaufenen Jahr auch schnittige Kleinwagen. Doch noch größer sind die Zuwächse bei Sportwagen, Luxuslimousinen und, genau, SUVs. Die Zurückhaltung vergangener Jahre scheint gewichen - man zeigt wieder gerne was man hat und möchte durch die Wahl des eigenen Autos die Individualität unterstreichen. Das kann man insbesondere durch die Vielzahl der Coupe-Cabriolets erkennen, die die Stoffdach-Versionen in der Beliebtheit abgelöst zu haben scheinen. Waren es vor Jahren nur ein Mercedes SLK und ein Peugeot 206 cc, die mit dem beweglichen Blechdach protzten, so kam in 2006 mit VW Eos, Opel Astra TwinTop, Ford Focus CC und Co. eine ganze Klappdach-Armada auf den Markt und wurde von den Kunden mit Wohlwollen aufgenommen.

Kompakt aus Korea: Kia Cee'd Foto: Werk

Verlierer des Runs auf Spaßmobile und größere Größen sind die Volumenmodelle der Kompakt- und Mittelklasse: Die Verkaufserfolge vergangener Jahre sind in den Volumenklassen kaum noch zu realisieren. Marken wie Suzuki, Daihatsu, Kia und Hyundai haben die eingeschlagenen Kurse der vergangenen Jahre beibehalten und schnitten sich als preiswerte Alternativen in immer mehr Segmenten immer größere Stücke vom Automobilkuchen ab.

Die einheimischen Marken konnten die Asiaten aber nicht vom Thron stoßen: Volkswagen, Mercedes-Benz, Opel, Audi, Ford und BMW standen in der Kunst des heimischen Publikums auch im abgelaufenen Jahr ganz oben. Erfreulicherweise konnte sich auch die Traditionsmarke Fiat aus dem Tal wieder deutlich nach oben arbeiten. Auch wenn Töchter wie Alfa Romeo und besonders Lancia nach wie vor schwächeln, blicken die Turiner in eine deutlich entspanntere Zukunft als noch vor einem Jahr. 2007 soll es mit Fiat 500 und Bravo weiter nach oben gehen.

Rabattschlachten wie in den USA

Aber trotz aller guten Nachrichten aus Sicht der Industrie: Rabatte spielten auch 2006 eine große Rolle bei der Verkaufsförderung: Waren es früher allein Tageszulassungen und Vorführwagen, die den Händlern Argumente für Preisnachlässe lieferten, so kann sich der Kunde nun auch in Deutschland über fast schon amerikanische Verhältnisse freuen: Ohne jede Scham wird in Radio, Web, Zeitungen und Fernsehen mit Rabatten von 16 Prozent oder mehr geworben. Wer 2006 die Mehrwertsteuer bezahlte, war selber Schuld. Und auch wenn ab 1. Januar 2007 der erhöhte Steuersatz von 19 Prozent gilt, werden die mächtigen Rabatte sicher nicht der Vergangenheit angehören.

Beliebtes Nachrüst-Extra: Navigationssystem Foto: press-inform

Extra des Jahres waren eindeutig die Navigationssysteme. Nicht nur die zumeist überaus kostenintensiven Einbauvarianten der Hersteller sind in der Nachfrage deutlich gestiegen: Europaweit wurden knapp zehn Millionen Nachrüstgeräte verkauft - mehr als vier Millionen allein von Platzhirsch TomTom. Wer heute auf der Autobahn unterwegs ist, sieht unzählige Fahrzeuge mit den beliebten Schwanenhals-Routenfindern an der Windschutzscheibe. Preise von 150 bis 800 Euro machen das ganze zu einer sinnvollen Alternative zu Festeinbau und Radionavigation. Zur Straßenkarte oder dem beliebten Shell-Atlas greift im digitalen Zeitalter kaum noch jemand. Und wer noch kein Navigationssystem hat, der dürfte spätestens im kommenden Jahr damit liebäugeln.

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